Online-Nachricht - Donnerstag, 21.09.2023
Einkommensteuer | Anwendung des Halbabzugsverbots im Fall der Korrektur eines fehlerhaften Bilanzansatzes (BFH)
Wird der Bilanzansatz einer (nicht einnahmelosen) Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Jahr 2004 erfolgswirksam korrigiert (Nachholung der Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG), liegt eine Betriebsvermögensminderung im Sinne des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG vor. Dabei gilt das Halbabzugsverbot auch dann, wenn der Bilanzierungsfehler dem Steuerpflichtigen im Jahr 2001 - vor Geltung des Halbeinkünfteverfahrens - unterlaufen ist (BFH, Urteil v. 27.7.2023 - IV R 15/20; veröffentlicht am 21.9.2023).
Hintergrund: Nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a Satz 1 EStG 2004 ist steuerfrei die Hälfte der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören, oder aus deren Auflösung oder Herabsetzung von deren Nennkapital oder aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts mit dem Wert, der sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG ergibt, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit gehören. Dies gilt nicht, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG ergibt, ausgeglichen worden ist (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a Satz 2 EStG 2004).
Gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2004 dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden; Entsprechendes gilt, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen sind.
Sachverhalt: Streitig ist, ob das sog. Halbabzugsverbot (§ 3c Abs. 2 EStG in der in den Streitjahren 2004 und 2006 gültigen Fassung) auch dann zur Anwendung kommt, wenn eine vor dessen Einführung zu Unrecht unterlassene Teilwertabschreibung auf eine Kapitalgesellschaftsbeteiligung nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs in der Bilanz des ersten noch änderbaren Veranlagungszeitraums - nach Einführung des Halbeinkünfteverfahrens - nachgeholt wird. Das FG der ersten Instanz vertrat die Ansicht, dass der Verlust der Klägerin aus der Beteiligung an einer AG dem Halbabzugsverbot unterliegt, und zwar auch dann, wenn der Verlust auf eine unterlassene Teilwertabschreibung des Jahres 2001 zurückzuführen ist, die nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs in der ersten offenen Bilanz - hier des Jahres 2004 - erfolgswirksam nachgeholt werden muss. Auch in diesem Fall komme § 3c Abs. 2 EStG zur Anwendung (Niedersächsisches FG, Urteil v. 4.12.2019 - 7 K 222/16).
Die Richter des BFH wiesen die hiergegen gerichtete Revision ab:
- Nach § 52 Abs. 4a Nr. 2 EStG i.d.F. StSenkG v. 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433) ist § 3 Nr. 40 EStG erstmals anzuwenden für Erträge im Sinne des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a, b, c und j EStG nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahrs der Gesellschaft, an der die Anteile bestehen, für das das KStG i.d.F. des Art. 3 StSenkG erstmals anzuwenden ist. Gemäß § 52 Abs. 8a EStG i.d.F. des StSenkG ist § 3c Abs. 2 EStG erstmals auf Aufwendungen anzuwenden, die mit Erträgen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, auf die § 3 Nr. 40 EStG erstmals anzuwenden ist.
- Nach § 34 Abs. 1 KStG i.d.F. des StSenkG ist das KStG i.d.F. des Art. 3 StSenkG erstmals für den VZ 2001 anzuwenden. Gemäß § 34 Abs. 1a KStG i.d.F. des StSenkG ist das KStG i.d.F. des Art. 3 des StSenkG bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren erstmals für den VZ 2002 anzuwenden, wenn das erste im VZ 2001 endende Wirtschaftsjahr vor dem 1.1.2001 beginnt (vgl. dazu Graw in Rödder/Herlinghaus/Neumann, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl., § 34 Rz 45 ff.).
- Damit gelten § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG im Ergebnis ab dem VZ 2002 beziehungsweise 2003 (BFH, Urteile v. 27.3.2007 - VIII R 25/05, BStBl II 2008, 298, unter II.4.; vom 11.11.2009 - IX R 57/08, BStBl II 2010, 607, unter II.2.a; v. 6.4.2011 - IX R 29/10, Rz 30). Dies gilt für die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft und die Liquidation der Beteiligungsgesellschaft gleichermaßen wie für Teilwertabschreibungen auf die Anteile (z.B. Desens in HHR, § 3c EStG Rz 5).
- Nach diesen Grundsätzen hat des FG der ersten Instanz den Verlust der Klägerin aus der Ausbuchung der Beteiligung an der K AG zu Recht dem Halbeinkünfteverfahren unterworfen.
- Das FG ist zu Recht dem Einwand der Klägerin, die Beteiligung an der K AG habe bereits im Jahr 2001 auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben werden müssen, was zu einer - nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden - Bilanzberichtigung im Jahr 2004 führen müsse, nicht gefolgt.
- Die erfolgswirksame Korrektur des aus Sicht der Klägerin fehlerhaften Bilanzansatzes (Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) ist eine Betriebsvermögensminderung im Sinne des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG. Sofern sie im VZ 2004 eintritt, unterfällt sie dem Halbabzugsverbot.
- Eine rechtliche Grundlage dafür, bei der Ermittlung des Gewinns des Jahres 2004 nicht die für diesen Veranlagungszeitraum gültige Rechtslage, sondern das für den VZ 2001 maßgebliche Recht zugrunde zu legen, besteht nicht.
Quelle: BFH, Urteil v. 27.7.2023 - IV R 15/20; NWB Datenbank (il)
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