Bundestag beschließt Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen

Gestern hat der Bundestag das Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen beschlossen. Die gravierenden Änderungen gegenüber dem Entwurf vom Oktober waren gering, doch gab es einzelne Entschärfungen und Klarstellungen (vgl. Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, BT-Drucks. 19/15876).

Dem Vernehmen nach wird der Bundesrat keine Einwände mehr erheben. Das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie EU) 2018/822 (sog. DAC 6) wird damit voraussichtlich noch in diesem Jahr fristgerecht verkündet. Die Änderungen, insbesondere der Abgabenordnung (§§ 138d- 138k AO), würden zum 1.1.2020 in Kraft treten.


Hin und Her im Gesetzgebungsverfahren

Mit der bereits am 25.6.2018 in Kraft getretenen EU-Richtlinie wurde der nationale Gesetzgeber zur Umsetzung einer Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen bis zum 31.12.2019 verpflichtet. Nach längerem „Tauziehen“ in Deutschland hat das BMF am 26.9.2019 den Verbänden einen Referentenentwurf zugeleitet. Bereits am 9.10.2019 ist das formelle Gesetzgebungsverfahren eröffnet worden.


Unter dem Druck der Umsetzungsfrist verlief dieses Verfahren überraschend zügig. Trotz nicht spärlich vorgebrachter praktischer sowie vor allem verfassungs- und unionsrechtlicher Bedenken, hat sich der deutsche Gesetzgeber mehrheitlich für diese Lösung einer Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Gestaltungen ausgesprochen. Die angedachte zusätzliche Mitteilungspflicht auch für rein inländische Sachverhalte wurde dagegen (vorerst) nicht weiterverfolgt.

Akuter Handlungsbedarf für Steuerberater und andere Intermediäre

Mithilfe der Mitteilungspflicht sollen Finanzverwaltung und Gesetzgeber in die Lage versetzt werden, „problematische“ Gestaltungsspielräume schnell zu schließen sowie eine zutreffende Individualbesteuerung sicherzustellen. Intermediäre (also vor allem Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Banken) und Steuerpflichtige (sog. Nutzer) werden ab dem 1.7.2020 verpflichtet, dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) von der Mitteilungspflicht erfasste Steuergestaltungsmodelle mitzuteilen. Die Anzeige muss innerhalb von 30 Tagen erfolgen, nachdem die Steuergestaltung umsetzungsbereit ist, zur Umsetzung bereitgestellt wurde oder der erste Schritt der Umsetzung erfolgt ist.
In Fällen, in denen sich der Berater auf seine berufsrechtliche Pflicht zur Verschwiegenheit beruft, geht die Verpflichtung zur Mitteilung (jedenfalls theoretisch) partiell auf den Steuerpflichtigen selbst über.
Wichtig ist, dass schon akuter Handlungsbedarf besteht. Betroffene Berater und Unternehmen haben bereits Gestaltungssachverhalte zu dokumentieren, deren erster Umsetzungsschritt seit dem 25.6.2018 erfolgt ist. Bereits ab diesem Zeitpunkt sind relevante Sachverhalte von der Mitteilungspflicht zum Juli 2020 erfasst. Spätestens jetzt müssen diese Fälle zusammengestellt und bewertet werden.


Die Ausgestaltung der Mitteilungspflicht – „hier spielt die Musik“

In der Sache besteht eine Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Gestaltungen soweit

  • eine erfasste Steuerart betroffen ist,
  • eine (nicht näher definierte) Gestaltung vorliegt,
  • diese Gestaltung grenzüberschreitend ist und
  • diese Gestaltung mindestens eines der sog. Kennzeichen erfüllt (ggf. unter Hinzunahme des „Main benefit“-/„Steuervorteils“-Tests).

Die „Kennzeichen“ sind das Herzstück für die Bestimmung der Mitteilungspflichtigkeit. Sie verursachen für den Rechtsanwender die meiste Arbeit, mitunter wohl auch das meiste Kopfzerbrechen. Die Regelungen sind – letzten Änderungen zum Trotz – von erheblicher Komplexität und Auslegungsbedürftigkeit. Entgegen vielfacher Betonung geht es mitnichten nur um „aggressive“ Gestaltungen. Nicht jede Gestaltung trägt ihre Mitteilungspflichtigkeit vor sich her, leider! Auch weniger komplexe oder alltägliche Transaktionen können unter Umständen eine Mitteilungspflicht auslösen. So können etwa Gestaltungen betroffen sein, die zum Gegenstand haben, dass die Gestaltung eine Übertragung oder Überführung von Vermögensgegenständen vorsieht, soweit sich die steuerliche Bewertung des Vermögensgegenstandes in den beteiligten Steuerhoheitsgebieten wesentlich unterscheidet. Der Aufwand wird sehr erheblich sein. Die Unsicherheit zunächst auch.

Immerhin, auf den letzten Metern des legislativen Verfahrens ist eine „White List“ in das Gesetz aufgenommen worden, um jedenfalls evident unproblematische Fälle (im Laufe der Zeit) von der Meldepflicht auszunehmen.


Und wozu das alles? Informationsbeschaffung für die Finanzverwaltung

Ein Kernziel der Mitteilungspflicht ist die Informationsbeschaffung für die Finanzverwaltung und der automatische Informationsaustausch darüber zwischen allen EU-Mitgliedstaaten. Die Regelungen zum automatischen Informationsaustausch zwischen den EU-Mitgliedstaaten und Detailregelungen zum Zusammenspiel von Bund (BMF, BZSt) und Ländern werden in Neuregelungen im Finanzverwaltungsgesetz (FVG) und EU-Amtshilfegesetz (EUAHiG) umgesetzt. Die zentral zuständige Behörde, über die alle Zugriffe auf das EU-Zentralverzeichnis erfolgen müssen, ist in Deutschland das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).

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