Bewirtungen: Drohen bei zu viel Alkohol nicht nur gesundheitliche, sondern auch steuerliche Probleme?

Die Formulierung in den EStR, wonach eine Bewirtung nur vorliegt, wenn die Darreichung von Speisen und/oder Getränken eindeutig im Vordergrund steht, ist laut FG Berlin-Brandenburg nicht dahin zu verstehen, dass die Abzugsbeschränkung und die besonderen formellen Anforderungen nicht gelten, wenn die Verköstigung in einen anderen betrieblichen Vorgang eingebunden und diesem untergeordnet ist. Skurril sind dabei die (nicht entscheidungserheblichen) Aussagen des Finanzgerichts zum Alkoholkonsum.

Missverständliche Formulierung in den EStR

Durchaus skurril ist das Urteil des FG Berlin-Brandenburg[1] zu Bewirtungskosten, das wir Ihnen nun vorstellen möchten. Es eignet sich sehr gut als Gesprächsstoff, wenn Sie auf der nächsten Party Ihren Freunden und Bekannten erklären wollen, womit Sie sich beruflich so alles befassen.

In den EStR[2] heißt es: Eine Bewirtung liegt vor, wenn Personen beköstigt werden. Dies ist stets dann der Fall, wenn die Darreichung von Speisen und/oder von Getränken eindeutig im Vordergrund steht.

Auf diese Aussage berief sich ein Immobilienunternehmen aus Berlin, das für Bauträger und andere Kunden sowie für die Branchenakteure wie Architekten, Bauplaner, Ingenieure und Rechtsanwälte jeweils zum Anfang des Jahres auf einer Baustelle eine sog. Kick-Off-Veranstaltung durchführte. Der zeitliche Rahmen der Veranstaltung war auf etwa vier Stunden beschränkt – von 19 bis 23 Uhr. Die Geschäftsführer und die Mitarbeiter nutzten diese Zeit zu Gesprächen mit den Gästen.

Da die besonderen Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt waren, war ein Abzug der Kosten für das Catering als Bewirtungskosten nicht möglich. Die GmbH argumentierte daher: Die Darreichung der Speisen und Getränke habe bei der Veranstaltung nicht im Vordergrund gestanden. Sondern der fachliche Austausch. Es handele sich somit überhaupt um keine Bewirtung. Folglich seien auch die besonderen Aufzeichnungspflichten nicht zu beachten. Und auch nicht die Beschränkung auf 70 %. Die Kosten für das Catering seien vielmehr wegen des überwiegenden Repräsentations- und Werbezwecks nach den allgemeinen Regeln unbegrenzt als Betriebsausgaben abzugsfähig.

Das ist ein netter Versuch – Es überrascht aber sicherlich nicht, dass das Finanzgericht dabei nicht mitgespielt hat. Bemerkenswert ist allerdings die Begründung.

Zunächst stellten die Richter aus Cottbus klar: Die Formulierung in den EStR, wonach eine Bewirtung nur dann vorliegt, wenn die Darreichung von Speisen und Getränken eindeutig im Vordergrund steht, ist nicht dahin zu verstehen, dass die Abzugsbeschränkung und die besonderen formellen Anforderungen nicht gelten, wenn die Verköstigung in einen anderen betrieblichen Vorgang eingebunden und diesem gegenüber untergeordnet ist. Vielmehr besagt sie nur, dass ein vollständiges Abzugsverbot eingreifen kann, wenn neben der Bewirtung im engeren Sinne zusätzliche Leistungen geselliger oder unterhaltender Art geboten werden. Etwa bei einer Varieté-Veranstaltung oder einer Striptease-Show.

Das haben wir alles schon oft so gehört und gelesen. Das FG Berlin-Brandenburg hat es aber nicht dabei belassen.

Keine sinnvollen Gespräche bei hohem Alkoholkonsum?

Offenbar haben sich die Richter darüber geärgert, dass das Immobilienunternehmen behauptete, dass der fachliche Austausch und nicht die Darreichung von Speisen und Getränken im Vordergrund stand. Obwohl es letztlich darauf überhaupt nicht ankam, stellte das Finanzgericht nämlich eine interessante Berechnung an.

In der Urteilsbegründung heißt es: Bei Division der berechneten alkoholischen Getränke durch die vorgetragenen Teilnehmerzahlen ergibt sich rein rechnerisch – unter vorsichtiger Berücksichtigung eines großzügigen Restbestandes i. H. v. 30 % der abgerechneten Getränke –, dass jeder Teilnehmer der vierstündigen Veranstaltung im Durchschnitt mind. 0,7 Liter Bier und zusätzlich 0,5 Flaschen Rot- oder Weißwein oder Prosecco getrunken haben muss.[3]

Dann kommt ein Satz, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss: „Aus Sicht des erkennenden Senats müssten sich dadurch … rein rechnerisch viele Teilnehmer im Verlauf der Veranstaltung nicht mehr in einem Zustand befunden haben, in dem das Führen fachlicher Gespräche realistisch erscheint, und, falls doch, dürften diese Gespräche nicht den für Repräsentations- und Werbezwecke qualitativ hochwertigen Charakter erreicht haben.“[4]

Formulierung in den EStR darf nicht missverstanden

Dass sich ein Finanzgericht – ohne Not – zu so einer Einschätzung hinreißen lässt, ist schon seltsam. Da war in Cottbus wohl jemand ziemlich angefressen oder bemüht, besonders unterhaltsam zu sein.

Das Urteil lädt zu platten Witzen ein, etwa ob in Bayern andere Maßstäbe gelten als in Berlin. Da wir aber ein seriöses Audiomagazin sind, wollen wir diese Steilvorlage hier jetzt nicht verwandeln.

Im Ernst lautet unser Fazit: Die Formulierung in den EStR darf nicht missverstanden werden. Es handelt sich auch dann um eine Bewirtung, wenn – wie im Normalfall – die Kontaktpflege mit Kunden im Vordergrund steht. Und nicht das Essen und Trinken. Ein Betriebsausgabenabzug setzt in diesen Fällen voraus, dass die Kosten einzeln und getrennt aufgezeichnet und die Teilnehmer angegeben werden.[5]


[1] FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 17.10.2023 - 6 K 6089/20 NWB HAAAJ-65496

[2] EStR R 4.10 Abs. 5 S. 1 und 2 NWB EAAAE-15625

[3] Happe, Stolpersteine in der Betriebsprüfung bei Geschenken, Incentives & Co. – Praktische Fragen der Umsetzung und aktuelle Rechtsprechung, BBK 17/2024 S. 795 NWB MAAAJ-74293

[4] Wengerofsky, Gefährdet hoher Alkoholkonsum den Abzug von Bewirtungskosten?, NWB Experten-Blog v. 4.7.2024 https://www.nwb-experten-blog.de/hoher-alkoholkonsum-gefaehrdet-abzug-von-bewirtungskosten

[5] Rätke, Einkommensteuer | Gesonderte Aufzeichnung von Bewirtungsaufwendungen, Kommentierte Nachricht BBK 12/2024 S. 537 NWB ZAAAJ-67379

Bewirtungen: Drohen bei zu viel Alkohol nicht nur gesundheitliche, sondern auch steuerliche Probleme?

 

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