Online-Nachricht - Donnerstag, 07.09.2023

Umsatzsteuer | Durch­schnitts­satz­besteuerung nur für inlän­dische land- und forst­wirt­schaft­liche Betriebe (BFH)

Die Durchschnitts­satz­besteue­rung nach § 24 UStG gilt nur für inlän­dische land- und forst­wirt­schaft­liche Betriebe (BFH, Urteil v. 22.3.2023 - XI R 14/21; veröffent­licht am 7.9.2023).

Hintergrund: Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG in der Fassung des Streitjahres 2018 ist die Umsatzsteuer "für die im Rahmen eines land- und forst­wirt­schaft­lichen Betriebs ausgeführten Umsätze" mit 10,7 % festzusetzen, wenn es sich nicht um Lieferungen oder sonstige Leistungen im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 UStG handelt. Die Vorsteuer ist in diesem Fall ebenfalls auf 10,7 % der Bemessungs­grund­lage für diese Umsätze festzu­setzen (§ 24 Abs. 1 Satz 3 UStG a.F.). Somit gleichen sich Umsatzsteuer und Vorsteuer aus, so dass keine Zahllast für den steuerpflichtigen Land- und Forstwirt entsteht.

Sachverhalt: Streitig ist, ob inländische Umsätze einer ausländischen Landwirtin der Durch­schnitts­satz­besteuerung unterliegen: Die Klägerin ist Landwirtin, ihr Viehbetrieb befindet sich in Österreich. Dort wird sie als pauschal­besteuerte Landwirtin geführt (§ 22 des österreichischen Umsatzsteuergesetzes ‑ UStG Österreich). Im Streitjahr 2018 verkaufte sie (erstmals) selbst erzeugte Produkte aus eigener Ziegen­haltung auf einem Wochenmarkt in P. Das FA ging davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Besteuerung der Umsätze der Klägerin im Inland nach Durch­schnitts­sätzen gemäß § 24 UStG nicht vorliegen. Es unterwarf die von der Klägerin erklärten Umsätze dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.

Die Klage gegen die Ablehnung der Pauschal­besteuerung nach § 24 UStG hatte in erster Instanz Erfolg (FG München, Urteil v. 18.3.2021 - 14 K 2639/19, s. hierzu Rennar, USt direkt digital 17/2021 S. 14). Nach Auffassung des FG stehe der Anwendung des § 24 UStG nicht entgegen, dass der land- und forstwirt­schaft­liche Betrieb der Klägerin im Ausland ansässig ist.

Dem folgten die Richter des BFH nicht:

  • Entgegen der Auffassung des FG bezieht sich die Regelung des § 24 UStG in unions­rechts­konformer Auslegung allein auf inländische land- und forst­wirtschaft­liche Unternehmer.
  • Bei Beachtung der nach nationalem Recht anerkannten Auslegungs­methoden, die auch im Rahmen einer unions­rechts­konformen Auslegung durch die nationalen Gerichte angewandt werden können (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt EuGH, Urteil v. 22.9.2022 - C-335/21 "Vicente/Delia", Rz 72, m.w.N.; Schlussanträge des General­anwalts Collins v. 2.3.2023 - C-35/22, EU:C:2023:156, Rz 49), ergibt sich eine Anwendungs­beschränkung des § 24 UStG auf im Inland ansässige Land- und Forstwirte.
  • Hierauf deuten die Regelungen der Mehrwert­steuer-Systemrichtlinie hin. So gilt nach Art. 295 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL als land-, forst- und fisch­wirtschaft­licher Betrieb ein Betrieb, der in den einzelnen Mitgliedstaaten unter weiteren Voraus­setzungen als solcher eingestuft wird. Dies spricht für eine nationale Begriffs­bestimmung und damit für eine Beschränkung auf nationale Betriebe (Urteil des Bundes­finanz­gerichts der Republik Österreich - BFG ‑ v. 4.9.2019 - RV/2100317/2018, at:bfg:2019:rv.2100317.2018, unter I., EU-Recht a.E.).
  • Insbesondere aber spricht der Wortlaut der Art. 297 bis 299 MwStSystRL für eine Beschränkung auf im jeweiligen Mitgliedstaat ansässige Land- und Forstbetriebe. Danach werden die von den Mitgliedstaaten festgelegten Pauschalausgleichs-Prozentsätze anhand der allein für die Pauschallandwirte geltenden makro­ökonomischen Daten der letzten drei Jahre bestimmt. Die Ermittlung der makroökonomischen Daten kann von jedem Mitgliedstaat nur in Bezug auf die im jeweiligen Mitgliedstaat ansässigen Land- und Forstwirte erfolgen. Damit beziehen sich die Pauschal­ausgleichs-Prozentsätze auf die wirtschaftliche Tätigkeit der im jeweiligen Mitgliedstaat ansässigen Land- und Forstwirte.
  • In diesem Sinne hat der EuGH in der Rechtssache Kommission/Portugal die Berechnungs­modalitäten festgelegt und dabei unter anderem ausdrücklich auf die Mehrwertsteuer-Vorbelastung der portugiesischen Pauschallandwirte Bezug genommen, die durch Bestimmung eines Pauschal­ausgleichs-Prozentsatzes evident wird (vgl. EuGH, Urteil v. 8.3.2012 - C-524/10 "Kommission/Portugal", Rz 58). Dies spricht gegen eine Anwendung auf im EU-Ausland ansässige Land- und Forstwirte, deren Durch­schnittssatz­besteuerung sich wegen des Bezugs auf im dortigen Staat ermittelte Daten vom Inland unterscheiden kann.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 22.3.2023 - XI R 14/21; NWB Datenbank (il)

 
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