Unternehmensnachfolge – Aufgaben des Beraters

Für die Gestaltungsberatung sind bei der Begleitung einer Unternehmensnachfolge ausgehend von den Zielvorgaben des Mandanten eine Vielzahl von Einzelaspekten zu berücksichtigen. Diese hängen primär davon ab, ob der Unternehmensinhaber oder der Nachfolger beraten wird.

Bei einer Umwandlung ist oftmals nur der Unternehmensinhaber zu beraten. Die entscheidende Aufgabe des Beraters ist es, den Mandanten dazu zu bringen, dass er sich über seine Zielvorstellungen klar wird, die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte überlegt und gemeinsam mit dem Berater entscheidet, welche und in welcher Reihenfolge sie maßgebend sein oder berücksichtigt werden sollen.

Zielvorstellung des Mandanten

Von entscheidender Bedeutung für die Beratung ist daher die Ermittlung der Zielvorstellung des Mandanten, die neben der umfassenden Sachverhaltsermittlung zu den zentralen Aufgaben der Gestaltungsberatung zählt. Dabei besteht bei frühzeitigem Einschalten eines Beraters die Chance, den Sachverhalt zu gestalten und zu optimieren. Ausgehend von den Zielvorgaben sind die zivilrechtlichen Möglichkeiten zu eruieren, die erst abschließend steuerlich zu optimieren sind. Auch während des laufenden Prozesses ist immer wieder der Fokus auf die Zielvorgaben und deren Umsetzung zu legen. Vielfach wird gerade der steuerliche Berater einen Schwerpunkt auf die steuerlichen Beratungsthemen legen. Zu warnen ist bereits an dieser Stelle vor einer zu starken Fixierung auf die steuerliche Optimierung, die nicht selten dazu führt, die Zielvorstellungen des Unternehmens oder des Nachfolgers zu beeinflussen, um ein steuerlich optimales Ergebnis zu erhalten. Dieses ist von zentraler Bedeutung, muss aber an die Ziele des Mandanten angepasst werden.

Folgende Fragen können bei der Nachfolge bedenkenswert sein:

  • Sollen die Wirtschaftsgüter des Gewerbebetriebs oder der Praxis veräußert werden oder soll der Gewerbebetrieb (die Praxis) als lebender Organismus veräußert (übertragen) werden?
  • Soll durch die Art der Vereinbarung des Entgelts die Zukunft des Veräußerers (Übertragenden) gesichert werden?
  • Soll die Nachfolge mit dem allmählichen oder dem sofortigen Ausscheiden des Inhabers verbunden sein?
  • Soll neben der Nachfolge auch die Erbfolge vorweg geregelt werden?
  • Sollen die vermögensrechtlichen Folgen im Todesfall des Unternehmers vorweg geregelt werden, ihm aber die Nutzung durch Vorbehaltsnießbrauch erhalten bleiben?

Haftungsmodell prüfen

Bei der Wahl einer der oben geschilderten Nachfolgegestaltungen ist neben den ertrag- und ggf. erbschaftsteuerlichen Implikationen auch zu prüfen, welches Haftungsmodell für Veräußerer und Erwerber günstig ist. Bei einem entgeltlichen Erwerb wird der Erwerber ein zentrales Interesse daran haben, für Altverbindlichkeiten des Veräußerers nicht zu haften bzw. bei einer für ihn bestehenden Haftung, Rückgriff beim Veräußerer zu nehmen. Bei einer unentgeltlichen Übertragung wird zwar auch darauf zu achten sein, dass der Erwerber nicht durch die Übernahme von Altverbindlichkeiten ruiniert wird. Ein dem entgeltlichen Erwerb vergleichbares Rückgriffsrecht auf den Überträger wird aber i. d. R. nicht im Interesse der Parteien sein. Hier gilt es vielmehr, Erwerber und Übergeber durch die Wahl der passenden Erwerbsrechtsform zu schützen.

Vorbereitungs-, Verhandlungs- und Umsetzungsphase

Was erforderlich ist, damit die Berater eine zutreffende Vorstellung von dem Unternehmen und seinen rechtlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Möglichkeiten erhalten, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Aufgaben werden unterschiedlich sein, je nachdem, ob sie sich auf die Vorbereitungsphase (z. B. Geheimhaltungsvereinbarung), die Verhandlungsphase (z. B. Nachweis der Finanzierbarkeit durch den oder die Erwerber) oder die Umsetzungsphase (z. B. Einführung des Nachfolgers) beziehen.

Jede Änderung, die in einem wechselbezüglichen Gefüge vorgesehen wird, erfordert die Prüfung, ob auch die Änderungen anderer Bestimmungen notwendig werden.

Maßnahmen, die Mandanten ergreifen sollten, um Unternehmen attraktiv zu gestalten

Bedacht werden muss auch, ob und ggf. welche Maßnahmen für die Leistung des Unternehmens bis zum Abschluss der Nachfolge erforderlich sind.

Der Einzelunternehmer hat i. d. R. die Leitung des Unternehmens auf sich ausgerichtet.

Er wird, wenn er Verkaufsabsichten hegt, vielfach den Führungsstil ändern müssen, dies wird ihm i. d. R. schwerfallen. Ihm muss bewusst gemacht werden, dass ein Unternehmen, dessen Führungskräfte selbständig zu arbeiten in der Lage sind, das also auch ohne den Unternehmer – jedenfalls zeitweilig – funktionstüchtig ist, regelmäßig einen höheren Preis erbringen wird als ein allein auf den Einzelunternehmer ausgerichtetes Unternehmen, u. a. schon deshalb, weil die Verkaufssituation nicht unter dem Zeitdruck steht, dem zwangsläufig ein Unternehmer ausgesetzt ist, der schnelle Ergebnisse herbeiführen will und wegen seines Führungsstils auch schnell herbeiführen muss.

Wird die Entscheidung über den Verkauf hinausgezögert, verkürzt sich regelmäßig die Zeit der Verkaufsvorbereitung.

Zur Verkaufsvorbereitung gehört es auch, den Preis mindernde Umstände zu korrigieren. Zu den Aufgaben des Beraters zählt neben der Ermittlung und Umsetzung der Zielvorstellungen des Mandanten auch die Anpassung des Sachverhalts an die rechtlichen Möglichkeiten und Ziele. So ist darauf zu achten, dass alle Verträge auf dem neuesten Stand sind; Geschäftsbeziehungen sind zu überprüfen und ggf. zu kündigen; ggf. sind Verträge anzupassen, die einen Eigentümerwechsel ausschließen; fehlende Betriebsgenehmigungen sind einzuholen, der Versicherungsschutz ist zu überprüfen.

In wirtschaftlicher Hinsicht kann eine Trennung von Inhaberschaft und Management sinnvoll sein, eine transparente Kostenrechnung und ein effizientes Controlling erleichtern den Zugang, den ein eventueller Nachfolger hat ebenso wie ein Organigramm und eine Übersicht über die Beschäftigungsverhältnisse. Auch die Bedeutung einer Unternehmensplanung ist nicht zu unterschätzen. Der Einzelunternehmer war regelmäßig bestrebt, die Last der Besteuerung zu mindern. Das führte häufig dazu, dass das Unternehmen vorsichtig bewertet war. Im Verkaufsstadium verkehrt sich diese Interessenlage. Das Rechnungswesen sollte dies dem interessierten Käufer einsichtig machen können.

Privatbereich und Unternehmensbereich sollten rechtzeitig – ungeachtet der steuerlichen Möglichkeiten und ihrer Ausnutzung – getrennt sein. Verdeckte Privatentnahmen drücken den Kaufpreis.

Der Unternehmer wird möglicherweise selbst erst in diesem Stadium erfahren, wie hoch sein Unternehmerlohn zu veranschlagen war und ist. Der zum Verkauf entschlossene Unternehmer wird vielfach selbst nach einem geeigneten Käufer suchen.

Ein Unternehmensverkauf setzt voraus, dass der Verkäufer den Markt kennt.

Unternehmensmakler

Da der Unternehmensverkauf für den mittelständischen Unternehmer vielfach ein einmaliger Geschäftsvorfall ist, fehlen ihm meist die für den Verkauf erforderlichen Kenntnisse.

Ein Einzelunternehmer, der beispielsweise sein Unternehmen an ein Großunternehmen verkaufen will, steht einem Stab von Mitarbeitern des Käufers gegenüber, die den Kauf von Unternehmen, Unternehmensteilen oder dgl. mehr strategisch und taktisch beherrschen, denen Rechts- und Steuerabteilungen zur Verfügung stehen und für die der Kaufvorgang ein emotionsloser Geschäftsvorfall ist.

Unternehmensmakler können den Verkäufer bei der Planung des Verkaufs, dem Suchen von Käufern und bei der Durchführung des Verkaufs beraten. Die Einschaltung eines Maklers ermöglicht es, insbesondere die Verkaufsbereitschaft und den Verkaufsentschluss eine Zeit lang geheim zu halten, ohne dass bereits allein durch das Bekanntwerden der Verkaufsabsicht der Wert und damit der Preis für das Unternehmen beeinflusst wird.

Der Makler kann Kontakte herstellen und erste Informationen zwischen Verkäufer und Käufer übermitteln. Er kann die Ernsthaftigkeit der Kaufabsicht erforschen und ggf. durch Kontakt mit mehreren Interessenten erste Einsichten über die Aussichten von Angebot und Nachfrage verschaffen. Der Makler ist zu redlichem Verhalten verpflichtet und ist bei – zumindest fahrlässiger – Verletzung seiner Pflichten für etwaige Vermögensschäden schadensersatzpflichtig.

Vertragsverhandlungen

Mit dem Beginn von Vertragsverhandlungen, die rechtlich noch unverbindlich sind, können für die Beteiligten gleichwohl Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen entstehen.

Hat der Vertragspartner nicht die Absicht, einen Vertrag zu schließen, oder hatte er zwar diese Absicht, hat aber seinen Plan später geändert, ohne seinem Partner sofort seine Absichtsänderung mitzuteilen, hat der abbrechende Verhandlungspartner dem anderen Partner das negative Interesse zu ersetzen (nutzlose Aufwendungen, andere nachteilige Vermögensverfügungen; bei Sinnesänderung hat er den Partner so zu stellen, als wenn dieser die Sinnesänderung rechtzeitig erfahren hätte).

Nach Abschluss dieser Überlegungen beginnen die Vorarbeiten des Beraters und die Planung des Ablaufs des Verkaufs- oder Erwerbsvorganges einschließlich der Aufstellung eines Zeitplanes.

Schließlich muss ein für die Durchführung erforderliches Kontrollsystem erarbeitet werden.


Bei diesem Text handelt es sich um einen Auszug aus dem Buch "Unternehmens- und Praxisübertragungen", von Wollny/Hallerbach/Dönmez/Liebert/Wepler

„Der Wollny“ wird seit 2012 in bewährter Weise von praxiserfahrenen Autoren fortgeführt und bietet Ihnen Lösungen für alle Fragen, mit denen Sie in der Beratung zu Unternehmensnachfolge, -kauf und - verkauf sowie -übertragungen konfrontiert werden.

Gegliedert in einen zivil- und einen steuerrechtlichen Teil, durchzieht die Unterscheidung zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Übertragungen das gesamte Werk. Der Fokus liegt auf den Punkten, die aus Beratersicht in der Praxis zu beachten sind.

Die Neuauflage berücksichtigt die zahlreichen gesetzlichen Änderungen durch Rechtsprechung und

Verwaltung einschließlich der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 zur Anwendung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes.

Unternehmens- und Praxisübertragungen

Unternehmens- und Praxisübertragungen

Entgeltliche und unentgeltliche Übertragungen von Einzelunternehmen und Gesellschaftsanteilen. Nachfolgeregelungen in Zivil- und Steuerrecht. Unternehmensbewertung.

Begründet von Richter am BFH a. D. Dr. Paul Wollny ✝. Fortgeführt von Rechtsanwältin Fachanwältin für Steuerrecht Dr. Dorothee Hallerbach, Rechtsanwältin Fachanwältin für Steuerrecht Steuerberaterin Hülya Dönmez, Wirtschaftsprüferin Steuerberaterin Melanie Liebert und Rechtsanwalt Steuerberater Dr. Axel Wepler unter Mitarbeit von Rechtsanwalt Fachanwalt für Steuerrecht Michael Bisle.

10. Auflage. 2022. LIII, 707 Seiten. Gebunden.
ISBN: 978-3-482-42450-2

Preis: 149,00 €

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