Online-Nachricht - Donnerstag, 02.11.2023
Verfahrensrecht | Keine Änderung eines Steuerbescheids nach § 173a AO bei fehlerhaftem Datenimport ins ELSTER-Portal (BFH)
Ein "Verklicken" beim Import von steuerlichen Daten in das ELSTER-Portal ist kein nach § 173a AO korrigierbarer Schreibfehler (BFH, Urteil v. 18.7.2023 - IX R 17/22; veröffentlicht am 2.11.2023).
Hintergrund: Nach § 173a AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit dem Steuerpflichtigen bei Erstellung seiner Steuererklärung Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen sind und er deshalb der Finanzbehörde bestimmte, nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Erlasses des Steuerbescheids rechtserhebliche Tatsachen unzutreffend mitgeteilt hat.
Sachverhalt: Streitig ist, ob ein bestandskräftiger Steuerbescheid aufgrund eines vermeintlichen Tipp-/Befüllungsfehlers des Steuerpflichtigen bei einer weiteren, elektronisch an das Finanzamt übermittelten ESt-Erklärung geändert bzw. berichtigt werden kann. Im konkreten Fall hatten die Kläger mit der nochmaligen ELSTER-Übermittlung der betreffenden ESt-Erklärung sämtliche Kennziffern unbeabsichtigt mit den Datensätzen des Vorjahres befüllt. Das Finanzamt nahm mit der nochmaligen ELSTER-Übermittlung eine berichtigte ESt-Erklärung an und führte eine schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO durch. Es kam zu einer Nachzahlung, die die Kläger beglichen. Ein Einspruch wurde nicht eingelegt. Nach Bestandskraft des Bescheides beantragten die Kläger die Aufhebung des geänderten Einkommensteuerbescheids. Ihre Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: Niedersächsisches FG, Urteil v. 21.9.2022 - Az: 9 K 203/21; veröffentlicht am 2.11.2023).
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
- Die elektronische Eingabe der Kläger über Elster ist nicht als Einspruch gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid anzusehen. Der hierauf im Nachgang an die nochmalige ELSTER-Übermittlung ergangene – rechtswidrige - Einkommensteuerbescheid ist bestandskräftig geworden. Er kann nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 174 Abs. 1 AO, § 129 AO aufgehoben werden.
- Eine Aufhebung nach § 173a AO kommt ebenfalls nicht in Betracht.
- Ein "Verklicken" beim Import von steuerlichen Daten in das ELSTER-Portal ist kein nach § 173a AO korrigierbarer Schreibfehler.
- Der Fehler der Kläger lag darin, den falschen digitalen Ordner der Festplatte ihres Computers "angeklickt" und damit unzutreffende - nicht das Streitjahr betreffende - Daten in das Portal "MEIN ELSTER" exportiert zu haben.
- Dieser Fehler entspricht einer inhaltlich unzutreffenden Befüllung eines analogen Steuererklärungsformulars. In einem solchen Fall unterläuft dem Steuerpflichtigen kein Schreibfehler, da er genau das, was er schreibt, auch schreiben will und lediglich über die inhaltliche Richtigkeit seiner Erklärung irrt.
- Darüber hinaus ist § 173a AO nicht bei sonstigen offenbaren Unrichtigkeiten, die dem Steuerpflichtigen bei der Erstellung seiner Steuererklärung unterlaufen sind, anwendbar (Bestätigung der Senatsentscheidung vom 27.4.2022 - IX B 57/21, BFH/NV 2022 S. 803 Nr. 8).
Quelle: BFH, Urteil v. 18.7.2023 - IX R 17/22; NWB Datenbank (il)
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im IX. Senat des BFH Dr. Nils Trossen gelangen Sie hier (Login erforderlich).