Nachhaltigkeitsberichterstattung: Was sich ändert und was jetzt schon getan werden kann

Zugegeben: Die Regularien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sind sehr komplex. Gerade deshalb ist es wichtig, sich frühzeitig damit zu beschäftigen – dies gilt im Besonderen für den Mittelstand, da hier die Vorarbeiten meist (noch) nicht so weit fortgeschritten sind. Die Nachhaltigkeitsexperten WP/StB Dr. Olaf Clemens, Prof. Dr. Thomas Meuser und WP/StB Thomas Wember berichten in NWB-BB 11/2022, welche Änderungen wann anstehen – und was jetzt schon getan werden kann.

1. Aktuelle ESG-Entwicklungen

Die EU-Kommission hat im April 2021 den Entwurf für eine Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) vorgelegt. Im Juni 2022 haben sich der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament im weiteren Gesetzgebungsverfahren auf eine geänderte Fassung des CSRD-Entwurfs geeinigt, die am 30.6.2022 veröffentlicht wurde. Die CSRD wartet nun auf ihre endgültige Verabschiedung und die anschließende Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedsstaaten.

Dabei ist die CSRD ein Element in einer längeren Reihe von Normsetzungen, ausgehend von der UN-Klimarahmenkonvention 1992 (Rio-Konferenz) und dem Zusatzprotokoll zur Klimarahmenkonvention 1997 (Kyoto-Protokoll): Um den Schutz von Klima und Umwelt sowie eine nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft voranzubringen, sollen Unternehmen zum einen ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass Nachhaltigkeitsaspekte mit Risiken für ihre Finanz- und Ertragslage verbunden sein können. Zum anderen sollen sie neben ihrer herkömmlichen finanziellen Berichterstattung auch über Nachhaltigkeitsaspekte ihrer Tätigkeit berichten. Stakeholder und insbesondere Investoren sollen Informationen aus Nachhaltigkeitsberichten in ihre Entscheidungsfindung einbeziehen. Die Umleitung von Kapitalflüssen in nachhaltige Investitionen ist erklärtes Ziel der Europäischen Kommission.

Die Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformationen geschieht derzeit auf Basis der Vorschriften zur nichtfinanziellen Erklärung (§§ 289b bis e HGB, §§ 315b f. HGB), die durch die CSR-Richtlinie (Non Financial Reporting Directive, NFRD ) und das  CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz im Jahr 2018 eingeführt wurden. Nach Überzeugung der EU-Organe sind Änderungen am derzeitigen Rechtsrahmen erforderlich.

 

2. Gegenüberstellung NFRD versus CSRD-Entwurf

Die Gegenüberstellung in Übersicht 1 lässt die Motivation zur Änderung des bestehenden Rechtsrahmens und die Zielsetzung der CSRD erkennen: Künftig sollen wesentlich mehr Unternehmen nach festen Vorgaben detailliertere, besser vergleichbare und überprüfte Angaben zu Nachhaltigkeitsaspekten ihrer Tätigkeit machen. Dabei soll (unter Einbeziehung von Lieferketten) die gesamte Wertschöpfungskette der Unternehmen betrachtet werden. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung soll als zweite Säule der Unternehmensberichterstattung neben die Finanzberichterstattung treten.

Gegenüber dem ursprünglichen Kommissions-Entwurf verlegt der geänderte CSRD-Entwurf den Start der Nachhaltigkeitsberichterstattung für die verschiedenen Unternehmenstypen um ein bis drei Jahre. Neu ist die Verpflichtung zur Abgabe konsolidierter Nachhaltigkeitsinformationen für Tochterunternehmen und Niederlassungen von Drittstaaten-Mutterunternehmen.

 

Übersicht 1: Wesentliche geplante Änderungen an der nichtfinanziellen Erklärung nach NFRD bzw. HGB durch die CSRD (gem. vorläufiger politischer Einigung zwischen Rat und Europäischem Parlament vom 21.6.2022) 

  

   Nichtfinanzielle Erklärung (NFRD) 

   Nachhaltigkeitsbericht (CSRD-Entwurf) 

   Begriff? 

 Ergänzend zur Finanzberichterstattung sollen Angaben zur sozialen Verantwortung von Unternehmen (Corporate Social Responsibility, CSR) gemacht werden.

 - Mit der Verwendung des Begriffs Nachhaltigkeitsinformationen anstelle nichtfinanzieller Informationen soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass derartige Informationen zunehmend sehr wohl finanzielle Relevanz haben.
- Verständnis des Nachhaltigkeitsberichts als Zweite Säule der Unternehmensberichterstattung neben der Finanzberichterstattung.

   Inhalt? 

 - Angabe von Informationen, die sich auf Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung beziehen, und die erforderlich sind für das Verständnis - des Geschäftsverlaufs,
- des Geschäftsergebnisses,
- der Lage des Unternehmens
- sowie der Auswirkung der Unternehmenstätigkeit.
- Beschreibung des Geschäftsmodells.

 - Angabe von Informationen, die erforderlich sind für das Verständnis - der nachhaltigkeitsrelevanten Auswirkungen der Tätigkeit des Unternehmens (Inside-Out-Perspektive) und
- der Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf Geschäftsverlauf, Geschäftsergebnis und Lage des Unternehmens (Outside-In-Perspektive).
- Beschreibung - der Widerstandsfähigkeit des Geschäftsmodells und der Strategie gegenüber Nachhaltigkeitsrisiken,
- der Nachhaltigkeitsziele, -politik und -risiken,
- ggf. der immateriellen Anlagewerte.
- Angabe von Informationen - zur Wertschöpfungskette des Unternehmens,
- einschließlich Angaben zu Geschäftsbeziehungen und Lieferketten,
- vergangenheits- und zukunftsbezogene Information.

   Vorgaben? 

 - Keine Festlegung auf bestimmte nationale, unionsbasierte oder internationale Standards, deswegen Rückgriff auf privatwirtschaftliche, meist von NGOs entwickelte Standards und Rahmenvorgaben, z. B. Global Reporting Initiative (GRI), Greenhouse Gas Protocol (GHG).
- EU-Taxonomie-Verordnung.

 - Verpflichtende Anwendung der neuen European Sustainability Reporting Standards (ESRS).
- EU-Taxonomie-Verordnung.

   Wer? 

 Bestimmte (meist kapitalmarktorientierte) große Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden und bestimmte (meist kapitalmarktorientierte) große Konzerne.

 Ab 1.1.2024 bisher bereits NFRD-pflichtige Unternehmen und Konzerne, ab 1.1.2025 große Unternehmen und Konzerne, ab 1.1.2026 auch börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) außer Kleinstunternehmen, spätestens ab 1.1.2028 auch bestimmte große Tochterunternehmen und Niederlassungen von Drittstaaten-Unternehmen (konsolidierter Bericht des Mutterunternehmens).

   Wo? 

 Zusammen mit dem Lagebericht oder auf der Website des Unternehmens.

 In einem eigenen Abschnitt im Lagebericht in einem maschinenlesbaren digitalen Format.

   Prüfung? 

 Im Rahmen der Abschlussprüfung wird geprüft, ob die nichtfinanzielle Erklärung abgegeben wurde (keine inhaltliche Prüfungspflicht).

 Inhaltliche Prüfung durch - die Prüfungsgesellschaft oder
- einen unabhängigen Erbringer von Prüfungsleistungen.
Prüfungsurteil (zunächst nur) mit begrenzter Sicherheit.

 

Dieser Beitrag geht noch weiter. Den ausführlichen Beitrag inkl. einer Beschreibung des Handlungsbedarfs für mittelständische Unternehmen und ihre Berater finden Sie im Themenpaket „NWB Betriebswirtschaftliche Beratung“ (NWB-BB) in Ausgabe NWB-BB 11/2022 S. 328 und in der NWB Datenbank.

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