Zurück auf die Schulbank: die Prüfung zum zertifizierten Verwalter
Verordnung nach § 26a WEG gestaltet Voraussetzungen für die Führung der Bezeichnung aus
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) kennt seit dem den „zertifizierten Verwalter“. Der Verordnung über die Prüfung zum zertifizierten Verwalter nach dem Wohnungseigentumsgesetz (Zertifizierter-Verwalter-Prüfungsverordnung – ZertVerwV v. ), die Umfang und Inhalt der Prüfung und die Voraussetzungen für die Führung der Bezeichnung regelt und zu deren Erlass das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz durch § 26a WEG ermächtigt worden ist, haben Bundestag und Bundesrat (BR-Drucks. 757/21) zugestimmt.
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I. Nur ein zertifizierter Verwalter ist ein guter Verwalter
Die Bestellung eines „zertifizierten Verwalters“ gehört künftig zur ordnungsgemäßen Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG). Jeder Eigentümer kann daher verlangen, dass ausschließlich ein „zertifizierter Verwalter“ bestellt wird. Davon kann nur für Wohnungseigentümergemeinschaften mit weniger als neun Einheiten – und dann auch nur unter weiteren Voraussetzungen – abgesehen werden.
§ 26a Abs. 1 WEG sieht vor, dass eine bestandene Prüfung vor der jeweils zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) Voraussetzung dafür ist, dass sich eine Person als zertifizierter Verwalter bezeichnen darf (s. II).
§ 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG tritt am in Kraft (vgl. die Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 4 Satz 1 WEG). Alle Verwalter und Verwaltungsgesellschaften müssen bis dahin zwei Fragen klären:
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Habe ich oder haben – z. B. bei einer Gesellschaft– genügend unserer Mitarbeiter die nötigen Qualifikationen, dass ich/wir als zertifizierte Verwalter gelte/n?
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Habe ich oder haben – z. B. bei einer Gesellschaft – genügend unserer Mitarbeiter die Prüfung abgelegt, damit die Bezeichnung „zertifizierter Verwalter“ geführt werden darf?
Für die Betreuung im Rahmen schon bestehender Bestellungen gibt es eine längere Frist: Wer schon am Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft war, gilt gegenüber den Wohnungseigentümern dieser Gemeinschaft bis zum als zertifizierter Verwalter (§ 48 Abs 4. Satz 1 WEG).
Nach dem Wortlaut der Norm muss dies auch dann gelten, wenn eine Wiederbestellung nach dem erfolgt. Ein Verwalter kann also von „seiner“ Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem bis zum wiederbestellt werden, auch wenn er die Voraussetzungen eines „zertifizierten“ Verwalters oder einer ihm gleichgestellten Person (vgl. § 7 ZertVerwV) nicht erfüllt.
II. Das Prüfungsverfahren
Die Prüfung ist öffentlich-rechtlicher Natur. Sie obliegt den IHK, die berufsständische Körperschaften des öffentlichen Rechts sind und öffentliche Aufgaben hoheitlich unter staatlicher Aufsicht wahrnehmen. Allerdings sind die Kammern nicht verpflichtet, Prüfungen nach § 26a WEG abzunehmen (Begründung S. 13). Jede IHK kann sich also aussuchen, ob sie die Prüfung anbietet.
Die Prüflinge können ihrerseits unter den die Prüfung anbietenden IHK wählen (§ 2 Abs. 1 ZertVerwV). Sie sind nicht auf die für ihren Wohnsitz oder Tätigkeitsbereich zuständige IHK beschränkt (Begründung S. 13).
1. Prüfungsrahmen
Soweit die Verordnung das Prüfungsverfahren nicht abschließend regelt, kann die prüfende IHK das Verfahren selbst gestalten (vgl. § 6 Abs. 3 ZertVerwV). Ein Lichtblick besteht darin, dass die Prüfung beliebig oft wiederholt werden darf (§ 6 Abs. 1 ZertVerwV). Aber der Reihe nach:
a) Prüfungsausschuss
Bietet eine IHK Prüfungen zum zertifizierten Verwalter nach dem Wohnungseigentumsgesetz an, muss sie hierfür einen Prüfungsausschuss einrichten. Deren Mitglieder müssen auf den Prüfungsgebieten „sachkundig“ sein (§ 2 ZertVerwV). Welche Sachkunde die Mitglieder des Prüfungsausschusses ihrerseits benötigen, ist nicht geregelt, auch in der Begründung der Verordnung findet sich hierzu keine Erläuterung.
Es dürfte davon auszugehen sein, dass die Personen, die dem zertifizierten Verwalter nach § 7 ZertVerwV gleichgestellt sind (Volljuristen, Immobilienkaufleute, geprüfte Immobilienfachwirte oder Hochschulabsolventen mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt) dazu gehören.
b) Schriftliche und mündliche Prüfung
Der erste – praxisbezogene (vgl. Begründung S. 14) – Prüfungsteil ist schriftlich und dauert mindestens 90 Minuten. Es wird geprüft, ob die Prüflinge über Kenntnisse in allen vier Themenbereichen der Anlage 1 (s. dazu II, 1, c) verfügen. (Erst) Nach Bestehen der schriftlichen Prüfung dürfen die Prüflinge an der mündlichen Prüfung teilnehmen.
Der schriftliche Teil kann „mithilfe unterschiedlicher Medien durchgeführt werden“. Eine nähere Regelung fehlt der Verordnung. Es liegt nahe, an die Durchführung in elektronischer Form zu denken. Für die Steuerberaterprüfung ist inzwischen eine dahingehende, eindeutige Rechtsgrundlage (vgl. § 37 Abs. 2 Satz 2 StBerG in der seit dem geltenden Fassung) geschaffen worden.
Im mündlichen Teil können bis zu fünf Personen gleichzeitig geprüft werden, wobei eine Prüfung jeweils mindestens 15 Minuten dauern muss. Im mündlichen Teil muss insbesondere das Wohnungseigentumsgesetz abgefragt werden (§ 3 Abs. 3 ZertVerwV i. V. mit Anlage 1 Ziff. 2.1).
c) Prüfungsgegenstände
Der Verordnungsgeber gibt die Prüfungsgegenstände vor (§ 1 i. V. mit Anlage 1). Es gibt vier Themenbereiche: rechtliche, kaufmännische und technische Grundlagen sowie Grundlagen der Immobilienwirtschaft. Hinsichtlich der Grundlagen der Immobilienwirtschaft sind nur Grundkenntnisse erforderlich, bei den anderen Grundlagen werden dagegen vertiefte Kenntnisse verlangt (§ 1 Satz 2 ZertVerwV).
Die in Anlage 1 aufgeführten Prüfungsgegenstände orientieren sich an den Sachgebieten, die Gegenstand der Weiterbildungspflicht für Verwalterinnen und Verwalter sind (vgl. § 34c Abs. 2a Gewerbeordnung – GewO – und in Anlage 1 zu § 15b Verordnung über die Pflichten der Immobilienmakler, Darlehensvermittler, Bauträger, Baubetreuer und Wohnimmobilienverwalter – MaBV) (Begründung S. 17). Die Bandbreite der Themenbereiche deckt tatsächlich die vielfältigen Anforderungen ab, die im Rahmen der WEG-Verwaltung auftreten können.
Im rechtlichen Grundlagenbereich werden vertiefte Kenntnisse im WEG-Recht, aber auch solche im Vertragsrecht, insbesondere im Miet-, Werkvertrags- und Grundstücksrecht erwartet. Das Grundbuch-, Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungsrecht sowie das Berufsrecht der Verwalter sind ebenso Prüfungsgegenstände wie die Heizkosten- und Trinkwasserverordnung sowie das Energierecht.
Im Rahmen der Prüfung kaufmännischer Grundlagen wird zwischen allgemeinen und besonderen Grundlagen unterschieden. Neben den Grundzügen der Buchführung und dem externen sowie internen Rechnungswesen werden vertiefte Kenntnisse im Bereich der Sonderumlagen/Erhaltungsrücklage, der Erstellung der Jahresabrechnung und des Wirtschaftsplans und des Hausgelds sowie des Mahnwesens abgefragt.
Im Themenbereich „Technische Grundlagen“ geht es um Baustoffe und Baustofftechnologie, Haustechnik, das Erkennen von Mängeln, Verkehrssicherungspflichten, die Erhaltungsplanung, energetische Gebäudesanierung und Modernisierung, altersgerechte und barrierefreie Umbauten, Fördermitteleinsatz und die Beantragung von Fördermitteln sowie die Dokumentation.
Zu den Grundlagen der Immobilienwirtschaft zählt die Anlage 1 Gebäudepläne, Bauzeichnungen und Baubeschreibungen, relevante Versicherungsarten im Immobilienbereich sowie Umwelt- und Energiethemen im Immobilienbereich auf.
d) Nichtöffentlichkeit der Prüfung
Die Prüfung ist nicht öffentlich (§ 4 ZertVerwV); es dürfen allerdings bestimmte Personen anwesend sein. Deren Anwesenheit dient dazu, die Qualität der Prüfungen zu kontrollieren. Es kann sich z. B. um Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der DIHK Bildungs-GmbH handeln, die die Prüfungsaufgaben entwickelt haben (vgl. Begründung S. 14).
2. Bewertung und ggf. Wiederholung der Prüfung
Nach der Prüfung beraten die Mitglieder des Prüfungsausschusses – und nur diese – über das Prüfungsergebnis. Es gibt keine Noten, es gibt lediglich die Bewertung „bestanden“ oder „nicht bestanden“. Bestanden hat, wer sowohl im schriftlichen Teil als auch im mündlichen Teil mindestens 50 % der erreichbaren Punkte erzielt (§ 5 ZertVerwV).
Wann die Beratung des Ausschusses erfolgen soll, ist nicht geregelt, jedoch ist davon auszugehen, dass sie – wie bei sonstigen staatlichen Prüfungen auch – unmittelbar im Anschluss an die Prüfung erfolgen muss.
Angesichts des Umfangs des Prüfungsstoffs erscheint die Regelung, dass die Prüfung beliebig oft wiederholt werden kann (§ 6 Abs. 1 ZertVerwV), sehr sinnvoll. Der Verordnungsgeber sieht für eine Einschränkung der Möglichkeit, die Zertifizierung durch eine Prüfung i. S. der Verordnung zu erlangen, jedenfalls keine Veranlassung (Begründung S. 15).
Wer bestanden hat, erhält von der IHK, vor der die Prüfung abgelegt wurde, eine Bescheinigung nach einem vorgegebenen Muster (§ 6 Abs. 2 ZertVerwV i. V. mit Anlage 2). Da es sich um ein bundeseinheitliches Zertifikat handelt, ist ein Muster des zu erteilenden Zertifikats vorgegeben. Es fällt eher schlicht aus:
Das Nichtbestehen der Prüfung wird beschieden. In dem Bescheid wird auf die Möglichkeit einer Wiederholung der Prüfung hingewiesen (§ 6 Abs. 2 Satz 2 ZertVerwV).
III. Privilegierter Personenkreis
Ein bestimmter, eng gefassten Personenkreis – Volljuristen, Immobilienkaufleute, geprüfte Immobilienfachwirte oder Hochschulabsolventen mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt – ist von der Prüfungspflicht ausgenommen (§ 7 ZertVerwV), ist also auch ohne Prüfung zertifizierten Verwaltern gleichgestellt. Der Verordnungsgeber will den Kreis der von der Prüfungspflicht ausgenommenen Personen eng halten, um die Qualität der Verwalter sicherzustellen (Begründung S. 15).
Werden Personen mit den genannten Qualifikationen zum Verwalter bestellt, ist der Anspruch der Wohnungseigentümer auf Bestellung eines „zertifizierten Verwalters“ (§ 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG) erfüllt.
IV. Voraussetzungen zum Führen der Bezeichnung „Zertifizierter Verwalter“
Wer als natürliche Person die Prüfung besteht, erhält nicht nur eine Bescheinigung der IHK, sondern darf sich auch als „Zertifizierter Verwalter“ bezeichnen.
1. Von der Prüfungspflicht befreite Personen
Auch wenn die in § 7 ZertVerwV genannten Personen von der Prüfungspflicht befreit sind, dürfen sie die Bezeichnung „Zertifizierter Verwalter“ nur nach einer nach § 3 ZertVerwV bestandenen Prüfung führen.
2. Gesellschaften als Verwalter
Die Verordnung regelt, wann juristische Personen und Personengesellschaften sich als zertifizierte Verwalter bezeichnen dürfen. Nach § 8 ZertVerwV ist dies der Fall,
„wenn von denjenigen bei ihnen Beschäftigten, die unmittelbar mit Aufgaben der Wohnungseigentumsverwaltung betraut sind,
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alle die Prüfung zum zertifizierten Verwalter bestanden haben oder
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mindestens die Hälfte die Prüfung zum zertifizierten Verwalter bestanden hat und die anderen nach § 7 einem zertifizierten Verwalter gleichgestellt sind.“
a) „Sachbearbeiter“
Mit den Beschäftigten, die unmittelbar mit Aufgaben der Wohnungseigentümerverwaltung betraut sind, sind Mitarbeiter gemeint, die Versammlungen leiten oder außerhalb einer Versammlung Entscheidungen i. S. des § 27 Abs. 1 WEG als Verwalter treffen (Begründung S. 16). Nach § 27 Abs. 1 WEG ist der Verwalter gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen (Nr. 1) oder zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind (Nr. 2).
Es gibt eine Abgrenzung in zwei Richtungen: Personen, die nur untergeordnete Tätigkeiten ausführen (etwa im Sekretariat oder als Hausmeister), müssen keine Prüfung ablegen. Dies gilt auch für Personen, die ausschließlich Leitungsaufgaben im Unternehmen wahrnehmen.
Es geht also tatsächlich nur um die operativ tätigen Mitarbeiter. Der Einfachheit halber soll nachfolgend hier von „Sachbearbeitern“ gesprochen werden. Der Verordnungsgeber wollte die Frage der Qualifikation von der Frage der Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis abkoppeln (Begründung S. 16). Allerdings heißt es in der Begründung der Verordnung weiter, dass es im Streitfall notwendig werden könne, die interne Organisation des Unternehmens offenzulegen, um den Personenkreis zu bestimmen, der „Sachbearbeiter“ ist und daher eine Prüfung abzulegen hat.
b) Voraussetzungen
Damit eine Verwaltungsgesellschaft als zertifizierte Verwalterin auftreten kann, müssen entweder alle „Sachbearbeiter“ die Prüfung bestanden haben oder mindestens die Hälfte die Prüfung bestanden haben und die anderen eine Ausbildung haben, die sie dem zertifizierten Verwalter nach § 7 ZertVerwV gleichstellt.
Haben weniger als die Hälfte der „Sachbearbeiter“ die Prüfung bestanden, aber die Übrigen eine Ausbildung, durch die sie nach § 7 ZertVerwZ einem zertifizierten Verwalter gleichgestellt sind, ist die Gesellschaft zwar auch einem zertifizierten Verwalter gleichgestellt – sie darf sich aber nicht so nennen (§ 8 Abs. 2 ZertVerwV).
Für Verwaltungsgesellschaften selbst gibt es kein Zertifikat. Der Nachweis der Berechtigung zur Führung der Bezeichnung wird durch die Zertifikate der Mitarbeiter geführt.
Fazit
Die Zertifizierter-Verwalter-Prüfungsverordnung ist die konsequente Umsetzung des Gesetzesauftrags. Da sich Prüfungsgegenstände an den schon bestehenden gewerberechtlichen Weiterbildungspflichten (§ 34c GewO, § 15b MaBV) orientieren, dürfte es für die Industrie- und Handelskammern kein großes Problem darstellen, das Curriculum zu entwickeln oder die notwendigen Prozeduren für die Prüfungen bereitzustellen. Da sich die Kammern aussuchen können, ob sie die Prüfungen anbieten, und sie einen Ausgestaltungsspielraum haben, wünsche ich mir, dass auch die moderneren Methoden der digitalen Wissensvermittlung Anwendung finden. Denn als Anwalt, der Verwalter berät, merke ich immer wieder, wie wichtig eine fundierte Ausbildung der Verwalter und ihrer Mitarbeiter ist, damit Fehler erst gar nicht passieren und die Beratung auch „ankommt“.
Autor
Johannes Hofele