Online-Nachricht - Donnerstag, 21.03.2024
Verfahrensrecht | Unzulässigkeit einer Leistungsklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses (BFH)
Eine Leistungsklage auf Zahlung eines Erstattungsbetrags nach einer Aufrechnung ist unzulässig, wenn sie erhoben wurde, bevor ein bestandskräftiger Abrechnungsbescheid in Höhe des begehrten Zahlungsanspruchs vorliegt (BFH, Urteil vom 12.12.2023 VII R 60/20; veröffentlicht am 21.3.2024).
Sachverhalt: Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH. Der A GmbH stand ein Erstattungsanspruch nach dem Luftverkehrsteuergesetz zu. Gleichzeitig schuldete sie Luftverkehrsteuern. Das HZA teilte dem Kläger mit, dass nach Aufrechnung der Forderung ein Erstattungsanspruch besteht. Der Kläger ging hingegen von der Unwirksamkeit der Aufrechnung aus und erhob Leistungsklage.
Der Kläger wurde von Seiten des FG auf Zulässigkeitsbedenken und den Weg der Anfechtungsklage gegen einen Abrechnungsbescheid hingewiesen. Auf Antrag der Klägers erteilte das HZA einen Abrechnungsbescheid, in dem ein Reststeueranspruch in Höhe von 0 € ausgewiesen wurde. Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers wurde zurückgewiesen. Mit Schriftsatz erklärte der Insolvenzverwalter beim FG die Erledigung des Rechtsstreits in Höhe des vom HZA erstatteten Betrages, hielt an seiner Leistungsklage fest und beantragte die hilfsweise Aufhebung des Abrechnungsbescheids.
Das FG teilte dem Kläger mit, dass der Abrechnungsbescheid nicht Gegenstand dieses Verfahrens geworden ist und wies die Klage ab. Eine auf Zahlung gerichtete Leistungsklage kann wegen § 218 Abs. 2 AO erst dann erhoben werden, wenn durch einen Abrechnungsbescheid über das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs entschieden worden sei. Sofern ein Insolvenzverwalter Einwendungen gegen die durch eine Finanzbehörde erklärte Aufrechnung erheben wolle, sei dies nur im Wege der Anfechtungsklage gegen einen Abrechnungsbescheid möglich.
Die erhobene Leistungsklage könne nicht aufgrund des gegen den nach Klageerhebung ergangenen Abrechnungsbescheid durchgeführten Einspruchsverfahrens in eine Anfechtungsklage umgedeutet werden. Denn der anzufechtende Bescheid müsse bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung erlassen worden sein.
Die Richter des BFH wiesen die Klage als unbegründet zurück und führten u.a. hierzu aus:
- Die erhobene Zahlungsklage des Klägers ist eine allgemeine Leistungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 Alternative 3 FGO.
- Der Kläger hätte vor der Erhebung der Zahlungsklage zunächst den Erlass eines bestandskräftigen Abrechnungsbescheids mit einem dem Antrag in der Leistungsklage entsprechenden Erstattungsbetrag erstreiten müssen.
- Einer vor Bestehen eines bestandskräftigen Abrechnungsbescheids erhobenen Leistungsklage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
- Die Klage ist auch nach ihrem Hilfsantrag unzulässig.
- Schließlich hat das FG nicht den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.
Quelle: BFH, Urteil vom 12.12.2023 VII R 60/20 (GR)
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