Nießbrauchsgestaltungen im Rahmen der Übergabe eines Einzelunternehmens
Darstellung bilanzieller Folgen anhand verschiedener Fallkonstellationen
Die Vereinbarung eines sog. Vorbehaltsnießbrauchs stellt im Rahmen der Übergabe unternehmerischer Einheiten zu Lebzeiten ein klassisches Gestaltungsinstrument dar. Nachdem der X. Senat des BFH allerdings mit Urteil v. - X R 59/14 (BStBl 2019 II S. 730) entschieden hatte, dass unentgeltliche Übertragungen nur bei Beendigung der gewerblichen Tätigkeit des übergebenden Unternehmers steuerneutral bleiben, herrschte in der Praxis lange Zeit Unsicherheit. Der neue Anwendungserlass der Finanzverwaltung v. (BStBl 2019 I S. 1291) zu § 6 Abs. 3 EStG bringt insoweit zwar Rechtssicherheit im Rahmen der Übertragung von Mitunternehmeranteilen unter Nießbrauchsvorbehalt. Einzelunternehmen bekommen jedoch „Steine statt Brot“, da das BMF-Schreiben für diese die Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze des BFH-Urteils festschreibt. Anlässlich des Anwendungsschreibens sollen im nachfolgenden Beitrag anhand verschiedener Praxisbeispiele die bilanziellen Auswirkungen von verschiedenen Fallgestaltungen im Rahmen der Übergabe eines Einzelunternehmens dargestellt und sich in diesem Zusammenhang aktuell aufzeigende Streitpunkte erläutert werden.
Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .
I. Reaktion der Finanzverwaltung auf BFH-Rechtsprechung
Am hat die Finanzverwaltung ihr – mehrfach angekündigtes – neues Anwendungsschreiben zu Zweifelsfragen im Zusammenhang mit § 6 Abs. 3 EStG veröffentlicht ( BStBl 2019 I S. 1291) und damit insbesondere auf die Rechtsprechung des IV. Senats des , BStBl 2019 II S. 715) zu sog. Ausgliederungsmodellen und dem Verhältnis der Anwendungsregelungen des § 6 Abs. 3 EStG zu denen des § 6 Abs. 5 EStG reagiert. Mit seinem aktualisierten Schreiben gibt das BMF das Mantra des „Gesamtplans“ nunmehr auf (s. hierzu Kraft, NWB 1/2020 S. 20).
Daneben nimmt die Finanzverwaltung erstmalig zu Fallgestaltungen der Übertragung eines Mitunternehmeranteils unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts Stellung. Wird der neue Gesellschafter in diesen Fällen Mitunternehmer, soll der Nießbrauchsvorbehalt der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegenstehen. Damit beendet die Finanzverwaltung die aufgrund der Entscheidung des X. Senats des , BStBl 2019 II S. 730) entstandene Rechtsunsicherheit in den entsprechenden Fällen der Übertragung eines (Teil-)Mitunternehmeranteils unter Nießbrauchsvorbehalt. Der BFH stützte seine Entscheidung auf das Argument, die Fortführung der Buchwerte gem. § 6 Abs. 3 EStG setze neben der Übertragung des Betriebsvermögens voraus, dass der Übertragende seine gewerbliche Tätigkeit einstellt. Dieser Grundsatz gelte nicht nur bei einem aktiv tätigen, sondern auch bei einem verpachteten (aber noch nicht aufgegebenen) Gewerbebetrieb (s. im Einzelnen Kraft, NWB 39/2017 S. 2972).
Davon abgesehen erkennt die Finanzverwaltung die Grundsätze des (BStBl 2019 II S. 730) für Fälle der Übertragung eines Einzelbetriebs mit gewerblichen Einkünften nach § 15 EStG aber ausdrücklich an. Eine Beschränkung der Rechtsprechungsgrundsätze auf Fälle der Verpachtung eines Gewerbebetriebs im Ganzen ist u. E. den Ausführungen im BMF-Schreiben nicht zu entnehmen (a. A. wohl Schiffers, Ubg 2020 S. 48).
Die Praxis muss sich u. E. daher darauf einstellen, dass die Finanzverwaltung die Urteilsgrundsätze in entsprechenden Übergabefällen anwenden wird. Problematisch ist, dass der BFH in seiner Entscheidung offengelassen hat, was er als im Rahmen des übertragenen Betriebs ausgeübte Tätigkeit versteht und wie die Fälle eines Nießbrauchs an funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen zu beurteilen sind. Daneben ergeben sich Folgefragen der bilanziellen Auswirkung der Nießbrauchsbestellung sowohl beim Berechtigten als auch beim Besteller. Im Folgenden werden daher exemplarisch verschiedene praxisrelevante Fallkonstellationen einem strukturiertem Lösungsansatz zugeführt.
II. Vorbehaltsnießbrauch am verpachteten Gewerbebetrieb
Der nachfolgende Fall ist dem der Entscheidung des (BStBl 2019 II S. 730) zugrunde liegenden Sachverhalt nachgebildet. Hier ergeben sich insbesondere für die Folgezeit nach der Nießbrauchsbestellung (die nicht mehr Gegenstand der BFH-Entscheidung war) Fragen bezüglich der bilanziellen Auswirkungen. Dies betrifft sowohl den Nießbraucher, der seinen Betrieb kraft Tätigkeit fortführt, als auch den Nießbrauchsbesteller, für den sich bei Wegfall des Nießbrauchs die Frage nach dem Einlagewert stellt.
1. Sachverhalt
Mutter (M) verpachtet einen Schreinereibetrieb im Ganzen an einen fremden Dritten. Sie erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Verpächter-Wahlrecht). Einzige wesentliche Betriebsgrundlage ist das Betriebsgrundstück (Teilwert = 1 Mio. €). Das Betriebsgrundstück war in der Bilanz der M mit folgenden Buchwerten enthalten:
-
Grund und Boden: 100.000 €
-
Gebäude: 340.000 € (ursprüngliche Anschaffungs-/Herstellungskosten = 400.000 €)S. 719
Zum überträgt sie den Gewerbebetrieb im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf den Sohn (S). Allerdings behält sie sich den Nießbrauch am Gewerbebetrieb vor. M vermietet folglich weiterhin den Betrieb an den fremden Dritten.
2. Lösung (nach ) auf Ebene der M
a) Übertragung des Betriebs zum
Nach § 6 Abs. 3 EStG hat der Betriebsübergeber das Betriebsvermögen (zum Übertragungstag) mit dem Buchwert zu bewerten, wenn Gegenstand der Übertragung ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil ist und die Übertragung unentgeltlich erfolgt. Zweifelsfrei kann auch ein ruhender, verpachteter oder noch nicht aufgegebener Betrieb Übertragungsgegenstand des § 6 Abs. 3 EStG sein.
Nach Auffassung des X. Senats des BFH setzt die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG aber auch in diesem Fall zusätzlich voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt, da der Begriff des Betriebs nicht allein gegenstands-, sondern zugleich tätigkeitsbezogen zu verstehen sei. Hierbei macht es nach Auffassung des BFH keinen Unterschied, ob der übertragene Betrieb aktiv betrieben wird oder ob es sich um einen ruhenden Betrieb in Form eines Verpachtungsbetriebs handelt (vgl. hierzu Kraft, NWB 27/2017 S. 2008).
Da M ihre Tätigkeit – das Verpachten – nicht einstellt, greift somit der Tatbestand des § 6 Abs. 3 EStG nicht. Dies bedeutet, dass nach Auffassung des BFH aufgrund der tätigkeitsbezogenen Auslegung der Norm gerade keine Übertragung einer Sachgesamtheit vorliegt.
Etwas anderes würde bei der Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gelten. Die Einstellung oder Beendigung der Tätigkeit soll aufgrund der spezifischen Auslegung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsbegriffs im Bereich der unentgeltlichen Betriebsübertragung gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG keine Rolle spielen. In diesem Fall würde es bei der Übergabe unter Nießbrauchsvorbehalt zu einer Verdoppelung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs kommen – eines „ruhenden“ Betriebs beim Übernehmenden und eines „wirtschaftenden“ Betriebs in den Händen des Nießbrauchsberechtigten (vgl. , BStBl 2019 II S. 660).
M führt somit ihren Betrieb in „verkleinerter“ Form fort. Die aus dem Nießbrauch erhaltenen Vermietungs- und Verpachtungseinnahmen sind ihr als gewerbliche Einkünfte gem. § 15 EStG zuzurechnen.
Die Übertragung des Grundstücks (und etwaiger weiterer Wirtschaftsgüter) unter Vorbehaltsnießbrauch auf S stellt eine gewinnrealisierende Entnahme dar, da die unentgeltliche Übertragung aus persönlichen Gründen ein privater Vorgang ist, der nur im außerbetrieblichen Bereich vollzogen werden kann. Der Vorbehalt des Nießbrauchs hat nicht zur Folge, dass nur ein Teil der ideellen Grundstückshälfte aus dem Betriebsvermögen entnommen worden ist. Eigentum und Nießbrauch sind auch nicht teilweise identisch. Das Nießbrauchsrecht ist vielmehr mit der Bestellung im privaten Vermögensbereich neu entstanden (vgl. , BStBl 2019 II S. 730, m. w. N.).
Die Entnahme ist nach den allgemeinen Grundsätzen mit dem Teilwert zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG). Es ergibt sich für M ein Entnahmewert in Höhe von 1 Mio. € und folglich ein Entnahmegewinn in Höhe von 560.00 €.
Entnahmewert
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1.000.000 €
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./. Buchwert Grund und Boden
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100.000 €
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./. Buchwert Gebäude
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340.000 €
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Entnahmegewinn
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560.000 €
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Als Alternative zum Nießbrauch am Einzelunternehmen bietet es sich an, das Einzelunternehmen im Vorfeld der Übertragung noch steuerneutral i. S. des § 24 UmwStG in eine Ein-Personen-Gesellschaft (GmbH & Co. KG) einzubringen. In einem nachgelagerten Schritt kann dann in Anwendung der Grundsätze des (BStBl 2019 I S. 1291) eine Übertragung des Mitunternehmeranteils unter Bestellung eines Unternehmensnießbrauchs erfolgen. Zu beachten ist jedoch, dass die Finanzverwaltung verlangt, dass der neue Gesellschafter in diesen Fällen Mitunternehmer wird. Da nach der aktuellen Rechtsprechung des BFH für einen zivilrechtlichen Gesellschaftsanteil an einer Personengesellschaft entweder nur der zivilrechtliche Inhaber oder ein anderer aufgrund wirtschaftlichen Eigentums Mitunternehmer sein kann – nicht jedoch beide gemeinsam (vgl. , NWB HAAAG-64228; v. - IV R 10/17, NWB QAAAG-97089) –, sollte in solchen Fällen erwogen werden, den Vorbehaltsnießbraucher mit einer geringen Quote (z. B. 1 %) an der Mitunternehmerschaft beteiligt bleiben zu lassen.
b) Folgezeit ab
Da M ihre Tätigkeit nicht einstellt, besteht ihr Gewerbebetrieb „kraft Tätigkeit“ fort. Da das Grundstück (und etwaige weitere Wirtschaftsgüter) aufgrund der unentgeltlichen Übertragung entnommen wurde und das Nießbrauchsrecht zeitlich nach der Entnahme im Privatvermögen entsteht, sind zumindest für eine logische Sekunde keine Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen.
Der Gewinn, der dem Nießbraucher zivilrechtlich zusteht, muss nicht identisch sein mit dem steuerlichen Gewinn, der ihm zuzurechnen ist. Die h. M. geht davon aus, dass der Nießbraucher grundsätzlich nur den entnahmefähigen Gewinn versteuern muss (vgl. Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 2 EStG Rz. 241 f.). Für die im Folgenden zu betrachtenden Bilanzierungsfragen ist dies jedoch unerheblich.
aa) Einlage des Nießbrauchsrechts bzw. Aufwandsverteilungsposten
Da das Nießbrauchsrecht von M in der Form ausgeübt wird, dass sie das Grundstück weiterhin an den fremden Dritten verpachtet, erfolgt eine betriebliche Verwendung (die Verpachtung ist die von M nicht eingestellte gewerbliche Tätigkeit).
Nach einer Meinung in der Fachliteratur und Rechtsprechung führt dies zu einer Einlage des Nutzungsrechts ins Betriebsvermögen (vgl. z. B. Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht, 12. Aufl. 2019, Rz. 1168; Grote in Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, 117. Lfg., § 7 EStG Rz. 115; , NWB KAAAB-10911). Nach anderer – u. E. vorzugswürdigen – Auffassung scheitert eine Einlage an der Rechtsprechung des BFH zu Nutzungsvorteilen bzw. Nutzungsrechten (vgl. z. B. Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 7 EStG, Rz. 119; Kulosa in Schmidt, EStG, § 7 Rz. 64; Urbach, Kösdi 2014 S. 18972).
Beide Auffassungen gelangen jedoch zu demselben Ergebnis, dass M weiterhin AfA nur in Höhe der von ihr getragenen tatsächlichen Aufwendungen vornehmen kann. Die Auffassung, die eine Einlage annimmt, geht bezüglich deren Bewertung von einer Nichtanwendbarkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG aus und deckelt den Einlagewert auf den Restbuchwert der M (vgl. hierzu auch , BStBl 1988 II S. 348; , BStBl 1989 II S. 763; FG Münster, Urteil S. 721v. - 1 K 4115/99 F, NWB KAAAB-10911). Die – vorzugswürdige – Gegenauffassung argumentiert mit den Grundsätzen des Eigenaufwands und der hierzu ergangenen Rechtsprechung. M kann demnach zwar die von ihr tatsächlich getragenen Kosten, die sich bisher noch nicht gewinnmindernd ausgewirkt haben, als Betriebsausgabe abziehen. Der Aufwand wird bilanziell aber wie ein materielles Wirtschaftsgut bzw. als Aufwandsverteilungsposten behandelt und kann nur nach AfA-Grundsätzen geltend gemacht werden (vgl. z. B. Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 7 EStG Rz. 119; Kulosa in Schmidt, EStG, § 7 Rz. 64; , BStBl 1995 II S. 281).
Im Fall des Erlöschens des Nießbrauchs wird übrigens einhellig vertreten, dass keine stillen Reserven entstehen (entweder aufgrund einer erfolgsneutralen Ausbuchung des Nutzungsrechts oder da ohnehin nur ein Aufwandsverteilungsposten aktiviert war).
Bezogen auf den Beispielsfall bedeutet dies: Nach der hier vertretenen Auffassung wird das Nutzungsrecht nicht eingelegt. Es werden lediglich die noch nicht abgesetzten Anschaffungs-/Herstellungskosten der M (hier: Restbuchwert Gebäude = 340.000 €) als Aufwandsverteilungsposten in der Bilanz der M erfasst und abgeschrieben.
bb) AfA-Ermittlung
Die AfA ist nach den für Gebäude maßgeblichen Grundsätzen zu ermitteln (vgl. , BStBl 1995 II S. 281; Urbach, Kösdi 2014 S. 18972). Hiervon ausgehend müssten u. E. jedoch auch die Grundsätze des (BStBl 2016 II S. 976) anzuwenden sein (a. A. wohl Kulosa in Schmidt, EStG, § 7 Rz. 64 im Beispielsfall). Demnach ist für die Bestimmung des AfA-Satzes maßgebend, ob das übertragene Gebäude beim tatsächlichen (rechtlichen und wirtschaftlichen) Eigentümer Privat- oder Betriebsvermögen ist. Nur im letztgenannten Fall ist AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in Höhe von 3 % p. a. zulässig.
Da vorliegend sämtliche Wirtschaftsgüter des verpachteten Gewerbebetriebs einzeln auf S übertragen werden, ist das Gebäude bei diesem im Privatvermögen (s. unten). M kann somit (anders als bisher) die lineare AfA nur in Höhe von 2 % der ursprünglichen Anschaffungs-/Herstellungskosten geltend machen (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG). Dies entspricht 8.000 € (2 % x 400.000 €).
Somit ergibt sich zum für den Aufwandsverteilungsposten ein Restbuchwert in Höhe von 332.000 €.
Aufwandsverteilungsposten
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340.000 €
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./. AfA 02 (= 2 % von 400.000 €)
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8.000 €
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= Aufwandsverteilungsposten
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332.000 €
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3. Lösung auf Ebene des S
Bei S kommen die Wirtschaftsgüter im Privatvermögen an (s. oben; die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG liegen nicht vor). Fraglich ist, ob S Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt und falls ja, ob die Wirtschaftsgüter in den nießbrauchsbelasteten Gewerbebetrieb einzulegen sind.
a) Keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Ob S Einkünfte aus Gewerbebetrieb erwirtschaftet, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Voraussetzung sind somit Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko. Zumindest, wenn S in der Lage ist, durch seine Verfügungsbefugnisse über das Anlagevermögen einen wesentlichen Einfluss auf das Unternehmen auszuüben, wird S. 722vertreten, dass von einer ausreichenden Unternehmerinitiative auszugehen ist (vgl. Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 2 EStG Rz. 241). Das Unternehmerrisiko dürfte dagegen stets gegeben sein, da S die Wertveränderungen des Anlagevermögens treffen.
Typischerweise (d. h. vorbehaltlich anderweitiger Abreden bzw. Vereinbarungen) besitzt S u. E. aber keine ausreichenden Verfügungsbefugnisse. Alleiniges Anlagevermögen und somit einzige wesentliche Betriebsgrundlage wäre das Betriebsgrundstück. Das Nutzungsrecht hieran ist dinglich gesichert und gilt somit gegenüber jedermann. Der Nießbrauch der M bleibt also auch bestehen, wenn S das Betriebsgrundstück veräußern würde. Somit hätte die Veräußerung für den fortgeführten Gewerbebetrieb der M keine Auswirkung. Die Verfügungsbefugnisse des S reichen u. E. folglich nicht aus, einen wesentlichen Einfluss auf das Unternehmen auszuüben (a. A. wohl Hübner/Fritz, DStR 2017 S. 2353, die auf eine entsprechende Anwendung der Kontrollrechte nach § 233 HGB abstellen. Fraglich wäre nach dieser Auffassung dann eine Subsumtion der Übergabe als Fall der Aufnahme in ein Einzelunternehmen gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG).
Mangels Gewerbebetriebs sind somit die übergegangenen Wirtschaftsgüter, zumindest solange der Nießbrauch besteht, dem Privatvermögen des S zuzurechnen.
b) Einlage erst bei Wegfall des Nießbrauchs
Nach der Logik des X. Senats des BFH führt M über den Zeitraum des ihr zustehenden Unternehmensnießbrauchs den Betrieb ihres Einzelunternehmens fort. Dass die ursprünglich diesem Gewerbebetrieb zugeordneten wesentlichen Betriebsgrundlagen bereits übertragen (bzw. entnommen) wurden, steht der Unternehmensfortführung nicht entgegen. Folglich ist jedoch der Betrieb als Sachgesamtheit i. S. des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG u. E. noch existent. Konsequenz dieses „Betriebs kraft Tätigkeit“ ist, dass bei Beendigung des Nießbrauchs (z. B. wegen Tod der M) dieser Betrieb auf S übergeht. Erfolgt diese Übertragung unentgeltlich, ist der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 EStG somit eröffnet, soweit S den Verpachtungsbetrieb fortführt. Sollten im Betriebsvermögen der M weitere Wirtschaftsgüter vorhanden sein, erfolgt keine Aufdeckung der stillen Reserven. Der Übergang erfolgt zwingend zu Buchwerten (das Nießbrauchsrecht bzw. der Aufwandsverteilungsposten ist aber gewinnneutral auszubuchen, s. oben II, 2, b, aa).
Die verpachteten, (seit ) im Eigentum des S stehenden Wirtschaftsgüter werden dann bei diesem notwendiges Betriebsvermögen. Sie sind im Zeitpunkt des Fortfalls des Nießbrauchs gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG mit dem dann zu diesem Zeitpunkt gegebenen Teilwert einzulegen (vgl. auch Gluth, EStB 2017 S. 403).
Auch wenn die Einlage innerhalb von drei Jahren nach der Entnahme durch M erfolgt, kommt eine Bewertung zum Entnahmewert i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 EStG nicht in Betracht. Die Norm setzt nach ihrem Wortlaut Identität zwischen dem Entnehmenden und Einlegenden voraus (vgl. Eckstein in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6 EStG Rz. 886).
Der Einlagewert stellt auch die künftige AfA-Bemessungsgrundlage dar. Eine Minderung bzw. Deckelung der AfA-Bemessungsgrundlage nach § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG kommt nicht in Betracht. Die Norm würde voraussetzen, dass das Wirtschaftsgut vor seiner Einlage in das Betriebsvermögen zur Erzielung von Überschusseinkünften genutzt worden ist. S hat das Grundstück jedoch (wegen des bestellten Nießbrauchs) gar nicht zur Einkunftserzielung genutzt und M hat keine Überschusseinkünfte erzielt, sondern Gewinneinkünfte (vgl. hierzu auch , BStBl 2016 II S. 976).S. 723
III. Vorbehaltsnießbrauch am aktiven Gewerbebetrieb
Wie bereits dargestellt, gelten die Grundsätze des (BStBl 2019 II S. 730) auch für aktive Betriebe. In diesen Konstellationen rückt besonders die Problematik eines vorhandenen Geschäftswerts in den Vordergrund.
1. Sachverhalt
Mutter (M) betreibt eine Schreinerei. Sie erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Bilanz hat zum folgendes Bild (Teilwerte in Klammern):
Bilanz
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Grund und Boden
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(500.000 €) 100.000 €
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Eigenkapital
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500.000 €
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Gebäude
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(500.000 €) 340.000 €
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Verbindlichkeiten
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200.000 €
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Sonstiges Anlagevermögen
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(300.000 €) 260.000 €
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Geschäftswert
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(100.000 €) 0 €
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Zum überträgt sie den Gewerbebetrieb im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf den Sohn (S). Allerdings behält sie sich den (Voll-)Nießbrauch am Gewerbebetrieb vor und erfüllt somit weiterhin alle Merkmale eines Unternehmers.
2. Lösung auf Ebene der M
a) Übertragung des Betriebs zum
Nach der Rechtsprechung des BFH gilt für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG im Zusammenhang mit einer unentgeltlichen Übertragung für einen aktiv wirtschaftenden Betrieb nichts anderes als für den verpachteten Gewerbebetrieb. Auch in diesen Fällen soll die Einstellung der Tätigkeit ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal für eine steuerneutrale Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 3 EStG sein (vgl. , BStBl 2019 II S. 730).
Das FG Münster hat die Auffassung, dass der Vorbehaltsnießbrauch an einem Gewerbebetrieb der Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 3 EStG entgegenstehe, mit Urteil v. - 11 K 4132/15 E,G (NWB EAAAH-40778) auch für den Fall der Übergabe eines „aktiven“ Betriebs bestätigt. Der X. Senat des BFH wird in dem unter Az. X R 35/19 anhängigen Revisionsverfahren die Möglichkeit erhalten, seine Rechtsprechung dahingehend zu konkretisieren.
Die Einstellung der Tätigkeit ist vorliegend offensichtlich nicht der Fall, da M die Schreinerei (nunmehr als Nießbrauchsberechtigte) weiter betreibt. M überträgt die Wirtschaftsgüter des Gewerbebetriebs unentgeltlich auf S. Dieser Vorgang vollzieht sich auf der privaten Vermögensebene (s. oben II, 2, a). Folglich liegt eine Entnahme sämtlicher Wirtschaftsgüter vor, die nach den allgemeinen Grundsätzen mit dem Teilwert zu bewerten ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG). Bezüglich des Umlaufvermögens folgt dieser Entnahme jedoch wieder eine Einlage in das Betriebsvermögen der M, da dem Nießbraucher das Eigentum für „verbrauchbare Sachen“ gem. § 1067 BGB zuzurechnen ist (vgl. hierzu Korn, DStR 1999 S. 1469).S. 724
Fraglich ist indes, ob auch der Geschäftswert entnommen wird. Zwar ist es gefestigte Rechtsprechung, dass es ausnahmsweise auch zu einer Realisation der stillen Reserven im Geschäftswert kommen kann, wenn die Übertragung nicht in Form einer Veräußerung, sondern durch eine Privatisierung (Entnahme, § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) und anschließende unentgeltliche Überführung (verdeckte Einlage) in ein anderes Betriebsvermögen bewirkt wird (vgl. hierzu , BStBl 2005 II S. 378; v. - VIII R 17/85, BStBl 1991 II S. 512; , NWB SAAAH-27764). Der Entnahme des Geschäftswerts aus dem (fortgeführten) Betrieb der M müsste hiernach aber eine logische Sekunde später die entsprechende Einlage in ein dem S zuzurechnendes Betriebsvermögen folgen. Eine Aufdeckung der im Geschäftswert ruhenden stillen Reserven würde somit bedingen, dass S ebenfalls Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen würde. Dies ist aber nicht der Fall. Mangels korrespondierender Einlage kommt es daher auch nicht zur Privatisierung des Geschäftswerts durch Entnahme bei M (a. A. ohne weitere Begründung Sobisch, EStB 2019 S. 243).
U. E. ist der Geschäftswert in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation vielmehr dem fortgeführten Betrieb der M zuzurechnen. Dass dieser Betrieb wiederum faktisch vermögenslos ist, ist insoweit unschädlich. Der BFH geht in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass sogar ein bereits aufgegebener Betrieb noch über einen originären Geschäftswert verfügt. Dieser bleibt in diesem Fall eingefrorenes Betriebsvermögen, da er nicht privatisierbar ist (vgl. , BStBl 1979 II S. 99). Dieser Grundsatz muss erst recht im Fall einer Fortsetzung des Betriebs gelten. Erst mit dem Wegfall des Nießbrauchs würde der Geschäftswert somit nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert auf S übergehen (vgl. oben II, 3, b). Der Entnahmegewinn ermittelt sich daher wie folgt:
Entnahmewert (ohne Geschäftswert)
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1.300.000 €
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./. Buchwert Grund und Boden
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100.000 €
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./. Buchwert Gebäude
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340.000 €
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./. Buchwert sonstige Aktiva
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260.000 €
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Entnahmegewinn
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600.000 €
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b) Folgezeit ab
aa) Einlage der Nießbrauchsrechte bzw. Aufwandsverteilungsposten
Die Nießbrauchsrechte an den übertragenen Wirtschaftsgütern des Gewerbebetriebs werden von M so ausgeübt, dass sie damit weiterhin die Schreinerei betreibt. Es erfolgt also eine betriebliche Verwendung. Eine Einlage der Nießbrauchsrechte scheitert jedoch an der Rechtsprechung des BFH zu Nutzungsvorteilen bzw. Nutzungsrechten (vgl. oben II, 2, b, aa). Es ist folglich für jedes abnutzbare Wirtschaftsgut, für das zum 31.12. noch ein Restbuchwert vorhanden war (= noch nicht geltend gemachte Anschaffungskosten der M), ein Aufwandsverteilungsposten zu bilden und abzuschreiben.
bb) AfA-Ermittlung
Nach der zum verpachteten Betrieb dargestellten Rechtsauffassung ist der Aufwandsverteilungsposten, soweit er auf das Gebäude entfällt, nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuschreiben (s. oben II, 2, b, bb). Die Aufwandsverteilungsposten für die übrigen Wirtschaftsgüter sind nach § 7 Abs. 1 EStG (Restnutzungsdauer) abzuschreiben. Im Folgenden werden die Restbuchwerte für die sonstigen Aktiva aus Vereinfachungsgründen auf acht Jahre verteilt. Somit ergeben sich zum folgende Aufwandsverteilungsposten:S. 725
Aufwandsverteilungsposten Gebäude
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340.000 €
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./. AfA 02 (= 2 % von 400.000 €)
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8.000 €
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= Aufwandsverteilungsposten Gebäude
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332.000 €
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Aufwandsverteilungsposten sonstige Aktiva
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260.000 €
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./. AfA 02 (1/8 von 260.000 €)
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32.500 €
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= Aufwandsverteilungsposten sonstige Akiva
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227.500 €
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3. Lösung auf Ebene des S
Es gelten die Ausführungen zum verpachteten Gewerbebetrieb entsprechend.
IV. Vorbehaltsnießbrauch an einer wesentlichen Betriebsgrundlage
Für den Fall, dass der Vorbehaltsnießbrauch nicht am Gewerbebetrieb, sondern an einer wesentlichen Betriebsgrundlage bestellt wird, ergeben sich durch das (BStBl 2019 II S. 730) keine Auswirkungen, wenn von einer Einstellung der bisherigen Tätigkeit des Nießbrauchers auszugehen ist.
1. Sachverhalt
Wie vorheriger Fall, allerdings überträgt M den Gewerbebetrieb an S, der den Betrieb fortführt. M stellt ihre Tätigkeit als Schreinerin also ein. Lediglich am Betriebsgrundstück behält sie sich einen Nießbrauch vor. Dieses Grundstück vermietet sie fortan an S.
2. Lösung auf Ebene der M
a) Übertragung des Betriebs zum
Wie dargestellt (s. oben I), fordert der BFH für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG, dass der Betriebsübergeber seine Tätigkeit einstellt. Wird nämlich der neue Betriebsinhaber nicht in die Lage versetzt, die gewerbliche Tätigkeit fortzusetzen, weil der frühere Betriebsinhaber weiterhin unter Einsatz des übertragenen Betriebsvermögens gewerblich tätig ist, kann eine wirtschaftliche Einheit („Betrieb“) nicht übergegangen sein.
Fraglich ist demnach, ob M vorliegend ihre Tätigkeit im Sinne der BFH-Rechtsprechung eingestellt hat oder ob es schädlich ist, dass sie das Betriebsgrundstück an S vermietet. Schädlich wäre es, wenn die Überlassung der wesentlichen Betriebsgrundlage „Grundstück“ durch M aus dem vorbehaltenen Nießbrauch noch als Ausfluss ihrer gewerblichen Tätigkeit anzusehen wäre. Dies ist u. E. abzulehnen.
Die Nutzungsüberlassung des Grundstücks ist nicht mehr Ausfluss der aktiven Bewirtschaftung des Schreinereibetriebs. Die Vermietung des Grundstücks ist vielmehr eine andere (neue) Tätigkeit. Dass es sich hierbei um die Verpachtung einer (ehemals) wesentlichen Betriebsgrundlage des übergebenen Betriebs handelt, ist unbeachtlich. Der BFH trennt deutlich zwischen der Übergabe der Wirtschaftsgüter der Sachgesamtheit und der bisherigen gewerblichen Tätigkeit. Vorliegend stellt M ihre Tätigkeit als Schreinerin jedoch unzweifelhaft ein. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG liegen u. E. folglich vor.
Für die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 3 EStG und gegen eine Entnahme des Grundstücks spricht in diesem Zusammenhang auch das (NWB DAAAE-74648; nach Zurücknahme der Revision rechtskräftig). Für den Fall der Übertragung eines Kommanditanteils auf den Sohn sah es das Finanzgericht insoweit als unschädlich für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG an, dass S. 726die übertragende Mutter sich hierbei den Nießbrauch an einem (funktional wesentlichen) Grundstück des Sonderbetriebsvermögens zurückbehielt. Eine Entnahme des Grundstücks liegt nach Auffassung des Finanzgerichts in diesem Fall nicht vor, da das Grundstück seine Qualität als (Sonder-)Betriebsvermögen auch nach der Übertragung bei seinem neuen Eigentümer behalten hat, da es weiterhin für die betrieblichen Zwecke zur Verfügung steht. Für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG ist daher unschädlich, wenn diese Nutzung nunmehr nicht mehr aus eigenem Besitz erfolgt. Das Grundstück ist hiervon ungeachtet als (gewillkürtes) Betriebsvermögen des Eigentümers zu qualifizieren.
Der Betrieb geht daher gem. § 6 Abs. 3 EStG zu Buchwerten auf S über. Bei M ist kein Entnahmegewinn zu besteuern.
b) Folgezeit ab
Die Übertragung eines Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt und anschließende Vermietung an den (neuen) Eigentümer wird steuerlich grundsätzlich anerkannt (vgl. BStBl 2013 I S. 1184, Rz. 41). Aus der Vermietung des Grundstücks erzielt M in der Folge Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Als Nießbraucherin ist M weiterhin AfA-berechtigt (vgl. Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 7 EStG Rz. 119, m. w. N.). Da dies (wie dargestellt, vgl. oben II, 2, b, bb) auf dem Gedanken des „Eigenaufwands“ beruht, ist auch hier für die Höhe der AfA maßgebend, ob sich das Wirtschaftsgut beim Eigentümer im Privat- oder Betriebsvermögen befindet. Vorliegend ist bei S von Betriebsvermögen auszugehen (s. unten IV, 3). Somit bemisst sich die AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG und beträgt jährlich 3 %.
3. Lösung auf Ebene des S
S führt den Schreinereibetrieb fort. Er erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Das Betriebsvermögen ist nach § 6 Abs. 3 EStG zu Buchwerten übergegangen. Seine Eröffnungsbilanz zum entspricht der Schlussbilanz der M zum .
a) Keine Entnahme des Grundstücks aufgrund des Vorbehaltsnießbrauchs
Die Bestellung des Nießbrauchs zugunsten der M führt nach h. M. zu keiner Entnahme aus dem (übertragenen) Betriebsvermögen des S (vgl. ; Gratz/Uhl-Ludäscher in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 295. Lfg., § 6 EStG Rz. 1206). Denn die Einräumung des Nießbrauchs führt zu keiner Änderung der Zurechnung des Grundstücks selbst. Der Nießbrauchbesteller S bleibt weiterhin wirtschaftlicher Eigentümer und die Nießbrauchsbestellung führt auch nicht zur Änderung der Nutzungsart des Grundstücks (vgl. , BStBl 1995 II S. 241).
b) AfA ist keine Betriebsausgabe
Der neue Eigentümer kann bezüglich des Betriebsgebäudes aber keine AfA als Betriebsausgabe geltend machen (vgl. z. B. Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 295. Lfg., § 7 EStG, Rz. 118; , BStBl 1989 II S. 872). Die AfA ist buchhalterisch zu erfassen und als Nutzungsentnahme zu neutralisieren.
Die AfA für das Betriebsgebäude bemisst sich (da Betriebsvermögen vorliegt) nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG und beträgt 3 % der (ursprünglichen) Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Somit ergibt sich folgender Bilanzansatz zum :
Gebäude
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340.000 €
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./. AfA 02 (= 3 % von 400.000 €)
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12.000 €
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= Gebäude
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328.000 €
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Die vorgenommene AfA wirkt sich nicht auf den Gewinn aus, mindert jedoch den Buchwert und erhöht dadurch die stillen Reserven.
c) Keine Teilwertabschreibung auf das Grundstück
Die Nießbrauchsverpflichtung ist bei S nicht zu passivieren. Vielmehr stellt die Belastung des Grundstücks mit dem dinglichen Nießbrauchsrecht eine Wertminderung des Grundstücks dar (vgl. z. B. , BStBl 2008 II S. 296, m. w. N.). Eine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG kommt jedoch nicht in Betracht, da die Wertminderung schon aufgrund der zeitlichen Befristung des Nießbrauchrechts letztlich nicht voraussichtlich dauerhaft ist.
d) Mietzahlungen
Die zu zahlende Miete stellt eine Betriebsausgabe dar (vgl. z. B. Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 7 EStG Rz. 119; Götz/Hülsmann, Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht, 12. Aufl. 2019, Rz. 988).
Fazit
Der (BStBl 2019 II S. 730) entschieden, dass die Übergabe eines Gewerbebetriebs zu Buchwerten voraussetzt, dass der Übergeber seine bisherige Tätigkeit einstellt. Gemäß dem (BStBl 2019 I S. 1291) werden die Rechtsprechungsgrundsätze von der Finanzverwaltung für Einzelunternehmen ohne Einschränkung angewendet. Als Folge ist die Übertragung eines Gewerbebetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt nicht (mehr) buchwertneutral möglich.
Wird der Gewerbebetrieb dennoch unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen, sind sämtliche stillen Reserven aufzudecken. Der Nießbraucher hat in der Folge Aufwandsverteilungsposten zu aktivieren (statt wie bisher echte Wirtschaftsgüter). Außerdem kann er AfA nur noch nach den für „Eigenaufwand“ entwickelten Grundsätzen geltend machen. Eine Ausnahme gilt für den Firmenwert. Dieser gilt beim Vorbehaltsnießbraucher nicht als entnommen.
Als alternative Gestaltung bietet sich in diesen Fällen eine Übergabe gegen Versorgungsleistungen i. S. des § 10 Abs. 1a Nr. 2 Buchst. b EStG (vgl. BStBl 2010 I S. 227, sog. IV. Rentenerlass) oder eine vorgeschaltete Einbringung des Betriebs in eine Personengesellschaft an.
Für die Übertragung eines Gewerbebetriebs unter Vorbehalt eines Nießbrauchs an „nur“ einer wesentlichen Betriebsgrundlage (d. h. nicht am ganzen Gewerbebetrieb) hat die BFH-Rechtsprechung u. E. indes keine Auswirkungen.
Autoren
Fundstelle(n):
NWB 2020 Seite 717 - 727
NWB JAAAH-43312