Steuerliche Eröffnungsbilanz nach Ausübung der KöMoG-Option

In BBK 17/2021 S. 833 und BBK 22/2021 S. 10911 wurde bereits dargestellt, welche bilanziellen Auswirkungen eine Option zur Körperschaftsteuer für Personenhandelsgesellschaften2 und Partnerschaftsgesellschaften hat. In diesem Buchführungs-Seminar werden die Folgen für die steuerliche Eröffnungsbilanz aufgezeigt, falls bei einem Gesellschafter eine Ergänzungsbilanz vorhanden ist und – wie in der Praxis regelmäßig gefordert – die Buchwerte fortgeführt werden sollen.

I. Optionserklärung nach § 1a KStG

Personengesellschaften können nach § 1a Abs. 1 Satz 1 KStG zur Körperschaftsteuer optieren. Wird der Antrag für den Veranlagungszeitraum 2022 gestellt, was den frühestmöglichen Anwendungszeitraum bei einem kalendergleichen Wirtschaftsjahr darstellt, musste die Optionserklärung spätestens am  erfolgen.

Die Option zur Körperschaftsteuer führt über die Annahme eines fiktiven Formwechsels3 zur Anwendung aller Regelungen des KStGEStGGewStGSolZGAStG und des UmwStG, die für Kapitalgesellschaften gelten,4 nicht aber dazu, dass zivilrechtlich tatsächlich ein Formwechsel erfolgt. Es handelt sich um eine rein steuerliche Fiktion.

II. Hinweis zur Handelsbilanz

Mangels Vorliegens eines zivilrechtlich relevanten Formwechsels besteht die Personengesellschaft unverändert fort. Es gibt – wiederum zivilrechtlich – weder einen Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang noch eine sonst irgendwie geartete Auflösung stiller Reserven o. Ä.

Als Folge davon bleiben der Ansatz und die Bewertung sämtlicher Bilanzposten aus der handelsbilanziellen Schlussbilanz der Personengesellschaft, die vor der Wirksamkeit der Option aufgestellt wurde, mit Wirkung ab der Option unverändert.

Es besteht auch keine Notwendigkeit, eine handelsbilanzielle Eröffnungsbilanz zu erstellen. Die Schlussbilanzwerte der Handelsbilanz mit dem Abschlussstichtag vor der Option werden ohne jede Besonderheit als Eröffnungsbilanzwerte zum Geschäftsjahresbeginn, an dem die Option wirkt, vorgetragen.

III. Auswirkungen auf die Steuerbilanz

1. Gesamthandssteuerbilanz

Der fiktive Formwechsel macht es erforderlich, dass eine steuerliche Eröffnungsbilanz aufgestellt wird (vgl. § 25 Satz 1 i. V. mit § 9 Satz 2 UmwStG). Die Ansätze und Bewertungen für die einzelnen Wirtschaftsgüter entsprechen in der Eröffnungsbilanz bei Buchwertfortführung denen der letzten Schlussbilanz.

Beim Zeitwertansatz müssen alle stillen Reserven zusätzlich aktiviert werden, das gilt auch für den Geschäfts- oder Firmenwert; ebenso sind die stillen Lasten aufzulösen. Für den Zwischenwertansatz gilt diese Aussage analog, aber mit der Vorgabe, dass die Auflösung nicht in vollem Umfang, sondern nur anteilig erfolgt.

2. Sonderbilanzen

Sonderbilanzen sind nicht fortzuführen, da Sonderbetriebsvermögen ab der Wirkung der Optionserklärung nicht mehr gegeben sein kann.5

Hinweis:

Vgl. hierzu sowie generell zum Sonderbetriebsvermögen die Rz. 44 sowie die Rz. 32 ff. des .6

3. Ergänzungsbilanzen

Auch die Ergänzungsbilanzen sind ab der Wirkung der Option nicht mehr fortzuführen. Hinsichtlich deren Werte bzw. den dahinter stehenden Wirtschaftsgütern sind aber keine besonderen Maßnahmen (wie beim Sonderbetriebsvermögen) erforderlich. Sie sind für die Option nicht hinderlich.

Vielmehr besteht das steuerliche Einlagekonto (§ 1a Abs. 2 Satz 4 KStG) aus dem Eigenkapital, das in der steuerlichen Schlussbilanz (Gesamthandssteuerbilanz) ausgewiesen wird, zu dem das positive Eigenkapital in den Ergänzungsbilanzen addiert bzw. das negative subtrahiert wird.7

Hinweis:

Die Buchwerte der durch die Option eingebrachten Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens sind unter Berücksichtigung von Ergänzungsbilanzen zu bestimmen.8

IV. Ausgangssachverhalt

Die A-GmbH & Co. KG weist zum  folgende Positionen9 in der Steuerbilanz aus:

Aktiva
Steuerbilanz 
Passiva
Pkw
24.590 €
Kommanditkapital
20.000 €
Geschäftsausstattung
10.210 €
Gewinnrücklagen
9.000 €
Anteile Komplementär-GmbH
25.000 €
Ausgleichsposten eigene Anteile
25.000 €
Forderungen aus LuL
19.816 €
Sonstige Rückstellungen
8.221 €
Sonstige Vermögensgegenstände
783 €
Bankdarlehen bis 1 Jahr
15.110 €
Forderungen GewSt
1.510 €
Verbindlichkeiten aus LuL
1.570 €
Aktive Rechnungsabgrenzung
1.241 €
Sonstige Verbindlichkeiten bis 1 Jahr
4.249 €
Summe
83.150 €
Summe
83.150 €

 

Beteiligt an der A-GmbH & Co. KG ist die Kommanditistin B, die 100 % der Kommanditanteile hält. Die Anteile an der Komplementär-GmbH stehen im Eigentum der GmbH & Co. KG selbst (sog. Einheitsgesellschaft), weshalb auch der Ausgleichsposten für aktivierte eigene Anteile gem. § 264c Abs. 4 Satz 2 HGB gebildet worden ist.

B hatte die Kommanditanteile i. H. von 20.000 € am  von dem Gründungsgesellschafter A erworben und den Kaufpreisanteil, der für die stillen Reserven bezahlt wurde, in einer Ergänzungsbilanz aktiviert sowie über die steuerlich anzunehmende Nutzungsdauer von 15 Jahren abgeschrieben (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG). Die fortgeführte Ergänzungsbilanz weist zum  folgende Werte aus:

Aktiva
Ergänzungsbilanz B 
Passiva
Geschäfts- oder Firmenwert
74.120 €
Kapital
74.120 €
Summe
74.120 €
Summe
74.120 €


Die A-GmbH & Co. KG hat noch rechtzeitig im Jahr 2021 zur Besteuerung nach § 1a KStG ab dem Veranlagungszeitraum 2022 optiert und diese Option nach dem amtlich vorgeschriebenen Datensatz durch Datenfernübertragung dem für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte nach § 180 AO zuständigen Finanzamt (§ 18 AO) der GmbH & Co. KG übermittelt (§ 1a Abs. 1 Satz 2 KStG). B hatte vor der Datenübermittlung der Option zugestimmt (§ 1a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 KStG i. V. mit § 217 Abs. 1 Satz 1 UmwG).

Auch der Antrag, die Buchwerte fortzuführen, wurde rechtzeitig gestellt.

Hinweis:

Für den fiktiven Formwechsel gilt § 25 Satz 1 UmwStG. Danach sind auch die Vorschriften der §§ 20 bis 23 UmwStG anzuwenden. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG fordert, den Antrag, die Buchwerte fortzuführen, spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der übernehmenden Gesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen.S. 1164

Damit sind die Anträge bei zwei Finanzämtern zu stellen: (a) Option nach § 1a KStG bei dem für die GmbH & Co. KG zuständigen Finanzamt und (b) Buchwertantrag10 bei dem für die Besteuerung der übernehmenden Gesellschaft zuständigen Finanzamt. Auch wenn es zivilrechtlich keine übernehmende Gesellschaft gibt, kann dies nur bedeuten, es handelt sich um das Finanzamt, welches nach der Option zuständig ist; also das Finanzamt, welches die Besteuerung „wie eine Kapitalgesellschaft“ durchführt.

V. Erstellung der steuerlichen Eröffnungsbilanz

Die A-GmbH & Co. KG ist ab dem  steuerlich nach den Vorschriften für Kapitalgesellschaften zu behandeln. Sie führt dennoch die Handelsbilanz unverändert fort (siehe Abschnitt II), muss aber eine steuerliche Eröffnungsbilanz erstellen (siehe Abschnitt III). Diese Eröffnungsbilanz ergibt sich, da die Buchwerte fortgeführt werden, durch die Saldierung der Ergänzungsbilanz mit der letzten steuerlichen Schlussbilanz der Personengesellschaft. Diese Saldierung erfolgt durch eine Auf- und Abstockung mit den Buchwerten der steuerlichen Gesamthandsschlussbilanz. Da die Eröffnungsbilanzwerte in diesem Fall positiv sind, erfolgt eine Aufstockung. Die Ergänzungsbilanz selbst ist bei der optierenden Personengesellschaft ab dem  nicht mehr zu erstellen.

In der Literatur wird vorgeschlagen, die Aufstockungen der Steuerbilanz, die aus dem Wegfall der Ergänzungsbilanz resultieren, gegen einen passiven Ausgleichsposten zu buchen.11 Hiergegen spricht m. E., dass sich das steuerliche (Eigen-)Kapital der Personengesellschaft aus der Summe des Kapitals in der Gesamthands- und der Ergänzungsbilanz zusammengesetzt hat.12 Ich plädiere deshalb dafür, die Aufstockung gegen ein Eigenkapitalkonto zu buchen, wofür im Übrigen auch spricht, dass sich auch das steuerliche Einlagekonto (siehe Abschnitt III.3) so ergibt:

Kommanditkapital
20.000 €
Gewinnrücklagen
9.000 €
Kapital Ergänzungsbilanz
74.120 €
Summe steuerliches Eigenkapital
103.120 €

 

Dieser Auffassung folgt die buchungstechnische Lösung. Das Kapital der steuerlichen Ergänzungsbilanz wird deshalb unverändert dem Konto 2010 (SKR 04) gutgeschrieben; ggf. sollte die Kontobezeichnung angepasst werden.

Folgende Buchungen sind zur Erstellung der steuerlichen Eröffnungsbilanz erforderlich:

0150
Geschäfts- oder Firmenwert
74.120 €
an
9000
Saldovortrag
74.120 €
0520
Pkw
24.590 €
an
9000
Saldovortrag
24.590 €
0635
Geschäftsausstattung
10.210 €
an
9000
Saldovortrag
10.210 €
0806
Anteile Komplementär-GmbH
25.000 €
an
9000
Saldovortrag
25.000 €
1200 [13]
Forderungen aus LuL
19.816 €
an
9008
Saldovortrag
19.816 €
1300
Sonstige
783 €
an
9000
Saldovortrag
783 €
 
Vermögensgegenstände
         
1435
Forderungen GewSt
1.510 €
an
9000
Saldovortrag
1.510 €
1900
Aktive Rechnungsabgrenzung
1.241 €
an
9000
Saldovortrag
1.241 €
9000
Saldovortrag
20.000 €
an
2050
Kommanditkapital
20.000 €
9000
Saldovortrag
74.120 €
an
2010
Kapital Ergänzungsbilanz
74.120 €
9000
Saldovortrag
9.000 €
an
2960
Gewinnrücklagen
9.000 €
9000
Saldovortrag
25.000 €
an
9880
Ausgleichsposten eigene Anteile
25.000 €
9000
Saldovortrag
8.221 €
an
3070
Sonstige Rückstellungen
8.221 €
9000
Saldovortrag
15.110 €
an
3151
Bankdarlehen bis 1 Jahr
15.110 €
9009
Saldovortrag
1.570 €
an
330014
Verbindlichkeiten aus LuL
1.570 €
9000
Saldovortrag
4.249 €
an
3501
Sonstige Verbindlichkeiten bis 1 Jahr
4.249 €

 

Aufgrund der Eröffnungsbilanzbuchungen ergibt sich folgende steuerliche Eröffnungsbilanz am :

Aktiva
Eröffnungssteuerbilanz 
Passiva
Geschäfts- oder Firmenwert
74.120 €
Kommanditkapital
20.000 €
Pkw
24.590 €
Kapital aus Ergänzungsbilanz
74.120 €
Geschäftsausstattung
10.210 €
Gewinnrücklagen
9.000 €
Anteile Komplementär-GmbH
25.000 €
Ausgleichsposten eigene Anteile
25.000 €
Forderungen aus LuL
19.816 €
Sonstige Rückstellungen
8.221 €
Sonstige Vermögensgegenstände
783 €
Bankdarlehen bis 1 Jahr
15.110 €
Forderungen GewSt
1.510 €
Verbindlichkeiten aus LuL
1.570 €
Aktive Rechnungsabgrenzung
1.241 €
Sonstige Verbindlichkeiten bis 1 Jahr
4.249 €
Summe
157.270 €
Summe
157.270 €

 

Am  ist der Geschäfts- oder Firmenwert aufgrund der Buchwertfortführung – im Wert unverändert zu den Vorjahren – mit 5.702 €15 gewinnmindernder Wirkung abzusetzen:

6205
Abschreibungen auf den Geschäfts- oder Firmenwert
5.702 €
an
0150
Geschäfts- oder Firmenwert
5.702 €

Fazit

Die wesentlichen Herausforderungen einer Option nach dem Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz liegen bei den rechtlichen Vorgaben. Die buchungstechnische Behandlung bei der Aufstellung der steuerlichen Eröffnungsbilanz folgt dem, was aus dem bisher schon möglichen „normalen“ Formwechsel bekannt ist. Insbesondere der fiktive Formwechsel zu Buchwerten sollte keine wesentlichen Schwierigkeiten bereiten, da die Aufstockungen um die Ergänzungsbilanzwerte durch eine einfache Addition (bzw. Buchung) zu bewerkstelligen sind.

 

Autor

Wolfgang Eggert,
StB/WP, ist BBK-Herausgeber. Neben seiner Beratungstätigkeit für andere Steuerkanzleien ist er insbesondere in wesentlichem Umfang in der Schulung von Mitarbeitern, Kollegen und Steuerberateranwärtern tätig. Darüber hinaus erstellt er die Inhalte für steuerrechtliche elektronische Medien und verfasst Aufsätze sowie Bücher (www.wolfgang-eggert.de).

Fundstelle(n):
BBK 2021 Seite 1161 - 1166
NWB IAAAH-96270


1Eggert, Bilanzielle Folgen des Optionsmodells nach dem KöMoG, BBK 17/2021 S. 833NWB IAAAH-87386 und Eggert, Nochmals: Sonderbetriebsvermögen im Optionsmodell des KöMoG, BBK 22/2021 S. 1091NWB FAAAH-94424.

2In der Folge kurz „Personengesellschaften“.

3Vgl. Eggert, Bilanzielle Folgen des Optionsmodells nach dem KöMoG, BBK 17/2021 S. 833 NWB IAAAH-87386.

4 :004 NWB IAAAH-90311, Rz. 50.

5Eggert, Berücksichtigung von Sonderbetriebsvermögen im Optionsmodell des KöMoG, BBK 13/2021 S. 628 NWB CAAAH-81883.

6 :004 NWB IAAAH-90311. Vgl. auch Eggert, Nochmals: Sonderbetriebsvermögen im Optionsmodell des KöMoG – BMF-Schreiben mit Lösungsansätzen, BBK 22/2021 S. 1091 NWB FAAAH-94424.

7 :004 NWB IAAAH-90311, Rz. 42.

8 :004 NWB IAAAH-90311, Rz. 39.

9Angegeben sind die Kontenwerte, damit die Buchungen besser nachvollzogen werden können, nicht aber die Positionsbezeichnungen des § 266 Abs. 2 und 3 HGB.

10Der Antrag ist auch in dem Fall, dass Zwischenwerte angesetzt werden sollen, notwendig. Ohne den rechtzeitig gestellten Antrag sind die gemeinen Werte anzusetzen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG).

11Demuth, KÖSDI 5/2021 S. 22241, Rz. 16.

12Grundsätzlich zusätzlich erhöht durch das Kapital der Sonderbilanzen, die hier aber nicht vorhanden sind.

13In der Buchführungspraxis sind die einzelnen Debitoren einzubuchen oder programmtechnisch zu übernehmen.

14In der Buchführungspraxis sind die einzelnen Kreditoren einzubuchen oder programmtechnisch zu übernehmen.

15Anschaffungskosten zum  i. H. von 85.523 €, verteilt auf 15 Jahre Nutzungsdauer. Der Wert von 5.702 € ist gerundet.

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