Unternehmensnachfolge bei Freiberuflern und Einzelunternehmern

Aufgrund der demografischen Alterung der Bevölkerung in Deutschland spielt die Unternehmensnachfolge in der Beratungspraxis eine entscheidende Rolle. Ziel der Unternehmensnachfolge ist es, den Betrieb langfristig zu sichern und regelmäßig in die Hände nachfolgender Generationen zu übergeben. Bei der Unternehmensnachfolge sind neben erb-, familien- und gesellschaftsrechtlichen Aspekten vor allem steuerrechtliche Aspekte zu beachten.

Die Gestaltung der Unternehmensnachfolge erfordert eine langfristige und sorgfältige Planung, um Optimierungsmöglichkeiten zu identifizieren und eine reibungslose Übergabe in der gewünschten Form zu gestalten. Dies beinhaltet die Klärung rechtlicher Fragen sowie die Entwicklung einer klaren Nachfolgestrategie.

Erfordernis einer umfassenden Nachfolgestrategie

Die Unternehmensnachfolge im Allgemeinen, aber auch bei Einzelunternehmern und Freiberuflern im Speziellen, erfordert eine umfassende Nachfolgestrategie, die sich aus den individuellen Zielen des Übergebers ergibt. Im Rahmen der Unternehmensnachfolge sind zunächst regelmäßig folgende wesentliche Entscheidungen zu treffen:

  • Übertragung unter Lebenden oder von Todes wegen;
  • Übertragung innerhalb der Familie oder an Dritte;
  • Übertragung unentgeltlich oder (teil)entgeltlich.

Die Frage, ob ein Einzelunternehmen oder eine freiberufliche Praxis bereits zu Lebzeiten des Unternehmers übertragen oder erst mit seinem Tod auf seinen Nachfolger übergehen soll, stellt sich je nach Vermögenssituation und familiärer Lage stets neu und unter immer anderen Gesichtspunkten. Bei einer Unternehmensnachfolge unter Lebenden liegt meist ein Fall der vorweggenommenen Erbfolge oder ein Unternehmensverkauf vor. Bei der Nachfolge von Todes wegen kommen diverse erbrechtliche Gestaltungsmittel in Betracht.

Übertragung unter Lebenden oder von Todes wegen

Entscheidendes Kriterium für die Wahl des Zeitpunktes wird dabei sein, ob der Übergeber das Vermögen für die eigene Versorgung und/oder die seiner Familie benötigt. Eine Übertragung des Vermögens zu Lebzeiten ist grundsätzlich vorzuziehen und hat die Vorteile der besseren Planbarkeit und Strukturierung. Zudem kann der Übergeber in gewisser Weise noch im Unternehmen mitwirken. Nachteilig ist, dass bereits zu Lebzeiten eine Trennung vom Vermögen erfolgt.

Übertragung innerhalb der Familie oder an Dritte

Der überwiegende Teil der Unternehmer favorisiert eine familieninterne Lösung. Gibt es keinen familieninternen Nachfolger, bleibt nur die Übertragung an Dritte. Die Weitergabe des Einzelunternehmens bzw. der freiberuflichen Praxis an Familienmitglieder kann die Kontinuität und die Fortführung von Familientraditionen sicherstellen. Externe Nachfolger, wie erfahrene Manager oder Investoren, können neue Perspektiven, Fachkenntnisse und Innovationen in das Unternehmen einbringen. Eine externe Nachfolge kann die Unabhängigkeit des Unternehmens bewahren, insbesondere wenn die familiäre Nachfolge mit persönlichen Beziehungen und möglichen Konflikten verbunden sein könnte.

Übertragung unentgeltlich oder (teil)entgeltlich

Erfolgt eine Nachfolge innerhalb der Familie, wird regelmäßig die unentgeltliche Übertragung das Mittel der Wahl sein. Wohingegen bei Dritten üblicherweise eine entgeltliche Veräußerung erfolgt.

Abgrenzung einer entgeltlichen von einer unentgeltlichen Übertragung

In Abhängigkeit davon, ob die Übertragung eines Einzelunternehmens bzw. einer freiberuflichen Praxis entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt, ergeben sich unterschiedliche Steuerfolgen.

Im Einzelfall kann die Abgrenzung einer entgeltlichen von einer unentgeltlichen Übertragung nicht eindeutig sein.

Entgeltlichkeit liegt vor, wenn sich Leistung und Gegenleistung in einem nach kaufmännischen Maßstäben ausgewogenen Verhältnis gegenüberstehen. Übertragungen zwischen Fremden sind grundsätzlich entgeltlich (tatsächliche Vermutung).[1] Auf der anderen Seite besteht bei Übertragungen zwischen Familienangehörigen eine (widerlegbare) Vermutung, dass diese Übertragungen aus familiären Gründen erfolgen und damit nicht vollentgeltlich sind.[2] Das heißt, der Steuerpflichtige muss bei familiären Übertragungen nachweisen, dass der Kaufpreis wie zwischen Fremden abgewogen ist.

Einheitstheorie

Im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 EStG (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) gilt die sog. Einheitstheorie.[3] Die teilentgeltliche Veräußerung kann nach wohl herrschender Meinung und ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgespalten werden (Spaltungs- bzw. Trennungstheorie).[4] Nur soweit der Veräußerungspreis den gesamten (Netto-)Buchwert (Kapitalkonto) übersteigt, entsteht ein Gewinn des Übergebers.[5] Auch bei der vorweggenommenen Erbfolge i. S. des § 6 Abs. 3 EStG gilt die sog. Einheitstheorie.

Älterer und jüngere Menschen - NWB Themenspecial Unternehmensnachfolge

[1] BFH, Urteil v. 20.12.1988 - VIII R 121/83 GAAAA-92894, NVwZ-RR 1990 S. 119.

[2] BFH, Urteil v. 31.8.1994 - X R 58/92 KAAAA-95706, DStR 1995 S. 523.

[3] BFH, Urteil v. 18.9.2013 - X R 42/10 IAAAE-47925, BFHE 242 S. 489.

[4] BFH, Urteil v. 18.9.2013 - X R 42/10 IAAAE-47925, BFHE 242 S. 489; Füssenich in Kirchhof/Kulosa/Ratschow, BeckOK EStG, § 16 Rz. 138.

[5] BFH, Urteil v. 22.10.2013 - X R 14/11 UAAAE-52612, BStBl 2014 II S. 158; BFH, Urteil v. 17.7.1980 - IV R 15/76 OAAAA-91568, BStBl 1981 II S. 11; BMF, Schreiben v. 26.2.2007 - IV C 2 - S 2230 - 46/06 OAAAC-39226, BStBl 2007 I S. 269 Rz. 14  f.

Auszug aus Holly, NWB-EV 4/2024 S. 97 sowie Themen-Special „Herausforderung Unternehmensnachfolge “

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