Latente Steuern und ertragsteuerliche Organschaft

Bei Existenz einer ertragsteuerlichen Organschaft herrscht handelsrechtlich weitgehende Einigkeit, dass auf die temporären Differenzen bei der Organgesellschaft regelmäßig nur beim Organträger latente Steuern bilanziert werden dürfen. Sofern der Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft von dem handelsrechtlich abgeführten Gewinn abweicht, ergeben sich in der Steuerbilanz des Organträgers sog. Mehr- bzw. Minderabführungen. Deren Bedeutung für die Bilanzierung latenter Steuern wurde in der Literatur bislang indes nur vereinzelt beleuchtet. Angesichts der gesetzlichen Änderungen am System der Organschaftsbesteuerung durch das KöMoG werden deren Auswirkungen auf die latenten Steuern im Beitrag systematisch untersucht und dargestellt.

I. Einordnung

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts vom 25.6.2021 (KöMoG) hat der deutsche Gesetzgeber nicht nur einen (vorsichtigen) Paradigmenwechsel in Bezug auf die Besteuerung von Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften vollzogen, sondern gleichzeitig auch fundamentale Änderungen an der Mechanik der Organschaftsbesteuerung vorgenommen. Letztere tangieren die Frage, wie mögliche Doppel- bzw. Minderbesteuerungen vermieden werden können, falls das Steuerbilanzergebnis der Organgesellschaft vom Betrag der handelsrechtlichen Ergebnisabführung abweicht. Der bisherige § 14 Abs. 4 KStG a. F. sah hierfür die Bildung besonderer aktiver bzw. passiver Ausgleichsposten in der Steuerbilanz vor, sofern die Mehr- bzw. Minderabführungen in organschaftlicher Zeit verursacht sind. Mit der Neuregelung in Art. 1 KöMoG wurde das System der Ausgleichsposten durch die sog. Einlagenlösung ersetzt. Hiervon unberührt geblieben sind die Bestimmungen des § 14 Abs. 3 KStG bzgl. vororganschaftlich verursachter Mehr- bzw. Minderabführungen.

In der Literatur bisher nicht beleuchtet wurde die Frage, ob bzw. welche Auswirkungen sich aus dem Systemwechsel für die Bilanzierung latenter Steuern ergeben. Nach allgemeiner Auffassung dürfen latente Steuern im Falle einer ertragsteuerlichen Organschaft regelmäßig zwar nur beim Organträger bilanziert werden. Die Abbildung der organschaftlichen Mehr- bzw. Minderabführungen in der Steuerbilanz als Einlagerückgewähr bzw. Einlagevorgang führt indes zu einer zusätzlichen temporären Differenz beim Organträger, so dass insofern die Bilanzierung (weiterer) latenter Steuern in Betracht kommen könnte. Aufgrund der partiellen Annäherung an die Systematik bei vororganschaftlichen Minderabführungen bietet sich insofern ein Vergleich mit der Bilanzierung latenter Steuern auf vororganschaftliche temporäre Differenzen an.

II. Fazit

Neben den Änderungen, welche das KöMoG in Bezug auf die Besteuerung der Personenhandelsgesellschaften auf den Weg gebracht hat, wurde auch das System der organschaftlichen Mehr- bzw. Minderabführungen reformiert. Während aus Sicht der Steuerbilanz – trotz noch bestehender Unklarheiten – insofern eine begrüßenswerte Vereinfachung vorgenommen wurde, sorgt die neue Einlagenlösung in Bezug auf die Bilanzierung latenter Steuern insbesondere bei Personenhandelsgesellschaften als Organträger für zusätzliche Komplexität.

Grundsätzlich besteht im handelsrechtlichen Schrifttum weitgehende Einigkeit, dass im Falle einer ertragsteuerlichen Organschaft die latenten Steuern auf temporäre Differenzen der Organgesellschaft grds. beim Organträger zu bilanzieren sind. So müssen nach Begründung einer ertragsteuerlichen Organschaft die latenten Steuern bei der Organgesellschaft erfolgswirksam aus- und beim Organträger (bewertet mit dessen Steuersatz) eingebucht werden. Sofern eine temporäre Differenz dabei zukünftig zu einer vororganschaftlich verursachten Mehrabführung führt, ist die Ausschüttungsbelastung auf Ebene des Organträgers gegenläufig zu berücksichtigen.

Handelt es sich bei dem Organträger um eine Kapitalgesellschaft, so führen Mehr- bzw. Minderführungen grds. zu keinen zusätzlichen latenten Steuern. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Differenzumkehr in nachorganschaftlicher Zeit erwartet wird und der Steuerbilanzwert der Beteiligung an der Organgesellschaft kleiner als deren Handelsbilanzwert ist.

Dagegen muss eine Personenhandelsgesellschaft als Organträger danach unterscheiden, ob sich die durch Mehr-/Minderabführungen entstandene Differenz voraussichtlich in organschaftlicher Zeit abbauen wird. Die Bildung aktiver latenter Steuern ist zum einen bei vororganschaftlich verursachten Minderabführungen möglich. Zum anderen kann sich durch Mehr-/Minderabführungen in organschaftlicher Zeit eine latente Steuer ergeben, wenn infolge der Beschränkung der fingierten Einlagenrückgewähr auf den Betrag des (steuerlichen) Beteiligungsbuchwerts bei einer späteren Umkehrung durch Minderabführung ein Differenzbetrag entsteht, der sich voraussichtlich erst bei Veräußerung der Beteiligung abbauen wird. Darüber hinaus sind stets latente Steuern anzusetzen, falls mit der Beendigung der Organschaft gerechnet wird.

Der Beitrag „Latente Steuern und ertragsteuerliche Organschaft“ aus dem Paket NWB Unternehmensteuern und Bilanzen untersucht die Auswirkungen des KöMoG auf die Bilanzierung latenter Steuern. Den vollständigen Beitrag finden Sie als Abonnent in der NWB Datenbank unter NWB EAAAJ-16177.

Haben Sie noch keinen Datenbank-Zugriff? Dann testen Sie einfach das Paket von „NWB Unternehmensteuern und Bilanzen – StuB“ vier Wochen lang kostenlos!

 

 

Cookies erforderlich

Um fortfahren zu können, müssen Sie die dafür zwingend erforderlichen Cookies zulassen. Diese gewährleisten den vollen Funktionsumfang unserer Seite, ermöglichen die Personalisierung von Inhalten und können für die Ausspielung von Werbung oder zu Analysezwecken genutzt werden. Lesen Sie auch unsere Datenschutzerklärung.