Online-Nachricht - Donnerstag, 02.05.2024

Einkommensteuer | Beginn des Begünsti­gungs­zeitraums für die Ein­kom­men­steuer­ermäßi­gung bei Belas­tung mit Erb­schaft­steuer (BFH)

Der Begünsti­gungs­zeitraum des § 35b Satz 1 EStG beginnt mit Ent­stehung der Erbschaft­steuer gem. § 9 ErbStG, regel­mäßig mit dem Tod des Erb­lassers (BFH, Urteil v. 28.11.2023 - X R 20/21; veröf­fent­licht am 2.5.2024).

Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2017 zusam­men zur Einkommen­steuer veranlagt. Der Kläger ist der Allein­erbe der am …2010 ver­storbenen W, zu deren Nachlass unter anderem zwei Beteiligungen an Kom­mandit­gesell­schaften gehörten. Die Ausstellung des Erbscheins dauerte aufgrund von Verzögerungen sechs Jahre, so lange war der Kläger gehindert über das Erbe zu verfügen. In 2016 wurde die Erbschaft­steuer­erklärung eingereicht, durch das Finanzamt festgesetzt und vom Kläger die angefallene ErbSt entrichtet. Mit Wirkung zum 01.01.2017 veräußerte der Kläger die KG-Beteiligungen. In ihrer Einkommen­steuer­erklärung für das Streitjahr 2017 machten die Kläger hinsichtlich dieser Veräuße­rungen die Steuerermäßigung nach § 35b EStG geltend. Das FA gewährte die Ermäßigung nicht.

Das FG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.8.2021 1 K 305/19 unter Revisions­zulassung ab. Die Gewährung der Steuer­ermäßigung nach § 35b EStG setzt voraus, dass der Begünsti­gungs­zeitraum von fünf Veran­lagungs­jahren eingehalten werde. Dies sei hier nicht der Fall, da zwischen dem Tod der W und der Veräußerung der KG-Beteili­gungen rund sechs Jahre vergangen seien.

Die Richter des BFH wiesen die Revision als unbe­gründet zurück und führten u.a. :

  • Die tarifliche Einkommen­steuer für das Streitjahr, die auf die Gewinne aus der Veräußerung der Beteili­gungen entfällt, ist nicht um hierauf entfallende Erbschaft­steuer zu ermäßigen. Denn diese Einkünfte haben nicht im Veran­lagungs­zeitraum oder in den voran­gegangenen vier Veran­lagungs­zeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen.
  • Mit der Formulierung "der Erbschaftsteuer unter­legen" kann der Zeitpunkt der Entstehung, aber auch der Zeitpunkt der Festsetzung der Erbschaft­steuer gemeint sein.
  • Soweit die Kläger darauf verweisen, dass im Rahmen der Auslegung des § 35b Satz 1 EStG auch die Über­schrift der Norm in den Blick zu nehmen ist, die aus­drücklich auf eine "Belastung mit Erbschaftsteuer" abstellt, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis.
  • Aus diesem Grunde muss der Ermäßigungs­zeitraum zu einem klar definierten Zeitpunkt beginnen, der einfach feststellbar ist, aber auch über den Einzelfall hinaus eine gewisse Gleich­mäßig­keit der Besteuerung gewährleistet.
  • Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn aufgrund der Begrenzung des Begünsti­gungs­zeitraums des § 35b Satz 1 EStG auf fünf Jahre wie vorliegend zum einen der Erwerb der Beteiligungen mit Erbschaft­steuer und zum anderen ihre Veräuße­rung mit Einkommensteuer belastet wird. Weder ist der Gleich­behand­lungs­grundsatz verletzt, noch ist eine etwaige verfassungsrechtlich zu beachtende Belastungs­grenze überschritten.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 28.11.2023 X R 20/21 (GR)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im X. Senat des BFH Prof. Dr. Gregor Nöcker gelangen Sie hier (Login erforderlich).

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