Online-Nachricht - Donnerstag, 30.03.2023

Grunderwerbsteuer | Zurechnung von Grund­stücken nach Abschluss einer Verein­barungs­treuhand (BFH)

Ein inländisches Grundstück ist einer Gesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer­schuld für den nach § 1 Abs. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unter­liegenden Rechtsvorgang zuzurechnen, wenn sie zuvor in Bezug auf dieses Grundstück einen unter § 1 Abs. 1 GrEStG (und die Verwertungs­befugnis einschließenden) oder einen unter § 1 Abs. 2 GrEStG fallenden Erwerbs­vorgang verwirklicht hat (BFH, Urteil v. 14.12.2022 - II R 40/20; veröffentlicht am 30.3.2023).

Sachverhalt: Die Klägerin, eine GmbH, erwarb durch Kaufverein­barung vom 19.4.2004 von der MG 100 % der Anteile an der DN. Die DN war teils mittelbar, teils unmittelbar zu insgesamt 100 % an drei GmbHs beteiligt, die Eigentümer inländischen Grundbesitzes in verschiedenen Bundesländern und Finanzamtsbezirken waren.

Mit Treuhandverträgen vom 20.12.2002 hatte die MG mit den GmbHs jeweils eine Vereinbarungs­treuhand begründet. Danach hielten die GmbHs als Treuhänder mit Wirkung ab dem 31.12.2002 einen erheblichen Teil der zu ihrem bisherigen Geschäftsbetrieb gehörenden Vermögens­gegen­stände einschließlich Grundbesitz, jedoch ohne Beteiligungen, für Rechnung und Gefahr der MG als Treugeber.

Parallel zur Kaufvereinbarung vom 19.4.2004 übertrug MG sämtliche Rechte und Pflichten aus den Treuhand­verträgen auf Tochtergesellschaften der Klägerin. Auch für diese Übertragungen wurde - ebenso wie bereits zuvor für die Treuhandvereinbarungen vom 20.12.2002 - Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2 GrEStG festgesetzt.

Das seinerzeit zuständige Finanzamt stellte die Besteuerungsgrundlagen für den unmittelbaren Erwerb der Anteile an der DN aufgrund Kaufverein­barung vom 19.4.2004 gesondert fest. Neben den im Eigentum der drei GmbHs befindlichen Grundstücken erfasste der Bescheid ein im Eigentum einer Tochter­gesell­schaft einer der GmbHs stehendes Gebäude in Z. Der Fest­stellungs­bescheid wurde am 17.12.2009 aus im Revisionsverfahren nicht streitigen Gründen geändert. Der gegen den Bescheid vom 4.12.2009 in Gestalt des Änderungs­bescheids vom 17.12.2009 eingelegte Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 7.10.2011 zurückgewiesen.

Im Klageverfahren vor dem FG beantragte die Klägerin sinngemäß, die Bescheide dahingehend zu ändern, dass die Feststellungen nur in Bezug auf das Gebäude in Z verbleiben und im Übrigen aufgehoben werden.

Das FG gab der Klage in der so formulierten Weise statt (Hessisches FG, Urteil v. 12.11.2020 - 5 K 2582/11).

Der BFH hat die Revision als begründet angesehen und das FG-Urteil aufgehoben:

  • Die Vorentscheidung war bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Das FG durfte den angefochtenen Fest­stellungs­bescheid nicht nach § 100 Abs. 2 FGO ändern. Hat das FA in einem Feststellungs­bescheid nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG Feststellungen zu mehreren Grundstücken getroffen, von denen eines oder mehrere nicht in die Feststellungen hätte einbezogen werden dürfen, ist der Bescheid insgesamt rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Eine bloße Änderung oder nur teilweise Aufhebung des Feststellungsbescheids ist nicht möglich.
  • Im Ergebnis zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die Grundstücke am 19.4.2004 der DN nicht mehr i. S. des § 1 Abs. 3 GrEStG "gehörten". Entgegen der Auffassung des FG konnte der Fehler des FA in dem angegriffenen Bescheid aber nicht durch dessen Änderung behoben werden.
  • Ein inländisches Grundstück ist einer Gesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld für den nach § 1 Abs. 3 GrEStG der Grund­erwerb­steuer unter­liegenden Rechtsvorgang zuzurechnen, wenn sie zuvor in Bezug auf dieses Grundstück einen unter § 1 Abs. 1 GrEStG (und die Verwertungsbefugnis einschließenden) oder einen unter § 1 Abs. 2 GrEStG fallenden Erwerbs­vorgang verwirklicht hat. Für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG ist es ihr nicht mehr zuzurechnen, wenn ein Dritter in Bezug auf dieses Grundstück einen unter § 1 Abs. 1 GrEStG (und die Verwertungs­befugnis einschließenden) oder einen unter § 1 Abs. 2 GrEStG fallenden Erwerbs­vorgang verwirklicht hat.
  • Der BFH kann über die Entscheidung des FG hinaus zu Lasten des Revisionsklägers in der Sache entscheiden, wenn die Entscheidung eine unver­meidbare Folge einer prozessual gebotenen Aufhebung des angefochtenen Urteils und der erneuten Entscheidung über den Klageantrag ist.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 14.12.2022 - II R 40/20; NWB Datenbank (RD)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im II. Senat des BFH Prof. Dr. Matthias Loose gelangen Sie hier (Login erforderlich).

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