Die neue Corona-Überbrückungshilfe: ein Mammut-Thema für Steuerberater
Rahmendaten der Corona-Überbrückungshilfe
Am 12.6.2020 hat die Bundesregierung ein Folgeprogramm für die „Corona-Soforthilfe“ beschlossen: Die „Corona-Überbrückungshilfe“. Diese soll Unternehmen, die weiterhin stark von Schließung oder Umsatzeinbußen betroffen sind, bei den Fixkosten für die Monate Juni bis August 2020 durch nicht rückzahlbare Zuschüsse unterstützen. Antragsberechtigt sind u.a. KMU, Soloselbständige sowie selbständige Angehörige der Freien Berufe im Haupterwerb.
Voraussetzung ist u.a. eine Einstellung der Geschäftstätigkeit vollständig oder zu wesentlichen Teilen in Folge der Corona-Pandemie. Das wird angenommen, wenn der Umsatz in den Monaten April und Mai 2020 zusammengenommen um mindestens 60 % gegenüber April und Mai 2019 eingebrochen ist. Wichtig: Hier werden offensichtlich die Umsätze der beiden Monate addiert betrachtet – sowohl für 2020 wie für das Vergleichsjahr 2019. Und der Antragsteller darf sich am 31.12.2019 gemäß EU-Definition nicht in Schwierigkeiten befunden haben – dies entspricht der gleichen Voraussetzung wie bei der Corona-Soforthilfe.
Wie hoch der Zuschuss ausfallen kann
Hier wird es jetzt richtig kompliziert: Der Zuschuss wird einen Teil der Fixkosten des Unternehmens übernehmen. Dabei ist die Höhe gekoppelt an die Höhe des Umsatzrückgangs in den Monaten Juni bis August 2020 und wird wie folgt dargestellt:
- 80 % der Fixkosten bei mehr als 70 % Umsatzeinbruch,
- 50 % bei Einbruch zwischen 50 und 70 %,
- 40 % bei Einbruch zwischen 40 und unter 50 %.
So läuft der Antragsweg ab
Hier wird es richtig spannend: Es handelt sich um ein digitales, zweistufiges Antragsverfahren durch Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer. Zuständig für die Durchführung sind die Länder.
- Stufe 1: Glaubhaftmachung der Antragsvoraussetzungen und der erstattungsfähigen Fixkosten. Hier irritiert der Begriff „Glaubhaftmachung“. Denn die Umsätze für die Monate April und Mai 2020 als erste Voraussetzung sollten bei Antragstellung (irgendwann ab Mitte Juli) ja bekannt sein. Selbst die Umsatzsteuervoranmeldung für Mai mit 1/11 Regelung ist dann durch. Bei vierteljährlicher Umsatzsteuervoranmeldung sollte es auch möglich sein, die Umsätze April und Mai gebucht zu haben. Klar: Die voraussichtlichen Fixkosten für die Monate Juni bis August werden bei Antragstellung im Juli (?) noch nicht vollständig bekannt sein.
- Stufe 2: Nachträglicher Nachweis – nach Programmende findet eine Soll-Ist-Abrechnung statt. Bei Abweichung der tatsächlichen Umsätze von der Prognose sind zu viel gezahlte Zuschüsse zurückzuzahlen oder werden nachträglich aufgestockt.
PRAXISHINWEIS: In beiden Wegen muss ein Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer die Angaben bestätigen. Laut bayerisches und nordrhein-westfälisches Wirtschaftsministerium ist darüber hinaus davon auszugehen, dass bestimmte Angaben vom Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer direkt an die Bewilligungsstellen digital zu melden sein werden.
Kumulierungsverbot und Corona-Soforthilfe
Natürlich gilt auch für das neue Programm das schon von der Soforthilfe bekannte Kumulierungsverbot. Auf der NRW-Internetseite ist dazu u.a. zu lesen: „Eine Inanspruchnahme der Soforthilfe schließt die zeitgleiche Inanspruchnahme der Überbrückungshilfe nicht aus, jedoch erfolgt bei Überschneidung des Förderzeitraums eine anteilige Anrechnung der Soforthilfe“.
Entscheidend ist an dieser Stelle die Formulierung „Überschneidung des Förderzeitraumes“. Diese leuchtet im ersten Moment nicht direkt ein. Denn die Soforthilfe sollte doch die Monate März bis Mai abdecken und die Überbrückungshilfe jetzt für Juni bis August sozusagen nahtlos anschließen. Wie kann es dann zu einer Überschneidung kommen?
Die Antwort findet sich in den Erläuterungen zum Verwendungsnachweis für die Corona-Soforthilfe – wiederum auf den Internetseiten des Landes NRW: http://go.nwb.de/jz2xi. Denn auf dieser Seite findet sich unter den Erläuterungen unter Punkt 1.3 ein Passus zum Zeitpunkt der Antragstellung und damit zum Förderungszeitraum. Dieser besagt u.a. auch, dass späte Antragsteller der Soforthilfe jetzt bei der Überbrückungshilfe „bestraft“ werden.
Die Rolle des Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers
Nach derzeitigem Erkenntnisstand werden Steuerberater und Wirtschaftsprüfer direkt im digitalen Kontakt mit den Bewilligungsbehörden für den Mandanten eintreten. Damit stellen sich eine Reihe von Fragen und Problemfeldern:
- Haftung: Schon bei der Corona-Soforthilfe wurden Steuerberater natürlich von ihren Mandanten vielfach bei der Antragstellung eingebunden. Der Eindruck aus vielen Gesprächen mit Beraterkollegen ist, dass dabei oft eine erbetene Unterschrift nicht gegeben wurde mit der Begründung der Haftung für die Angaben des Mandanten. Dazu liefert Rechtsanwältin Dr. Barbara Bischof in „PROFILE“ Ausgabe 3 – Juni 2020 (Mitgliederzeitschrift des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe e.V.) eine gute Erklärung – bezogen auf die Corona-Soforthilfe: Sie schildert die möglichen strafrechtlichen Folgen aus Falschangaben für die Unternehmen. Mit Blick auf die Steuerberater schreibt sie: „Ein persönliches Strafbarkeitsrisiko des bereits bei Antragstellung hinzugezogenen Beraters ist da-gegen fernliegend, da sich kein Berater an bewusst unrichtigen Angaben des Mandanten beteiligt hat. Es wurden auch nur in seltenen Fällen Erklärungen als Vertreter des Mandanten abgegeben. Im Regelfall beschränkte sich die Steuerberatung auf allgemeine Hinweise zu den Anträgen und ein wenig Ausfüllhilfe für den Mandanten. Für eine eigene Beihilfestrafbarkeit genügt dieses neutrale, berufstypische Verhalten im Rahmen der berufsrechtlichen Grenzen nicht“.
- Honorar: Mit der zweistufigen Antragsstellung kommt auf die Steuerberater viel Arbeit zu. Spannende Frage, wie diese Arbeit in Rechnung gestellt werden soll. Aus Beratersicht kann es sich dabei nicht nur um eine Serviceleistung im Rahmen der Buchhaltung handeln. Allerdings werden viele Mandanten diese Erwartungshaltung in die Gespräche mitbringen. Dann gilt es, von Beginn an für gemeinsame Klarheit zur sorgen. Honorargestaltungen sind sowohl in Stundensätzen wie in Festhonoraren vorstellbar.
Beratungschancen dieser Förderung
Neben all den angesprochenen Themen oder auch Problemen (?) bietet auch dieses neue Förderprogramm natürlich jede Menge Beratungschancen. Das beginnt damit, dass sich Steuerkanzleien als eben auch betriebswirtschaftliche Berater profilieren. Erste Steuerberater-Pflicht: Offensive Information der Mandanten über das neue Programm – und das vermutlich in Teilschritten: jetzt über die Grundlagen und welche Daten benötigt werden und dann im Detail, wenn die einzelnen Bundesländer ihre Antragswege geöffnet haben.
Vertiefen Sie das Thema in der NWB Datenbank: Unter NWB NAAAH-53194 finden Sie den ausführlichen Beitrag aus „NWB Betriebswirtschaftliche Beratung“ mit zahlreichen weiteren Beratungshinweisen.
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