Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die nichtfinanzielle Berichterstattung
Implikationen für die bevorstehende Berichtssaison in Deutschland
Die Corona-Pandemie überstrahlt mittlerweile schon rund ein Jahr das politische und gesellschaftliche Geschehen rund um den Globus. Seitdem verging kaum ein Tag ohne neue Rückschläge oder Erfolge bei der Bekämpfung dieser globalen Herausforderung. Schnell zeichnete sich bereits Anfang letzten Jahres ab, dass mit den gesetzten Maßnahmen drastische wirtschaftliche Folgen verbunden sein werden. So kämpfen nach wie vor ganze Branchen und Berufszweige um ihre Existenz; der Mittelstand scheint hiervon im Besonderen betroffen zu sein. Große Unternehmen müssen sich zudem auch sorgfältig damit befassen, wie sie die Folgen der Corona-Pandemie in ihrer Rechnungslegung berücksichtigen: Während hierbei bisher die Finanzberichterstattung mit der Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage in den Vordergrund gerückt und im Schrifttum prioritär thematisiert worden ist, ergeben sich ebenso für die nichtfinanzielle Berichterstattung – mindestens im gleichen Maße – Konsequenzen. Der nachstehende Beitrag befasst sich mit Letzteren und gibt Umsetzungshinweise für die bevorstehende Berichtssaison.
Corona, Sonderberichterstattung zum Thema, Übersichtsseite NWB CAAAH-46194
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Im Schrifttum wurden bislang überwiegend die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Finanzberichterstattung thematisiert. Dennoch ist die Corona-Pandemie gleichermaßen für die nichtfinanzielle Berichterstattung von Bedeutung.
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Für die nun bevorstehende Berichtssaison zum Geschäftsjahr 2020 ist besonderes Augenmerk auf die Darstellung zu legen, welche spezifischen Auswirkungen Unternehmen mit ihren wirtschaftlichen Aktivitäten aufgrund der Corona-Pandemie entfalteten. Hierbei ist den Angabepflichten gem. § 289c HGB vollumfänglich zu entsprechen.
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Auch das enforcement nichtfinanzieller Informationen wird von der Corona-Pandemie beeinflusst. So veröffentlichte die ESMA Ende Oktober 2020 ihre Prüfungsschwerpunkte für die bevorstehende Berichtssaison und verdeutlicht die hohe Relevanz der nichtfinanziellen Berichterstattung im Kontext der Corona-Pandemie. Obschon die DPR dem – erneut – nicht folgt, bieten sich den berichtspflichtigen Unternehmen zahlreiche Orientierungspunkte.
I. Hintergrund
Im Laufe des Jahres 2020 zeigte sich nach den ersten Gegenmaßnahmen der Bundesregierung, dass mit der Corona-Pandemie zahlreiche, teils sehr kurzfristig erkennbare wirtschaftliche Konsequenzen für deutsche, im Besonderen global agierende Unternehmen einhergehen. Die mittel- bis langfristigen Auswirkungen sind indes noch nicht eindeutig absehbar. Viele Geschäftsmodelle stehen seitdem auf dem Prüfstand und müssen sich neu orientieren; auch internationale und nationale Kapitalmärkte zeigten eine hohe Volatilität, was branchenübergreifend zu Unsicherheiten geführt hat. Die Geschäftstätigkeit der Unternehmen wird zukünftig wesentlich durch die Corona-Pandemie beeinflusst. Infolgedessen müssen diese Auswirkungen auf das unternehmerische Handeln selbstverständlich in der Unternehmensberichterstattung thematisiert werden. Bereits Anfang März 2020 veröffentlichte beispielsweise das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) einen ersten fachlichen Hinweis, der die Auswirkungen der Ausbreitung der Corona-Pandemie auf die Rechnungslegung und deren Prüfung behandelt. [1] In diesem Hinweis des IDW – und auch in anderen Stellungnahmen im Schrifttum – erfolgte jedoch im Wesentlichen eine Fokussierung auf die Folgen für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der berichtspflichtigen Unternehmen – und es wurde somit die Finanzberichterstattung in den Fokus gerückt. [2]
Die Corona-Pandemie besitzt für die nichtfinanzielle Berichterstattung gleichermaßen eine hohe Relevanz – was im Schrifttum bisher aber lediglich vereinzelt [3] entsprechend gewürdigt wurde. Die Folgen der Corona-Pandemie sind mit weitreichenden Implikationen aus einer Nachhaltigkeits-Perspektive verbunden, v. a. im Hinblick auf die hierfür diskutierten Ansätze zur Krisenbewältigung. [4] Noch vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie stand das vergangene Jahr im Zeichen des nachhaltigen Wandels – nicht zuletzt durch den green new deal, welchen die EU-Kommission im Dezember 2019 verkündete. [5] Die Corona-Pandemie rückte den durchaus ambitionierten Zeitplan der EU-Kommission zunächst in den Hintergrund; mittlerweile hat sich jedoch die Sichtweise durchgesetzt, dass die Corona-Pandemie und die „Nachhaltigkeits-Krise“ nicht voneinander unabhängige Problemfelder darstellen, sondern eng miteinander verknüpft sind (insbesondere bezüglich gegebenenfalls gemeinsamer Lösungsstrategien). [6] Ein häufig verwendetes Schlagwort hierbei lautet „green recovery“. Ganz in diesem Sinne stellte Hans Hoogervorst, Vorsitzender des International Accounting Standards Board (IASB), in seiner Grundsatzrede vom etwa fest, dass die Corona-Pandemie durchaus dazu geeignet sei, die angestrebte Klimaneutralität sogar zu beschleunigen, da angeschlagene Wirtschaftszweige nun „nachhaltiger“ wieder aufgebaut werden könnten – und damit auch die Relevanz der (nichtfinanziellen) Berichterstattung zu diesen Themen weiter in den Fokus zu rücken:
„The 2015 Paris Agreement set a global goal to reach net zero emissions in the second half of the century, with many governments looking to achieve this goal by 2050. Many stress that the pandemic should be used as a trigger to accelerate progress towards these goals. Governments are talking about ,building back better', rebuilding their economies in a way which is environmentally sustainable. So it is clear the issue of sustainability will remain prominent for years to come and many are asking what role corporate reporting can play in addressing these issues.“ [7]
Diesbezüglich wird die anstehende Berichtssaison für das Geschäftsjahr 2020 – also dem Jahr des Materialisierens der Corona-Pandemie – die berichtspflichtigen Unternehmen in der EU vor große Herausforderungen stellen. Fundierten Leitlinien, wie und in welchem Ausmaß die Corona-Pandemie im Rahmen der nichtfinanziellen Berichterstattung im Einzelnen zu berücksichtigen ist, fehlen gegenwärtig noch. Anhaltspunkte hierzu lassen sich aber etwa dem bereits vorliegenden Schrifttum (siehe hierzu Kap. III) sowie den Prüfungsschwerpunkten der European Securities and Markets Authority (ESMA) für das Geschäftsjahr 2020 (siehe hierzu Kap. IV) entnehmen. Im Folgenden sollen diese Themen zum einen dargestellt und zum anderen Empfehlungen für die Umsetzung in der nichtfinanziellen Berichterstattung gegeben werden.
II. Rückblick: Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Berichtssaison für das Geschäftsjahr 2019
Wie auch für die Finanzberichterstattung gilt für die nichtfinanzielle Berichterstattung das Stichtagsprinzip. Da die WHO erst am den internationalen Notstand und am den Pandemie-Eintritt ausrief, ergaben sich für die Berichterstattung über das Geschäftsjahr 2019 (zumindest mit dem Stichtag des ) nach h. M. keine beziehungsweise kaum Auswirkungen. So wird für deutsche Unternehmen im Regelfall erst für Berichtsstichtage ab dem von einer (nichtfinanziellen) Berichtspflicht ausgegangen. Dennoch muss vorher die Frage geklärt werden, ob es sich bei der Corona-Pandemie um ein werterhellendes oder wertbeeinflussendes Ereignis handelt. Im Schrifttum hat sich dahingehend die Meinung verfestigt, dass es sich bei der Corona-Pandemie im Regelfall um ein wertbeeinflussendes Ereignis handelt. [8] Das IDW hält dazu fest:
„Da erst die sprunghafte Ausweitung der Infektionen zu den aktuellen wirtschaftlichen Auswirkungen geführt hat (bspw. Schließung von Betrieben und dadurch bedingte Beeinträchtigungen von Liefer- und Absatzprozessen) und diese Ausweitung erst ab dem Januar 2020 aufgetreten ist, ist nach Auffassung des IDW i.d.R. davon auszugehen, dass das Auftreten des Coronavirus als weltweite Gefahr wertbegründend einzustufen ist und dementsprechend die bilanziellen Konsequenzen erst in Abschlüssen mit Stichtag nach dem zu berücksichtigen sind.“ [9]
Dennoch: Für die Berichtspflichten im Rahmen der nichtfinanziellen Berichterstattung kommt es insbesondere auf die Wesentlichkeitsanalyse i. S. des § 289c Abs. 3 HGB an. Aus dem Gesetzeswortlaut folgt, dass
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aus der Tätigkeit des Unternehmens Auswirkungen folgen müssen,
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welche nichtfinanzielle Belange im wesentlichen Maße betreffen und
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zugleich für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des berichtspflichten Unternehmens von Bedeutung sind. [10]
Im Rahmen dieser Wesentlichkeitsanalyse sind die berichtspflichtigen Inhalte nicht nur vergangenheitsorientiert zu ermitteln, sondern sie basiert v. a. auf einer Analyse der nichtfinanziellen Risiken vor dem Hintergrund des Geschäftsmodells des Unternehmens. [11] Und gerade für eine Risikobetrachtung sind auch Ereignisse, die erst nach einem relevanten Stichtag schlagend werden, viel eher zu berücksichtigen, als dies bei einer bloßen Darstellung finanzieller oder nichtfinanzieller Ergebnisse der Fall wäre.
Vorstände und Aufsichtsräte waren hier gleichermaßen gefordert, die Ergebnisse dieser Analyse ordnungsgemäß in die Unternehmensberichterstattung zu übertragen. Wenig überzeugend wirkt es daher, wenn in den nichtfinanziellen Berichterstattungen für das Geschäftsjahr 2019 die Corona-Pandemie nicht wenigstens in einem Mindestmaß auf Themen wie Mitarbeitergesundheit, Arbeitsplatzsicherheit oder Arbeitsbedingungen eingegangen wurde, wie sie später im Zuge der krisenhaften Ereignisse der Corona-Pandemie von besonders hoher Relevanz waren. Gerade der Prognoseberichterstattung [12] kommt hierbei eine entscheidende Bedeutung zu, wie sie etwa bereits aus den allgemeinen Grundsätzen der ordnungsgemäßen Lageberichterstattung (GoL) [13] – v. a. jenem der „Zukunftsorientierung“ i. S. der Leitlinien der EU-Kommission aus dem Jahr 2017 – resultiert. [14] Auch speziellere Angabepflichten, wie zur nichtfinanziellen Risikoberichterstattung i. S. des § 289c Abs. 3 Nr. 4 HGB, kämen hierfür in Betracht – obschon diese, ebenso wie die Prognoseberichterstattung, mit einem hohen Maß an Entscheidungsspielraum verbunden gewesen ist, da sich die Folgewirkungen der Corona-Pandemie gerade zu diesem frühen Zeitpunkt nur schwer haben absehen lassen. [15] Diese Auffassung bestätigt auch das IDW, indem in Bezug auf die Prognoseberichterstattung im Lagebericht für die vergangene Berichtssaison Ausführungen hierzu vergleichsweise unkonkret ausfallen durften beziehungsweise es sogar ausreichend war, lediglich auf die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht in Gänze absehbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie auf etwaige (sowohl finanzielle als auch nichtfinanzielle) Berichtsinhalte hinzuweisen. [16] So heißt es beispielsweise im Prognosebericht des Konzernlageberichts 2019 von BASF:
„Wir erwarten, dass die konjunkturelle Unsicherheit 2020 sehr hoch sein wird und Nachfrage- und Produktionsausfälle im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Coronavirus das globale Wachstum erheblich belasten. [...] In den asiatischen Schwellenländern wird sich das Wachstum voraussichtlich deutlich verringern. Wir erwarten, dass die Nachfrage und die Produktion in China wegen des Ausbruchs des Coronavirus erheblich schwächer als im Vorjahr zunehmen werden. Der damit einhergehende geringere Importbedarf Chinas wird auch die Konjunktur in den asiatischen Nachbarländern belasten. Darüber hinaus führen Produktionseinschränkungen in China möglicherweise zu Unterbrechungen in den Nachbarländern, da die Wertschöpfungsketten innerhalb Asiens besonders eng verflochten sind.“ [17]
Interessanterweise stützen sich diese Aussagen nur auf den chinesischen Raum (wo die pandemischen Entwicklungen bereits vor dem Bilanzstichtag ihren Ausgang genommen haben). Das verdeutlicht, zu welch frühem Zeitpunkt (und gegebenenfalls sehr kurzfristig) der Prognosebericht im Lichte der sich damals noch nicht vollumfänglich abzeichnenden Corona-Pandemie vonseiten des Unternehmens aufgestellt worden ist beziehungsweise wie sehr die tatsächlichen Folgen der Pandemie noch in der letzten Berichtssaison verkannt wurden.
Eine stichprobenartige Auswertung der nichtfinanziellen Berichterstattung für das Geschäftsjahr 2019 der DAX30-Unternehmen zeigt auf, dass de facto keine Bezugnahme auf die Corona-Pandemie erfolgt ist und diese – wenn überhaupt – im Rahmen von Darstellungen zu den Ereignissen nach dem Bilanzstichtag in der Finanzberichterstattung Erwähnung fand. Besonders ist dabei zu kritisieren, dass selbst in den Berichterstattungen von Unternehmen, die aufgrund eines vom Kalenderjahr abweichenden Bilanzstichtags erst später im Jahr 2020 Rechnung über ihr vergangenes Geschäftsjahr legten, die Folgen der Corona-Pandemie v. a. mit Fokus auf die die Auswirkungen für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Unternehmen abgehandelt wurden. Beispielhaft kann hierzu aus dem Geschäftsbericht von Siemens (mit dem Bilanzstichtag ) zitiert werden, wo sich die Bezugnahmen auf die nichtfinanziellen Belange nur vereinzelt und sehr allgemein gehalten – und daher wohl kaum entscheidungsnützlich – finden:
„In allen Funktionsbereichen von Siemens wurden verschiedene Task Forces und Krisenteams eingerichtet, um die unterschiedlichen Auswirkungen von COVID-19 sorgfältig zu überwachen und abzumildern, wobei der Schwerpunkt auf der Gesundheit und Sicherheit unserer Mitarbeiter und der Geschäftskontinuität liegt. Auf Konzernebene arbeitet eine zentrale Task Force auf Leitungsebene übergreifende Entscheidungen aus und koordiniert den Informationsfluss durch die verschiedenen Ebenen der Organisation, wobei gleichzeitig das verantwortliche Management in den einzelnen Geschäften und Ländern befähigt wird, seinen Umständen entsprechend angemessene Maßnahmen zu ergreifen.“ [18]
III. Auswirkungen auf die bevorstehende Berichtssaison für das Geschäftsjahr 2020
So unbefriedigend und offensichtlich nicht im Einklang mit der Tragweite der Angabepflichten zur nichtfinanziellen Berichterstattung die Befunde zur vergangenen Berichtssaison auch ausfallen: Für die bevorstehende Berichtssaison zum Geschäftsjahr 2020 wird unzweifelhaft mit gravierenden Auswirkungen (nicht nur) auf diese zu rechnen sein. [19] Neben den bereits dargelegten Möglichkeiten im Rahmen der Finanzberichterstattung oder der Prognoseberichterstattung kommt für die nichtfinanzielle Berichterstattung insbesondere der Angabenkatalog des § 289c HGB in viel umfänglicher Art und SWeise zur Anwendung. Zwei Teilbereiche stechen dabei besonders hervor:
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Zum einen die Berichtspflichten über (bereits materialisierte sowie v. a. zukünftige) nichtfinanzielle Risiken der eigenen Geschäftstätigkeit i. S. des § 289c Abs. 3 Nr. 3 HGB, welche auf die möglichen Auswirkungen im Zusammenhang mit nichtfinanziellen (Mindest-)Angaben gem. § 289c Abs. 2 HGB abstellen (siehe dazu Übersicht 1). Die Unternehmen haben diesbezüglich eine Beurteilung ihrer Berichtspflicht anhand der beiden Dimensionen der Eintrittswahrscheinlichkeit und der Schwere der Auswirkungen (auf die nichtfinanziellen Belange) vorzunehmen. Relevant sind auch nichtfinanzielle Risiken i. S. des § 289c Abs. 3 Nr. 4 HGB, die in engem Zusammenhang mit der Lieferkette stehen. Beispielhaft angeführt werden können etwa Risiken aufgrund von (unzureichenden) Arbeitnehmerschutzmaßnahmen bei Zuliefererbetrieben – nicht nur, aber insbesondere in Entwicklungsländern, die teilweise überaus gravierend von der Corona-Pandemie betroffen sind.
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Zum anderen werden hinsichtlich der vergangenheitsorientierten Darstellung der Ereignisse des vergangenen Geschäftsjahres v. a. die eingerichteten Konzepte (§ 289c Abs. 3 Nr. 1 HGB) im Fokus stehen, wie mit der neuen Situation umzugehen ist – v. a. hinsichtlich gesetzter Ziele und Maßnahmen – sowie die damit erzielten Ergebnisse (§ 289c Abs. 3 Nr. 2 HGB). Beide Angabepflichten hängen eng zusammen und sind durch die Angabe geeigneter nichtfinanzieller Leistungsindikatoren (§ 289c Abs. 3 Nr. 5 HGB) weiter zu unterstützen.
Wichtig ist dabei, dass bei sämtlichen Angaben primär die Auswirkungen, die das Unternehmen verursacht (d. h. die Auswirkungen auf die Stakeholder), in den Vordergrund zu rücken sind – nicht aber auf das Unternehmen selbst. Dies beeinflusst die Identifikation der berichtspflichtigen Einzelthemen ebenso sehr wie die Art und Weise, wie die Darstellungen erfolgen. Grundsätzlich können alle gesetzlichen (Mindest-)Aspekte von hoher Bedeutung für die Berichterstattung sein – obschon auch nicht zwingend in allen Punkten ein Bezug zur Corona-Pandemie herzustellen sein wird. Die fachlichen Diskussionen der vergangenen Monate lassen feststellen, dass v. a. Sozial- und Arbeitnehmerbelange als besonders relevant und von der Corona-Pandemie betroffen erachtet werden. [20]
Der Angabepflicht zum Geschäftsmodell gem. § 289c Abs. 1 HGB kommt zur Darstellung der Folgen der Corona-Pandemie gleichermaßen eine besondere Rolle zu. Schon zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 zeigte sich schnell, dass sie teils gravierende Auswirkungen (negative wie positive) auf bestehende Geschäftsmodelle hat. So weiteten zahlreiche Unternehmen ihre Geschäftsmodelle aus, indem die Produktion von Desinfektionsmitteln, Schutzanzügen oder Beatmungsmasken aufgenommen wurde – was vorher in keiner Weise zum eigentlichen unternehmerischen Tun gehörte. Anderen wurden de facto alle Geschäftsgrundlagen entzogen. Diese Auswirkungen werden für das Geschäftsjahr 2020 sohin auch i. S. des § 289c Abs. 1 HGB berichtspflichtig und dabei gesondert hervorzuheben sein.
Übersicht 1: Mögliche Folgen der Corona-Pandemie für die Angabe von nichtfinanziellen (Mindest-)Aspekten i. S. des § 289c Abs. 2 HGB *
*Weitgehend übernommen aus Baumüller, CFOaktuell 2020 S. 131, dort mit weiterem Verweis auf Milla/Sternisko, RWZ 2020 S. 132; weiterhin Baumüller, IRZ 2020 S. 301. |
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Nichtfinanzieller (Mindest-)Aspekt i. S. des § 289c Abs. 2 HGB
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Mögliche Einzelthemen im Kontext der Corona-Pandemie
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Umweltbelange (Nr. 1)
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Sozialbelange (Nr. 2)
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Arbeitnehmerbelange (Nr. 3)
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Achtung der Menschenrechte (Nr. 4)
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Bekämpfung von Korruption und Bestechung (Nr. 5)
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Für die Berichtsersteller wird es darüber hinaus darauf ankommen, die nichtfinanziellen Informationen im Zusammenhang mit Jahresabschluss und Lagebericht zu erläutern (siehe § 289c Abs. 3 Nr. 6 HGB). Sich daraus ergebende Fragestellungen – wie etwa in puncto formaler Geschlossenheit, Vermeidung von Redundanzen oder Einsatz von Verweistechniken – sind bereits seit langem problembehaftet und unterstreichen die Herausforderungen, welche sich aus der Verknüpfung von finanzieller und nichtfinanzieller Berichterstattung ergeben. [21] Im besten Falle gelingt es – ganz i. S. der gesetzlichen Berichtspflicht –, die relevanten nichtfinanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Geschäftsmodell und die berichtspflichtigen (Mindest-)Inhalte in Verbindung mit der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens – die bereits im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse festzustellen sind – zu bringen, um dem Bedeutungsgewinn des integrated reporting Rechnung zu tragen. [22] Zu Letzterem veröffentlichte das Integrated Reporting Committee of South Africa (IRC) im August 2020 einen dreiseitigen Anwendungsleitfaden, wie Unternehmen die Corona-Pandemie berücksichtigen können. [23] Dabei wird u. a. darauf eingegangen, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf Aspekte wie Geschäftsmodell, Unternehmensstrategie und -performance, Chancen und Risiken sowie governance hat.
In welcher strukturellen Form die Unternehmen in ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung die Corona-Pandemie offenlegen werden, ist indes noch nicht abzusehen. Gegebenenfalls bietet sich dazu ein eigenständiges Kapitel innerhalb der nichtfinanziellen Berichterstattung an; allerdings ist es ebenso möglich, die Folgen der Corona-Pandemie auf mehrere Kapitel aufzuteilen und dabei die nichtfinanziellen inhaltlichen (Mindest-)Vorgaben des § 289c HGB strukturiert hervorzuheben. Die Entscheidung für eine dieser Alternativen wird wohl von der bisherigen Strukturierungslogik für die nichtfinanzielle Berichterstattung abhängen – wobei die Aufnahme zumindest eines kurzen Kapitels zur Corona-Pandemie am Beginn der nichtfinanziellen Berichterstattung (für einen bloßen Überblick oder auch mit weiterführenden Verweisen) aus Gründen der Übersichtlichkeit zu begrüßen sein wird. [24]
In inhaltlicher Hinsicht wird es darauf ankommen, gleichermaßen darzustellen, mit welchen Veränderungen der erzielten Auswirkungen des Unternehmens die Corona-Pandemie einhergegangen ist. Dies kann dadurch geschehen, dass bei der Entwicklung der CO 2-Emissionen hervorgehoben wird, welcher Teil einer etwaigen Reduktion den Pandemie-Folgen geschuldet ist und welcher aus schon früher vom Unternehmen gesetzten Maßnahmen resultiert. Zur weiteren Verbesserung der Entscheidungsnützlichkeit der vorgelegten Informationen wird – wo möglich – darzustellen sein, mit welcher Nachhaltigkeitsleistung gegebenenfalls darüber hinaus zu rechnen ist, sollten die (positiven und negativen) unmittelbaren Effekte der Corona-Pandemie verklungen sein. [25]
IV. Nichtfinanzielle Prüfungsschwerpunkte der ESMA für die bevorstehende Berichtssaison für das Geschäftsjahr 2020
1. Hintergründe
Die Überlegungen zu den Implikationen der Corona-Pandemie für die Unternehmensberichterstattung, welche seitens der Aufsichtsbehörden angestellt wurden, gleichen im Ergebnis jenen, die zuvor in Kap. III dargestellt wurden. Ende Oktober 2020 veröffentlichte die ESMA ihre Prüfungsschwerpunkte für die anstehende Berichtssaison des Geschäftsjahres 2020. [26] Obgleich der Titel suggeriert, dass in diesem 14-seitigen Bericht ausschließlich die Finanzberichterstattung thematisiert wird („European common enforcement priorities for 2020 annual financial reports“), widmet sich die ESMA in einem eigenen Abschnitt („Section 2: Priorities related to non-financial statements“) den Prüfungsschwerpunkten der nichtfinanziellen Berichterstattung.
Die ESMA setzte hiermit die bereits in den Vorjahren beobachtbare Entwicklung fort, der nichtfinanziellen Berichterstattung ein zunehmendes Gewicht in ihren Verlautbarungen zu den Prüfungsschwerpunkten einzuräumen. [27] Bemerkenswert ist an der aktuellen Verlautbarung, dass erstmals die nichtfinanzielle Berichterstattung gleichrangig mit der Finanzberichterstattung als Überschrift im Dokument verankert wurde; noch im Vorjahr war sie als bloßer Unterpunkt der „Section 2: Topics related to other parts oft he annual report“ enthalten. Diese Entwicklung ist im Lichte der gesamteuropäischen Strategie zur sustainable finance und damit der Verankerung der Ziele nachhaltiger Unternehmensführung auf den europäischen Kapitalmärkten folgerichtig; [28] freilich ist kritisch anzumerken, dass die bisherigen Aktivitäten nationaler enforcement-Behörden dies auf sehr unterschiedliche Weise umsetzten und nur selten Beanstandungen in den von ihnen geprüften nichtfinanziellen Berichterstattungen vornahmen. [29] Im Moment scheint also – v. a. für deutsche berichtspflichtige Unternehmen (siehe Kap. IV.3) – die Symbolkraft zu überwiegen beziehungsweise eine Erwartungshaltung seitens der Stakeholder konkretisiert und formuliert zu werden, die den Druck auf die Berichtspraxis erhöht.
2. Inhalte
2.1 Auswirkungen der Corona-Pandemie auf nichtfinanzielle Aspekte
Die ESMA betont eingangs, dass die Corona-Pandemie weitreichende Auswirkungen auf die Aktivitäten von kapitalmarktorientierte Unternehmen hinsichtlich jener nichtfinanziellen Aspekte hat, auf welche sich die Berichtspflichten der (durch die CSR-Richtlinie [30] geänderten) Bilanz-Richtlinie [31] beziehen (Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, Achtung der Menschenrechte, Bekämpfung von Korruption und Bestechung). Die ESMA fordert die berichtspflichtigen Unternehmen im Rahmen ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung daher auf, Augenmerk auf die Offenlegung von möglichen Folgen und damit einhergehenden Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie (v. a. hinsichtlich der gesetzten Reaktionen) zu legen. Weiterhin sollen die Unternehmen laut der ESMA eine sorgfältige Bewertung vornehmen, wie die verschiedenen nichtfinanziellen Aspekte durch die Corona-Pandemie konkret beeinflusst wurden. [32] Demzufolge wird auf die geforderte methodische Basis beziehungsweise Systematik abgestellt, auf Grundlage welcher die Unternehmen ihre Berichtsinhalte ableiten und worüber sie entsprechende Nachweise gegenüber den enforcement-Behörden zu erbringen haben sowie hierauf bereits im Rahmen ihrer nichtfinanziellen Berichterstattungen eingehen sollten.
2.2 Sozial- und Arbeitnehmerbelange
Die ESMA legt diesbezüglich zunächst dar, dass die Relevanz der Transparenz in Arbeitnehmerbelangen weiter gestiegen sei, insbesondere mit Blick auf Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz. Zu den zentralen Themen zählt die ESMA den umfassenden Einsatz von remote working-Vereinbarungen sowie Strategien, um Mitarbeiter danach wieder an den Arbeitsplatz zu bringen. Als ebenso berichtsrelevant werden solche Maßnahmen genannt, die dazu dienen, die Einhaltung der Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften für diejenigen Mitarbeiter – auch entlang von Liefer- oder Vertragsketten – zu gewährleisten, die während der Corona-Pandemie in engem körperlichen Kontakt weiterarbeiten mussten. [33]
In diesem Zusammenhang empfiehlt die ESMA den berichtspflichtigen Unternehmen, Angaben zu ihren internen Leitlinien zu relevanten Arbeitnehmerbelangen einschließlich deren Umsetzung zu machen – v. a. auch, ob diese Leitlinien langfristig beibehalten werden sollen (z. B. zum remote-working). Die Unternehmen werden darüber hinaus von der ESMA aufgefordert anzugeben, welche Ziele sie in diese Belange gesetzt haben und wie sie deren Realisationsgrad messen (z. B. die sichere Rückkehr aller Mitarbeiter nach dem Ende der Corona-Pandemie). Zudem werden die Unternehmen dazu angehalten, jene Kriterien im Rahmen ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung offenzulegen, anhand derer andere Leistungsindikatoren zu Sozial- und Mitarbeiterbelangen (z. B. Ausfallsicherheit von IT-Infrastrukturen im Home-Office) ausgewählt und berichtet werden (d. h. erneut wird die Frage nach den angewandten Methoden zur Festlegung der Berichtsinhalte in den Vordergrund gerückt).
Letztlicht erinnert die ESMA die berichtspflichtigen Unternehmen daran, dass die Angaben zu Sozial- und Arbeitnehmerbelangen faktenbasiert sein und konkrete Verhaltensweisen nachweisen sollen – und führt als ein Beispiel etwaige eingerichtete Programme an, die zum Nutzen der Arbeitnehmer und der Allgemeinheit eingerichtet wurden, um Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu fördern. Im Sinne einer ausgewogenen Darstellung sollen dabei weder positive noch negative Aspekte unverhältnismäßige Betonung erhalten. [34]
2.3 Geschäftsmodell und Wertschöpfung
Zunächst führt die ESMA an, dass Unternehmen über ihr Geschäftsmodell berichten müssen – um hierbei den Berichtsadressaten ein Verständnis des Geschäftsmodells inkl. der im Rahmen dessen verfolgten Strategien zu ermöglichen sowie eine Einschätzung darüber, inwieweit sich nichtfinanzielle Belange unter Berücksichtigung der kurz-, mittel- und langfristigen Ziele hierauf auswirken (können). Als Orientierungspunkt nennt die ESMA die Leitlinien der EU-Kommission zur nichtfinanziellen Berichterstattung aus dem Jahr 2017, in dem sich weiterführende Vorschläge zu möglichen Angaben finden. Besonders wird dabei erneut die Anforderung betont, für eine nüchterne, faktenbasierte Darstellungsweise Sorge zu tragen. Des Weiteren fordert die ESMA die Unternehmen dazu auf, ihren Wertschöpfungsprozess mit ihren nichtfinanziellen Zielen zu verknüpfen. [35]
Vonseiten der Unternehmen soll nunmehr dargelegt werden, wie sich ihr Geschäftsmodell und ihre Wertschöpfungstätigkeit durch die Corona-Pandemie als „außerordentliches Ereignis“ verändert haben. Hierzu nennt die ESMA etwa die Inanspruchnahme staatlicher Unterstützung, die Zu- beziehungsweise Abnahme der Nachfrage für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen, die Störung von Wertschöpfungsketten sowie andere wesentliche Änderungen – und unterstreicht damit die Relevanz von möglichen Beeinträchtigungen des Wertschöpfungsprozesses durch die Corona-Pandemie sowie der gezeigten Krisenresilienz. Hierbei sind kurz-, mittel- und langfristige Folgen zu unterscheiden und gleichermaßen darzustellen. Weiterhin sollen die Unternehmen im Rahmen ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung offenlegen, ob und inwieweit Maßnahmen getroffen wurden, das Geschäftsmodell an die Auswirkungen der Corona-Pandemie anzupassen – und wie sich dies auf die finanzielle und nichtfinanzielle Leistung des Unternehmens ausgewirkt hat. Schließlich wird die verknüpfte Darstellung von finanziellen und nichtfinanziellen Folgen der Corona-Pandemie betont. [36]
2.4 Risiken durch den Klimawandel
Ungeachtet der Corona-Pandemie betont die ESMA weiterhin die Relevanz von Umweltfragen und insbesondere von Maßnahmen zur Verhinderung beziehungsweise Milderung der negativen Folgen des Klimawandels und des Risikos eines Anstiegs der weltweiten Durchschnittstemperatur über 1,5 Grad Celsius. Hierbei wird an die für das Geschäftsjahr 2019 verlautbarten Prüfungsschwerpunkte angeknüpft. [37]
Diesbezüglich fordert die ESMA von den Unternehmen konkrete Angaben dazu ein, welche Chancen und Risiken mit dem Klimawandel kurz-, mittel- und langfristig einhergehen können – und welche Maßnahmen als Reaktion hierauf initiiert wurden. Für weitergehende Leitlinien verweist die ESMA auf die Leitlinien der EU-Kommission zur klimabezogenen Berichterstattung aus dem Jahr 2019. [38] Ferner soll auch darüber berichtet werden, ob und inwieweit bestimmte klimabezogene Ziele (nicht) erreicht werden können beziehungsweise welche Unsicherheiten hiermit verbunden sind. [39]
Obschon die ESMA in diesem Punkt keinen expliziten Bezug zur Corona-Pandemie herstellt, wird den angesprochenen Prüfungsschwerpunkten diesbezüglich erneut besondere Bedeutung zukommen. So zeigten sich gerade Umweltbelange von den Krisenfolgen betroffen – z. B. durch eingesparte CO 2-Emissionen in Folge der Lockdowns, die wiederum auf die gesetzten Ziele der Unternehmen Auswirkungen haben können. Dass seitens der europäischen Normengeber und Aufsichtsbehörden Augenmerk auf klimabezogene Informationen gelegt wird, brachte eine Vielzahl an Verlautbarungen der jüngeren Vergangenheit zum Ausdruck. [40] Die berichtspflichtigen Unternehmen werden daher nicht umhinkommen, in ihren Darstellungen zu Umweltbelangen auf die Corona-Pandemie und ihre Folgen sorgfältig einzugehen.
3. (Nicht-)Übernahme der ESMA-Prüfungsschwerpunkte durch die DPR
Für berichtspflichtige Unternehmen in Deutschland sind die Verlautbarungen der ESMA zu den Prüfungsschwerpunkten im Rahmen des enforcement nur von mittelbarer Bedeutung. Von entsprechend großem Interesse war daher die Verlautbarung der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) zu den nationalen Prüfungsschwerpunkten 2021 vom . [41] Wie bereits bei den nationalen Prüfungsschwerpunkten 2020 [42] fand die nichtfinanzielle Berichterstattung allerdings auch für dieses Jahr keine Erwähnung.
Die offensichtlich geringe Bedeutung, die der nichtfinanziellen Berichterstattung durch die DPR beigemessen wird, war bereits Gegenstand weitergehender Untersuchungen im Schrifttum. [43] Begründet liegt dies offenbar in einem spezifischen (und durchaus zu hinterfragenden) [44] Verständnis zum Prüfungsgegenstand des enforcement, das sich an der Prüfungsintensität für die Abschlussprüfung orientiert – was einer vertiefenden inhaltlichen Befassung mit den von den Unternehmen aufgestellten nichtfinanziellen Berichterstattungen entgegensteht. [45] Dies unterstreicht den Umstand, dass auf deutsche Unternehmen aus dieser Richtung gegenwärtig nur wenig Druck zur Weiterentwicklung ihrer Rechnungslegung ausgeübt wird. [46]
Daraus zu schließen, dass die verlautbarten Prüfungsschwerpunkte der ESMA ohne Folgen für die deutschen Unternehmen bleiben, ginge jedoch zu weit. Einerseits sind die darin enthaltenen Aufforderungen an die berichtspflichtigen Unternehmen als sachlich begründete Befassungen mit den Implikationen der Corona-Pandemie für die nichtfinanzielle Berichterstattung zu verstehen. Andererseits verleihen sie der Forderung nach einer angemessenen Darstellung dieser Implikationen in der nichtfinanziellen Berichterstattung auch besondere Sichtbarkeit gegenüber den Stakeholdern der Unternehmen, die Fragen hierzu beispielsweise im Rahmen der anstehenden Jahreshauptversammlungen kritisch zur Sprache bringen können. Jedenfalls sehen sich die berichtspflichtigen Unternehmen in Deutschland u. a. bereits wegen der ESMA-Verlautbarung faktisch mit entsprechend hohen Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung konfrontiert. Im Falle freiwilliger externer (inhaltlicher) Prüfungen, wie es sich inzwischen als weitverbreitete Praxis etabliert hat, [47] wird daher schon vom beauftragten Prüfungsdienstleister entsprechendes Augenmerk auf die vom Unternehmen dazu getätigten Angaben zu legen sein – aus praktischen Überlegungen heraus naheliegenderweise unter Rückgriff auf die Ausführungen der ESMA, die hierfür checklistenartig genutzt werden können.
V. Zusammenfassung
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Die Corona-Pandemie fiel mitten in die Berichtssaison für das Geschäftsjahr 2019. Durch sie wurden Bilanzierungs- und Bewertungsfragen aufgeworfen. Gleichwohl ergeben sich durch die Corona-Pandemie weitreichende Auswirkungen auf die nichtfinanzielle Berichterstattung.
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Mit Blick auf die nun bevorstehende Berichtssaison für das Geschäftsjahr 2020 ist mit einem deutlicheren Bezug zur Corona-Pandemie und den damit verbundenen Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten in dieser nichtfinanziellen Berichterstattung zu rechnen.
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Die ESMA hebt die Bedeutung der Corona-Pandemie durch ihre im Oktober 2020 veröffentlichten Prüfungsschwerpunkte für die bevorstehende Berichtssaison hervor. Dabei konkretisiert die ESMA die Implikationen der Corona-Pandemie für die nichtfinanzielle Berichterstattung. In den Prüfungsschwerpunkten der DPR wurden diese Ausführungen jedoch (erneut) nicht übernommen.
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Ausgehend von den vorangestellten Ausführungen sind dennoch auch berichtspflichtige Unternehmen in Deutschland dazu angehalten, den Berichtsadressaten entscheidungsrelevante Informationen zu den Folgen der Corona-Pandemie für ihre Nachhaltigkeitsleistung zur Verfügung zu stellen.
Autoren
Fundstelle(n):
PiR 2/2021 Seite 40
NWB CAAAH-70079
1Vgl. IDW, Fachlicher Hinweis: Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung zum Stichtag und deren Prüfung, , derzeit abrufbar unter: http://go.nwb.de/azwtl. Diesbezüglich stellt das IDW fest, dass es sich bei der Corona-Pandemie grundsätzlich um ein nicht zu berücksichtigendes Ereignis nach dem Stichtag () handelt.
2Vgl. etwa Rimmelspacher/Kliem, WPg 2020 S. 381 ff.; Rinker, StuB 2020 S. 256 ff. NWB QAAAH-45349; Müller/Reinke, DB 2020 S. 961 ff.; Rinker, PiR 2020 S. 167 ff. NWB UAAAH-46619; Wulf, DStZ 2020 S. 350 ff.; Schneider, DK 2020 S. 186 ff.; Wulf, DStZ 2020 S. 479 ff.; Kolb/Meinhövel, DB 2020 S. 1527 ff.; Müller/Reinke, BC 2020 S. 460 ff.; Zwirner/Zimny/Vodermeier, StuB 2020 S. 1 ff. NWB UAAAH-62336.
3Vgl. Baumüller, IRZ 2020 S. 299 ff. und Baumüller, CFOaktuell 2020 S. 130 ff., weiterhin Milla/Sternisko, RWZ 2020 S. 132 ff.
4So auch Baumüller, CFOaktuell 2020 S. 130.
5Vgl. Europäische Kommission, Mitteilung: Der europäische Grüne Deal, COM(2019) 640 final vom .
6Vgl. dazu insbesondere Baumüller, IRZ 2020 S. 300.
7Die Grundsatzrede ist derzeit abrufbar unter: http://go.nwb.de/1qji7.
8Vgl. statt vieler nur Fischer, PiR 2020 S. 141 NWB XAAAH-44849.
9IDW, Fachlicher Hinweis: Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung zum Stichtag und deren Prüfung, , S. 2 (mit eigener Hervorhebung).
10Siehe hierzu v. a. Baumüller/Scheid, PiR 2020 S. 122 NWB OAAAH-44852.
11Vgl. Baumüller, Nichtfinanzielle Berichterstattung, Wien 2020, S. 54 ff.
12Vgl. weiterführend zur Prognosequalität im Rahmen von Nachhaltigkeitsberichten z. B. Axjonow/Pott/Square, KoR 2017 S. 26 ff.; zu den dazugehörigen Determinanten Ruhnke/Heinrichs/Adomeit, KoR 2018 S. 283 ff.
13Vgl. ausführlich zu den GoL im Kontext der nichtfinanziellen Berichterstattung Sopp/Baumüller/Scheid, Die nichtfinanzielle Berichterstattung – Berichtspflichten und -inhalte, 1. Aufl. 2021, im Erscheinen.
14Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für die Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen (Methode zur Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen), ABl EU 217 Nr. C 215 S. 8.
15So auch Baumüller, IRZ 2020 S. 303.
16Vgl. IDW, Fachlicher Hinweis: Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung zum Stichtag und deren Prüfung, , S. 4.
17BASF, Konzernlagebericht 2019, S. 133, derzeit abrufbar unter: http://go.nwb.de/csvlr.
18Siemens, Geschäftsbericht 2020, S. 41, derzeit abrufbar unter: http://go.nwb.de/dwq5d.
19Vordergründig bezieht sich dies v. a. auf den gängigen Berichtsstichtag zum . Bei hiervon abweichenden Berichtsstichtagen sind zumindest jene ab dem von Relevanz.
20Z. B. Fishman/Hatch/Allison-Hope, Early sustainability reporting lessons from COVID-19, derzeit abrufbar unter: http://go.nwb.de/wcay2.
21So auch Baumüller, IRZ 2020 S. 305.
22Vgl. zum Integrated Reporting statt vieler nur Schmidt, DB 2020 S. 796 ff.
23Der Leitfaden des IRC ist momentan abrufbar unter: http://go.nwb.de/tb9fd.
24Vgl. Baumüller, IRZ 2020 S. 301.
25So auch Baumüller, CFOaktuell 2020 S. 131.
26Vgl. ESMA, Public Statement: European common enforcement priorities for 2020 annual financial reports, , ESMA32-63-1041, derzeit abrufbar unter: http://go.nwb.de/rzfnc.
27Siehe hierzu bereits Baumüller, IRZ 2020 S. 147 ff.
28Vgl. Baumüller, BÖB-Journal 2/2020 S. 64 ff.
29Siehe dazu ESMA, Report: Enforcement and regulatory activities of European enforcers in 2019, , ESMA32-63-846, Tz. 136 ff., derzeit abrufbar unter: http://go.nwb.de/1288d.
30Vgl. Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen, ABl EU 2014 Nr. L S. 1 ff.
31Vgl. Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, ABl EU 2013 Nr. L 182 S. 19 ff.
32Vgl. ESMA, Public Statement: European common enforcement priorities for 2020 annual financial reports, , ESMA32-63-1041, S. 10.
33Vgl. ESMA, Public Statement: European common enforcement priorities for 2020 annual financial reports, , ESMA32-63-1041, S. 10.
34Vgl. ESMA, Public Statement: European common enforcement priorities for 2020 annual financial reports, , ESMA32-63-1041, S. 11.
35Vgl. ESMA, Public Statement: European common enforcement priorities for 2020 annual financial reports, , ESMA32-63-1041, S. 12.
36Vgl. ESMA, Public Statement: European common enforcement priorities for 2020 annual financial reports, , ESMA32-63-1041, S. 12.
37Vgl. ESMA, Public Statement: European common enforcement priorities for 2020 annual financial reports, , ESMA32-63-1041, S. 12.
38Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für die Berichterstatung [sic!] über nichtfinanzielle Informationen: Nachtrag zur klimabezogenen Berichterstattung, Abl. EU C 209 vom , S. 1 ff.
39Vgl. ESMA, Public Statement: European common enforcement priorities for 2020 annual financial reports, , ESMA32-63-1041, S. 13.
40Siehe hierzu auch Baumüller/Scheid/Kotlenga, DK 2020 S. 386 ff.
41Vgl. DPR, Prüfungsschwerpunkte 2021, , derzeit abrufbar unter: http://go.nwb.de/lzyrd.
42Vgl. DPR, Prüfungsschwerpunkte 2020, , derzeit abrufbar unter: http://go.nwb.de/77pdf.
43Siehe hierzu jüngst Schmidt, KoR 2020 S. 328.
44Siehe Kleindiek, in: Dicken/Fehrenbacher/Hennrichs/Kleindiek/Watrin (Hrsg.), BeckOGK, 2020, § 289b Tz. 55 ff.
45Für eine weitergehende Diskussion siehe Sopp/Baumüller/Scheid, Die nichtfinanzielle Berichterstattung – Berichtspflichten und -inhalte, 1. Aufl. 2021, im Erscheinen.
46Vgl. (auch weiterführend) Baumüller, IRZ 2020 S. 154.
47Z. B. BDO/Kirchhoff, Quo vadis? – Die nichtfinanzielle Berichterstattung im DAX 160, , S. 16, derzeit abrufbar unter http://go.nwb.de/ogqio.