Online-Nachricht - Donnerstag, 31.08.2023
Verfahrensrecht | Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist für den Erlass eines Grunderwerbsteuerbescheids (BFH)
Bei einer Besteuerung gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG kommt einer Anzeige nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GrEStG oder nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrEStG jedenfalls dann keine die Anlaufhemmung (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) beendende Wirkung für die Feststellungs- und für die Festsetzungsfrist der zu erlassenden Bescheide zu, wenn die nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG erforderlichen Angaben in Bezug auf ein Grundstück vollständig fehlen (BFH, Urteil v. 25.4.2023 - II R 10/21; veröffentlicht am 31.8.2023).
Sachverhalt: Der Kläger ist ein Kirchenkreis in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Er war in Höhe von 50 % an einer grundbesitzenden gemeinnützigen GmbH (gGmbH) beteiligt. Mitgesellschafter der gGmbH war in Höhe von 50 % ein eingetragener Verein. Dieser übertrug nach seiner Auflösung mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13.3.2013 (Anteilsübertragungsvertrag) seinen 50 %-Anteil an der gGmbH auf den Kläger. Die Grundstücke der gGmbH lagen in verschiedenen Finanzamtsbezirken.
Nachdem der Kläger im Jahr 2014 eine ergänzte Grundstücksliste übermittelt hatte, erließ das FA am 7.10.2014 einen geänderten Feststellungsbescheid, der auch diese Grundstücke erfasste. Die in dem Bescheid vorgesehenen Spalten für die Angaben zur Steuerbefreiung des Erwerbsvorgangs waren von dem FA durchgestrichen worden. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Für den in seinem Bezirk belegenen Grundbesitz erließ das FA am 19.12.2017 Bescheide über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts für Zwecke der Grunderwerbsteuer auf den 13.3.2013 (Wertfeststellungsbescheide), die ebenfalls bestandskräftig wurden.
Mit Bescheid vom 23.1.2018 (Grunderwerbsteuerbescheid) setzte das FA Grunderwerbsteuer fest. Gegen den Grunderwerbsteuerbescheid legte der Kläger Einspruch ein. Dieser wurde mit Einspruchsentscheidung vom 11.9.2018 als unbegründet zurückgewiesen.
Der BFH führte hierzu u.a. aus:
- Der Erlass des Grunderwerbsteuerbescheids vom 23.1.2018 war nicht wegen Festsetzungsverjährung unzulässig (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Er erging innerhalb der Festsetzungsfrist.
- Das FG ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Grunderwerbsteuerbescheid nicht aus anderen Gründen rechtswidrig oder nichtig ist. Er setzt die bestandskräftig gewordenen bindenden Feststellungen des geänderten Feststellungsbescheids über die Besteuerungsgrundlagen nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3a GrEStG v. 7.10.2014 und der Feststellungsbescheide über den Grundbesitzwert auf den 13.3.2013 v. 19.12.2017 zutreffend um. Ein wirksamer Feststellungsbescheid löst nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO in Bezug auf seine Feststellungen Bindungswirkung für den Folgebescheid aus (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 18.7.2012 - X R 28/10 Rz 22).
- Schließlich ist das FG auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine abweichende Steuerfestsetzung der Grunderwerbsteuer aus Billigkeitsgründen nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO hat.
Quelle: BFH, Urteil v. 25.4.2023 - II R 10/21; NWB Datenbank (JT)
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