Praktische Hilfe bei der sog. doppelten Besteuerung der Alterseinkünfte
Alle Arten dieser Rentenzahlungen gehören zur sog. Basisversorgung im Alter. Entsprechend dem Jahr des Rentenbeginns haben die Bezieher dieser Altersrenten lebenslang einen prozentualen Anteil der Rente nach der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG aufgeführten Tabelle zu versteuern. Da die Steuerpflichtigen allerdings in der Ansparphase, in der Regel die Zeit der Erwerbstätigkeit, ihre Altersvorsorgeaufwendungen nicht zu 100 % als Sonderausgaben abziehen konnten, kann es zu einer sog. doppelten Besteuerung der Alterseinkünfte kommen.
In zwei Urteilen vom 19.05.2021 – X R 33/19 und X R 20/19 hat der BFH dargelegt, wann eine solche doppelte Besteuerung vorliegt und eine konkrete, wenn auch komplexe Berechnung aufgezeigt. Gesetzgeber und Finanzverwaltung haben zwar unmittelbar nach der Verkündung dieser Urteile schnelle Abhilfe versprochen, bis heute jedoch weder das Einkommensteuergesetz geändert noch ein entsprechendes BMF-Schreiben erlassen, welches sich auch mit der Frage beschäftigen muss, inwieweit die Berechnung des BFH zugunsten der Steuerpflichtigen, aber auch der täglichen Arbeit der betreffenden Finanzbeamten übernommen oder vereinfacht werden kann. Berechnungstools liegen ebenso wenig vor wie Gutachten, die darlegen, ab wann eine doppelte Besteuerung der Alterseinkünfte bei Steuerpflichtigen einer bestimmten Kohorte typischerweise anzunehmen ist.
Vielmehr hat die Finanzverwaltung lediglich die von den Klägern der beiden vom BFH entschiedenen Fälle erhobenen Verfassungsbeschwerden (2 BvR 1140/21 und 2 BvR 1143/21) zum Anlass genommen, die Einkommensteuerfestsetzungen ab dem VZ 2005 in Bezug auf die Verfassungsmäßigkeit der „Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG“ gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig vorzunehmen, wenn dies verfahrensrechtlich (noch) möglich ist. Gleichzeitig weist das BMF schon heute darauf hin, dass eine Zuvielbelastung von Alterseinkünften vom Steuerpflichtigen zu belegen sei. Eine Berechnungspflicht des Steuerpflichtigen, insoweit folgt die Finanzverwaltung nunmehr der höchstrichterlichen Rechtsprechung, sieht es dagegen nicht.
Unabhängig hiervon stehen die Steuerberater weiterhin vor der Aufgabe, nicht nur die Grundzüge der Berechnung, wie sie der BFH vorgibt, zu kennen, sondern Einzelfälle auch bereits zu berechnen. Um insoweit eine erste Hilfestellung zu geben, ist die Arbeitshilfe „Doppelbesteuerung von Renten: Ermittlung einer Überzahlung“ ein Excel-Berechnungsleitfaden entstanden.
Dieser Excel-Berechnungsleitfaden bietet Ihnen im Rahmen eines strukturierten Modells die Möglichkeit, das Vorliegen einer Doppelbesteuerung zu prüfen und die Höhe der Überzahlung zu ermitteln.
Die Ermittlung erfolgt in folgenden Schritten:
- Angaben für den Steuerpflichtigen bzw. des Hinterbliebenen zu den Rentenhöhen und Lebenserwartungen,
- Ermittlung des steuerfrei bleibenden Betrages,
- bis VZ 2004: Anteil der Vorsorgeaufwendungen aus dem bereits besteuerten Einkommen (rückwirkend bis 1948 möglich),
- ab VZ 2005: verbleibende Vorsorgeaufwendungen aus bereits besteuertem Einkommen,
- Günstigerprüfung.
Als Ergebnis wird die Höhe sowie die Verteilung der Überzahlung auf die Jahre des Rentenbezugs des Steuerpflichtigen bzw. des Hinterbliebenen ermittelt.
Abgerundet wird der Leitfaden durch Hinweise zu den Sterbetafeln für die Ermittlung der Erlebenserwartung und Quellen für weitere zu berücksichtigende Werte, z. B. die Gesamtsozialversicherungsbeiträge.
Mehr Informationen zum Thema bietet der Beitrag Nöcker, Nachgelagerte Besteuerung der Altersrente - abstrakt verfassungsgemäß und konkret berechenbar, NWB Nr. 32 vom 13.8.2021, Seite 2340 sowie unser Seminar „Brennpunkte der Rentenbesteuerung“ mit dem Referenten Nico Voigt.
Die erwähnten Inhalte finden Sie hier: