Online-Nachricht - Donnerstag, 29.02.2024
Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Konkursverwalters (BFH)
Hat der Gemeinschuldner seine unternehmerische Tätigkeit bereits vor der Eröffnung des Konkursverfahrens eingestellt, ist über den Vorsteuerabzug aus der Leistung des Konkursverwalters nach der früheren unternehmerischen Tätigkeit des Gemeinschuldners zu entscheiden. Fehlt es an einer auf den Unternehmenserhalt gerichteten Unternehmensfortführung, ist es unerheblich, wenn es im Konkursverfahren auf dem Weg zur Liquidation zu vorübergehenden Vermietungen kommt (BFH, Urteil v. 23.11.2023 V R 3/22; veröffentlich am 29.2.2024).
Sachverhalt: Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der K KG, die unter anderem im Hoch und Tiefbau sowie in der Immobilienverwaltung tätig war. Bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens erbrachte die K KG ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze.
Im Schlussbericht erläuterte der Kläger die Verwaltung und Verwertung der Konkursmasse der K KG und die dabei erfolgten Vermietungen und stellte seine Leistungen im Konkursverfahren in Rechnung mit Ausweis darin enthaltener Umsatzsteuer. Mit der Umsatzsteuer-Jahreserklärung machte der Kläger als Konkursverwalter der K KG allein den Vorsteuerabzug aus dieser Rechnung mit einem Überschuss zu seinen Gunsten geltend.
Das FA setze einen niedrigeren Überschuss zu Gunsten des Klägers fest. Der Vorsteuerabzug könne gemäß § 15 Abs. 4 UStG nur anteilig gewährt werden, da die Leistung des Klägers nach Eröffnung des Konkursverfahrens teilweise für steuerfreie Ausgangsumsätze der K KG, wie zum Beispiel Vermietungen, verwendet worden sei.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG Münster der hiergegen gerichteten Klage mit Urteil v. 20.1.2022 5 K 1363/19 U statt.
Die Richter des BFH wiesen die Revision des FA ab:
- Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer als Vorsteuer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen abziehen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt wurden. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Dies beruht unionsrechtlich auf Art. 168 Buchst. a MwStSystRL. Danach ist der Steuerpflichtige, der "Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet", zum Vorsteuerabzug berechtigt.
- Im Insolvenzverfahren eines Schuldners, der seine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit bereits vor der Insolvenzeröffnung eingestellt hat, ist über den Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters auf der Grundlage der früheren Unternehmenstätigkeit zu entscheiden (BFH, Urteil v. 02.12.2015 V R 15/15). Der Senat hat dies damit begründet, dass der Insolvenzverwalter eine einheitliche Leistung erbringt, die mittels Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse des Schuldners der Befriedigung der Insolvenzgläubiger als Hauptziel des Insolvenzverfahrens dient gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
- Der für den Vorsteuerabzug maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang besteht daher zwischen der einheitlichen Leistung des Insolvenzverwalters und den im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger § 38 InsO, die auf die frühere Umsatztätigkeit zurückzuführen sind, so dass es auf die einzelnen Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters nicht ankommt (BFH, Urteil v. 15.4.2015 V R 44/14 und BFH, Urteil v. 2.12.2015 V R 15/15 ; zur Nichtberücksichtigung von Verwertungshandlungen vgl. BFH, Urteil v. 21.10.2015 XI R 28/14). Ob dies auch dann gilt, wenn eine Unternehmensfortführung durch den Insolvenzverwalter vorliegt, hat der BFH in seiner bisherigen Rechtsprechung offengelassen (BFH, Urteil v. 15.4.2015 V R 44/14 und BFH, Urteil v. 2.12.2015 V R 15/15).
- Auf dieser Grundlage hat das FG den Vorsteuerabzug für die Leistung des Konkursverwalters zutreffend bejaht. Hat der Gemeinschuldner seine unternehmerische Tätigkeit bereits vor der Eröffnung des Konkursverfahrens eingestellt, ist über den Vorsteuerabzug aus der Leistung des Konkursverwalters nach der früheren unternehmerischen Tätigkeit des Gemeinschuldners zu entscheiden.
Quelle: BFH, Urteil v. 23.11.2023 V R 3/22; NWB Datenbank (GR)
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im V. Senat des BFH Dr. Ruben Martini gelangen Sie hier (Login erforderlich).