Bilanzierung einer einheitlichen Rechnung bei Erwerb von Hard- und Software
Denn der Erwerb von Hard- und Software und auch der einzelnen Komponenten erfolgt oftmals nicht getrennt, sondern in einem einheitlichen Vorgang bei IT-Unternehmen, die neben dem Verkauf auch Implementierungs- oder Vermittlungsleistungen erbringen. Über den einheitlichen Vorgang wird dann eine Gesamtrechnung erstellt, die bereits im Rahmen der laufenden Buchhaltung zu erfassen ist, wobei sich umfangreiche – auch systematische – Fragen stellen: Handelt es sich um ein einheitliches Wirtschaftsgut oder um getrennte Wirtschaftsgüter? Ist dieses Wirtschaftsgut selbständig nutzbar? Liegt ein materielles oder immaterielles Wirtschaftsgut vor? Wie erfolgt die Erst- und Folgebewertung des jeweiligen Wirtschaftsguts?
1. IT als immaterielles Wirtschaftsgut
Ist die erworbene IT als immaterielles Wirtschaftsgut einzuordnen, was insbesondere bei Software (Individual- bzw. Spezialsoftware) zutreffend ist, erfolgt deren Bilanzierung im Wesentlichen nach allgemeinen Grundsätzen. Im Falle des Erwerbs besteht eine Aktivierungspflicht sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz (Vollständigkeitsgrundsatz nach § 246 Abs. 1 HGB; § 5 Abs. 1, 2 EStG); im Falle einer Herstellung im Unternehmen – z. B. durch unternehmensinterne Programmierer – besteht für die Handelsbilanz ein Aktivierungswahlrecht (§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB), für die Steuerbilanz ein Aktivierungsverbot (§ 5 Abs. 2 EStG).
Die Zugangsbewertung erfolgt im Falle eines Erwerbs mit den Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 HGB), in die auch etwaige Anschaffungsnebenkosten, insbesondere Kosten zur Erlangung der Betriebsbereitschaft, einzubeziehen sind. Im Falle einer Herstellung im Unternehmen ist auf die Herstellungskosten abzustellen, in die auch Entwicklungskosten, nicht hingegen Forschungskosten, einzubeziehen sind (§ 255 Abs. 2a HGB).
Im Rahmen der Folgebewertung ist eine Abschreibung über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer vorzunehmen (§ 253 Abs. 3 Satz 1 HGB, § 7 Abs. 1 EStG). Für steuerbilanzielle Zwecke kann dabei, aufgrund des BMF-Schreibens vom 22.2.2022, für Betriebs- und Anwendersoftware eine Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden. Immaterielle Wirtschaftsgüter gelten stets als unbeweglich, so dass die Bewertungsverfahren nach § 6 Abs. 2, 2a EStG, mithin Sofortabzug als Betriebsausgabe, GWG-Sofortabschreibung, Poolabschreibung und geometrisch-degressive Abschreibung, auf diese keine Anwendung finden.
2. IT als materielles Wirtschaftsgut
Ist die betreffende IT hingegen als materielles Wirtschaftsgut einzustufen, was insbesondere auf Hardware, aber auch auf bestimmte Software (insbesondere sog. Trivialprogramme) zutrifft, gilt unabhängig davon, ob erworben oder selbsterstellt, handels- und steuerbilanziell dem Vollständigkeitsgrundsatz entsprechend eine Aktivierungspflicht (§ 246 Abs. 1 HGB, § 5 Abs. 1 EStG).
Die Zugangsbewertung richtet sich der Höhe nach, analog den immateriellen Wirtschaftsgütern, nach den allgemeinen Grundsätzen (Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten). Hinsichtlich der Buchungsmethodik, die auch die Folgebewertung determiniert, ist zu differenzieren, ob das betreffende Wirtschaftsgut selbständig nutzbar ist.
- Ohne selbständige Nutzbarkeit ist die Bewertung zwingend nach § 7 Abs. 1 EStG vorzunehmen, so dass eine Abschreibung über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer Diese kann – dem BMF-Schreiben vom 22.2.2022 entsprechend – mit einem Jahr bemessen werden.
- Bei selbständiger Nutzbarkeit ist die Bewertung von der Höhe der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abhängig:
- bis 250 €: in diesem Fall ist der Sofortabzug als Betriebsausgabe zulässig.
- 250 € bis 800 €: in diesem Fall ist eine Sofortabschreibung im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung zulässig.
- > 800 € bis 1.000 €: in diesem Fall ist eine Poolabschreibung nach § 6 Abs. 2a EStG zulässig.
3. Fazit
Die Rechnungen für die Erneuerung der Hard- und Softwareinfrastruktur setzen sich bereits für einen Arbeitsplatz oftmals aus zahlreichen Einzelpositionen zusammen. Bei umfangreicher Neubeschaffung resultieren dabei beachtliche Summen.
Im Rahmen der buchhalterischen Erfassung dieser Geschäftsvorfälle sind teils – bewusst oder unbewusst – pragmatische Lösungsansätze anzutreffen. Steuersystematische Abgrenzungsfragen bleiben oftmals außen vor, da sich diese vordergründig nicht auf die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage auswirken. Eine Nutzungsdauer von einem Jahr und eine GWG-Sofortabschreibung führen nun einmal zu einem vergleichbaren Ergebnis – was soll die Haarspalterei. Auch wird allein aus dem Betrag einer Rechnungsposition auf deren bilanzsteuerrechtliche Klassifikation geschlossen, so dass eine selbständige Nutzbarkeit, gerade bei geringwertigen Peripheriegeräten, selten hinterfragt wird.
Wenngleich die separate Aktivierung einer Tastatur – auch vor dem handelsrechtlichen Wesentlichkeitsgrundsatz – nach Ansicht des Verfassers nicht stets erforderlich ist, auch da es sich bei § 6 Abs. 2 EStG um eine Bewertungsnorm, nicht um eine Ansatznorm handelt, sollte dennoch bereits bei der buchhalterischen Erfassung die Sensibilität für die sachlich korrekte Bilanzierung einzelner Wirtschaftsgüter vorliegen.
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