Online-Nachricht - Donnerstag, 13.07.2023

Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug einer geschäfts­leitenden Holding (BFH)

Der BFH hat im Anschluss an die EuGH-Entscheidung v. 8.9.2022 - C 98/21 "Finanzamt R" zum Vorsteuerabzug einer geschäftsleitenden Holding geurteilt (BFH, Urteil v. 15.2.2023 - XI R 24/22 (XI R 22/18); veröffentlicht am 13.7.2023).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Klägerin ist eine GmbH und Gesellschafterin zweier Kommandit­gesell­schaften (X und Y-KG). Die KGs erwarben Grundstücke und errichteten hierauf Wohngebäude mit dem Ziel, die bebauten Grundstücke zu veräußern. Neben der Klägerin waren jeweils noch Dritte an den KGs beteiligt, wobei die Klägerin jeweils die Mehrheit der Kommandit­anteile hielt.

Bei beiden KGs wurde die Erbringung eines Aufgelds der Gesellschafter zur Finanzierung der Bautätigkeit vereinbart. Während die übrigen Gesellschafter ihren jeweiligen Anteil an den Aufgeldern in Geld erbrachten, hatte die Klägerin ihren Anteil durch Erbringung unentgeltlicher Dienstl­eistungen (Architekten­leistungen, statischen Berechnungen, Vertrieb u.a.) zu leisten.

Zudem hatte die Klägerin für die KGs Buchführungs- und Geschäfts­führungs­leistungen zu erbringen. Hierzu gehörten die Ein- und Ausstellung von Personal, der Materialeinkauf, die Aufstellung des Jahresabschlusses sowie die Wahrnehmung der steuerlichen Deklaration und Kommunikation gegenüber dem Finanzamt. Im Gegensatz zu den o. g. Leistungen im Zusammen­hang mit den Aufgeldern wurden die Buchführungs- und Geschäfts­führungs­leistungen entgeltlich erbracht. Die geschuldeten Gesell­schafter­beiträge (Aufgeld) erbrachte die Klägerin nicht nur mit eigenem Personal, sondern auch mit Hilfe von dritten Unternehmen, die der Klägerin die von ihnen erbrachten Leistungen (zutreffend) mit gesondertem Umsatzsteuer­ausweis in Rechnungen stellten.

Die Klägerin begehrte diese in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge im Rahmen des Vorsteuer­abzugs. Das FG der ersten Instanz ließ einen Vorsteuerabzug in vollem Umfang zu (FG Niedersachsen, Urteil v. 19.4.2018 - 5 K 285/16; ausführlich hierzu Esch, USt direkt digital 8/2019 S. 9).

Daraufhin legte der BFH dem EuGH die u.a. die folgende Frage zur Vorabentscheidung vor:

  • Sind unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der Richtlinie 2006/112/EG dahin gehend auszulegen, dass einer geschäftsleitenden Holding, die steuerpflichtige Ausgangsumsätze an Tochtergesellschaften ausführt, das Recht auf Vorsteuerabzug auch für Leistungen, die sie von Dritten bezieht und gegen die Gewährung einer Beteiligung am allgemeinen Gewinn in die Tochter­gesellschaften einlegt, zusteht, obwohl die bezogenen Eingangs­leistungen nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den eigenen Umsätzen der Holding, sondern mit den (weitgehend) steuerfreien Tätigkeiten der Tochter­gesellschaften stehen, die bezogenen Eingangs­leistungen in den Preis der (an die Tochter­gesellschaften erbrachten) steuerpflichtigen Umsätze keinen Eingang finden und nicht zu den allgemeinen Kostenelementen der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit der Holding gehören?

Der EuGH entschied, dass der Holdinggesellschaft kein Vorsteuerabzug für die Leistungen der Dritten zusteht, wenn erstens die bezogenen Eingangs­leistungen nicht in direktem und unmittelbarem Zusammen­hang mit den eigenen Umsätzen der Holding­gesellschaft, sondern mit den weitgehend steuerfreien Tätigkeiten der Tochtergesellschaften stehen, zweitens diese Eingangsleistungen in den Preis der an die Tochtergesellschaften erbrachten steuerpflichtigen Umsätze keinen Eingang finden und drittens diese Leistungen nicht zu den allgemeinen Kosten­elementen der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit der Holding­gesellschaft gehören (ausführlich hierzu Hartmann, NWB 42/2022 S. 2969).

Dem folgend gaben die Richter des BFH der Revision des FA statt:

Einer Holdinggesellschaft ist der Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen zu versagen, die

  • nicht in einem direkten und unmittelbaren Zusammen­hang mit von der Holding erbrachten steuerpflichtigen Dienstleistungen, sondern mit von ihr als Gesellschafter­beitrag geschuldeten unentgeltlichen Dienstleistungen stehen,
  • nicht in direktem und unmittelbarem Zusammen­hang mit den eigenen Umsätzen der Holding, sondern mit den Umsätzen Dritter (der Tochter­gesellschaften) stehen,
  • in den Preis der an die Tochtergesellschaften erbrachten steuerpflichtigen Umsätze keinen Eingang finden und
  • nicht zu den allgemeinen Kostenelementen der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit der Holding gehören.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 15.2.2023 - XI R 24/22 (XI R 22/18); NWB Datenbank (il)

 
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