Online-Nachricht - Donnerstag, 27.04.2023

Gewerbesteuer | Erweiterte Kürzung: Keine teleologische Reduktion im Fall von Sonder­vergütungen an nicht der Gewerbe­steuer unter­liegende Mitunter­nehmer (BFH)

§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG ist auch dann anzuwenden, wenn der die Sonder­vergütung beziehende Gesell­schafter nicht der Gewerbe­steuer unterliegt (BFH, Urteil v. 9.3.2023 - IV R 25/20; veröffentlicht am 27.4.2023).

Hintergrund: Aufgrund der sog. erweiterten Kürzung unterliegen Erträge von Grund­stücks­unternehmen, soweit sie aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grund­besitzes resultieren, im Ergebnis nicht der Gewerbesteuer. Die erweiterte Kürzung gilt gem. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG nicht für bestimmte Sonder­vergütungen, die das Grund­stücks­unter­nehmen an seine Gesellschafter zahlt. Durch diesen Ausschluss sollen Gestaltungen verhindert werden, bei denen ein gewerbe­steuer­pflichtiger Dritter eine Gesell­schafter­stellung begründet, damit Zahlungen der Grundstücks­gesell­schaft an ihn in den Kürzungs­umfang einbezogen werden.

Sachverhalt: Streitig ist, ob § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG auch dann anzuwenden ist, wenn der Empfänger der Sonder­vergütungen nicht der Gewerbe­steuer unterliegt.

Klägerin des Verfahrens war eine grundstücks­verwaltende GmbH & Co. KG. Im Streitjahr 2016 fielen bei ihr Aufwendungen für die Verzinsung von Darlehens­konten i. H. von ca. 72.000 € an, die bei ihren Gesellschaftern als Sonder­betriebs­einnahmen erfasst wurden. Diese Zinsaufwendungen entfielen i. H. von ca. 66.000 € auf ihren Mehrheits­komman­ditisten, der nicht gewerbe­steuer­pflichtig war. Das beklagte FA qualifizierte die Zinsen in voller Höhe als Vergütungen i. S. des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG und versagte insofern eine erweiterte Kürzung bei der Ermittlung des Gewerbe­ertrags der Klägerin.

Das FG wies die Klage als unbegründet ab (FG Düsseldorf, Urteil v. 3.9.2020 - 9 K 3300/18 G,F; siehe hierzu unsere Online-Nachricht v. 9.10.2020).

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:

  • Bei der Klägerin handelt es sich um eine gewerblich geprägte Personen­gesellschaft i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Ihr Betrieb unterliegt daher nach § 2 Abs. 1 GewStG unabhängig von der Art der ausgeübten Tätigkeit der Gewerbesteuer.
  • Ob § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG auch dann zur Anwendung gelangt, wenn der Vergütungs­empfänger nicht der Gewerbesteuer unterliegt und § 9 Nr. 2 GewStG damit nicht zur Anwendung kommen kann, ist umstritten. Nach der wohl überwiegenden Literatur­meinung ist die Norm in diesem Fall aufgrund ihres über­schießenden Charakters teleologisch zu reduzieren. Nach anderer Auffassung ist der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG eindeutig und einer teleolo­gischen Reduktion nicht zugänglich.
  • Der erkennende Senat hält § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG auch dann für einschlägig, wenn der Vergütungs­empfänger nicht der Gewerbesteuer unterliegt.
  • Der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a Satz 1 GewSt setzt allein "Vergütungen im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 des Einkommen­steuer­gesetzes" voraus, "die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz, bezogen hat". Dass der Gesellschafter als Vergütungs­empfänger der Gewerbesteuer unterliegt, verlangt die Norm nicht.
  • Auch Sinn und Zweck der Norm sowie historische Erwägungen rechtfertigen keine einschränkende Auslegung. Systematische Erwägungen, die für das gegenteilige Auslegungs­ergebnis sprechen, sind ebenfalls nicht ersichtlich.
  • Entgegen der Auffassung der Klägerin und der überwiegenden Literatur­meinung kann § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG in den Fällen, in denen der Vergütungs­empfänger nicht der Gewerbesteuer unterliegt, auch nicht teleologisch reduziert werden.
  • In Anwendung dieser Grundsätze hat die Vorinstanz zu Recht entschieden, dass die Sondervergütungen nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG nicht der erweiterten Kürzung unterliegen.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 9.3.2023 - IV R 25/20; NWB Datenbank (RD)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im IV. Senat des BFH Walter Bode gelangen Sie hier (Login erforderlich).

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