Haftungsfalle Grundsteuer beim Immobilienerwerb – Persönliche und dingliche Haftung des Erwerbers
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I. Persönliche Haftung (§ 11 GrStG)
Nach § 11 GrStG haftet bei Übereignung eines Grundstücks der Erwerber für eine vom früheren Eigentümer nicht entrichtete Grundsteuer. Die Regelung dient der Sicherung des Steueraufkommens, weil dem staatlichen Gläubiger eine effektive Steuerbeitreibung durch einen zusätzlichen Schuldner gesichert wird. Der Haftende stellt dabei keinen Ersatzschuldner zum Steuerschuldner dar, sondern steht von Gesetzes wegen als Gesamtschuldner neben diesem auf derselben Stufe.
1. Übereignung des Steuergegenstands
Der Gesetzgeber verweist mit dem abstrakten Begriff der Übereignung auf das Zivilrecht (§ 873, §§ 925 ff. BGB). Die Gründe, die zur Übereignung geführt haben, sind ebenso unbeachtlich, wie die Frage, ob die Übereignung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt ist. In erster Linie werden Übereignungen aufgrund eines Kaufvertrags von Bedeutung sein. Betroffen sind aber auch Schenkungen (§ 516 BGB), Vermögensübernahmen (§ 311b BGB) und Erbauseinandersetzungen. Zwar ist die persönliche Haftung des Erwerbers der Höhe nach unbegrenzt, doch haftet er nur für die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres.
Der Gesetzestext lässt offen, ob der zivilrechtliche Eigentumserwerb, also die Eintragung ins Grundbuch (§ 873 Abs. 1 BGB) oder der steuerrechtliche Eigentumserwerb mit Übergang des wirtschaftlichen Eigentums maßgeblich ist. Insbesondere bei Grundstücksverkäufen kommt es regelmäßig vor dem zivilrechtlichen Eigentumserwerb zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Der Zeitpunkt der Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch kann von den Vertragsparteien regelmäßig nicht beeinflusst werden, deshalb vereinbaren die Vertragsparteien einen Zeitpunkt für den Übergang von Nutzen und Lasten, da die wirtschaftlichen Folgen des Grundstückskaufvertrags nicht davon abhängig gemacht werden sollen, dass der Eigentumsübergang im Grundbuch eingetragen wird. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH erfolgt bei Grundstücken mit dem Übergang von Nutzen und Lasten der wirtschaftliche Eigentumsübergang.S. 2823
Würde man auf den zivilrechtlichen Eigentumserwerb abstellen, würde die Haftungsvorschrift des § 11 GrStG ggf. ins Leere laufen, da der wirtschaftliche Eigentumserwerb bei Grundstücken vor bzw. spätestens mit dem zivilrechtlichen Eigentumsübergang erfolgt, aber nie danach.
Ein Grundstück wird veräußert. Nutzen- und Lastenübergang (wirtschaftlicher Eigentumserwerb) ist am . Die Eintragung ins Grundbuch (zivilrechtlicher Eigentumserwerb) erfolgt am .
Das Grundstück wird grundsteuerlich ab dem dem Erwerber zugerechnet, der dann ab dem Jahr 02 Schuldner der Grundsteuer ist. Würde man den zivilrechtlichen Eigentumsübergang als Zeitpunkt der Übereignung bestimmen, würde lediglich eine Haftung für die Grundsteuer der Jahre 02 und 03 bestehen. Steuerrechtlich ist der Erwerber aber bereits ab dem Jahr 02 Steuerschuldner und würde auch für die rückständige Grundsteuer des Jahres 01 haften, wenn mit dem wirtschaftlichen Eigentumsübergang die Haftung begründet würde. Die Haftungsregelung des § 11 Abs. 2 GrStG ginge bei dieser Fallkonstellation damit ins Leere, wenn die Haftung erst mit dem zivilrechtlichen Eigentumsübergang beginnen würde.
Nach dem Urteil des VG Gießen v. - 8 K 2454/10.GI (NJW 2012 S. 3804) soll haftungsbegründend allein die bürgerlich-rechtliche Übereignung des Grundstücks sein, nicht der wirtschaftliche Eigentumsübergang. Das Verwaltungsgericht stützt seine Rechtsauffassung auf das (BStBl 1971 II S. 553). Sachverhalt des BFH-Verfahrens war eine Haftung aufgrund einer Vermögensübertragung nach § 419 BGB (jetzt § 311b BGB). Beim Erwerb von Immobilien würde diese rechtliche Beurteilung – wie am Beispiel gezeigt – dazu führen, dass die Haftung des Erwerbers ggf. ins Leere geht.
2. Keine Haftung bei Erwerben aus einer Insolvenzmasse und im Vollstreckungsverfahren (§ 11 Abs. 2 Satz 2 GrStG)
Die persönliche Haftung des Erwerbers besteht nach § 11 Abs. 2 Satz 2 GrStG ausdrücklich nicht, wenn der Erwerb aus einer Insolvenzmasse oder im Vollstreckungsverfahren erfolgt. Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens kann die Zwangsversteigerung (§§ 15 ff. ZVG) der Immobilie erfolgen, um durch die Verwertung des Grundstücks die Gläubiger zu befriedigen. Es kann aber auch die Zwangsverwaltung (§§ 146 ff. ZVG) angeordnet werden, bei der dem Schuldner die Verwaltung des Grundstücks entzogen und auf einen Zwangsverwalter übertragen wird. Die Gläubiger werden dann aus den Nutzungen des Grundstücks befriedigt. Da mit der Zwangsverwaltung keine Übereignung des Grundstücks verbunden ist, erfüllt sie nicht den Tatbestand des § 11 GrStG. Auch der Erwerb eines nur unter Zwangsverwaltung stehenden Grundstücks führt nicht zum Haftungsausschluss, da kein Erwerb im Vollstreckungsverfahren erfolgt.
Ist zum Zeitpunkt des Erwerbs zwar die Zwangsversteigerung des Grundstücks angeordnet, aber das Grundstück wird dann nicht durch Zuschlagsbeschluss im Zwangsversteigerungsverfahren erworben, sondern durch einen Verkauf außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens, greift der Haftungsausschluss nicht.
Auch wenn für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren nach § 11 Abs. 2 Satz 2 GrStG eine persönliche Haftung des Erwerbers nicht besteht, kann sich die Gemeinde aus der dinglichen Haftung des Grundstücks befriedigen (vgl. unten II).S. 2824
3. Inanspruchnahme des Haftenden
Die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners erfolgt durch den Erlass eines Haftungsbescheids; dabei sind die einschlägigen Vorschriften der AO zu beachten, insbesondere die §§ 191 und 219 AO.
Nach § 191 Abs. 3 AO ist es nicht erforderlich, dass die Erstschuld gegenüber dem Steuerschuldner bereits festgesetzt wurde. Es ist auch nicht erforderlich, dass die Gemeinde vor Erlass des Haftungsbescheids alle in Betracht kommenden Vollstreckungsmöglichkeiten gegenüber dem Steuerschuldner ausgeschöpft hat. Der Steueranspruch muss lediglich bereits entstanden sein und es darf in Bezug auf den Primäranspruch im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheids keine Zahlungs- oder Festsetzungsverjährung eingetreten sein (§ 191 Abs. 5 AO). Die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners steht im Ermessen der Gemeinde („kann“, § 191 Abs. 1 Satz 1 AO). Im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung (§ 5 AO) hat sie zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden soll. Ausreichend ist dabei, dass die Gemeinde zu der Annahme gelangt ist, eine Vollstreckung beim Erstschuldner werde ohne Erfolg sein, weil bei diesem Vermögenslosigkeit eingetreten ist. Bei mehreren Haftungsschuldnern steht es im Auswahlermessen der Gemeinde, ob sie sich nur an einen oder an mehrere halten will, wobei aber das ausgeübte Auswahlermessen zu begründen ist.
Nach § 219 AO darf der Haftungsschuldner nur auf Zahlung in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben ist oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos ist. Eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Erfolglosigkeit von Vollstreckungsversuchen braucht nicht vorzuliegen. Ebenso wenig bedarf es des Nachweises der Aussichtslosigkeit der Vollstreckung, eventuell durch erfolglose Vollstreckungsversuche. Ein Haftungsbescheid wird sinnvollerweise deshalb erst dann erlassen, wenn auch die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners gegeben sind. Liegen die Voraussetzungen des § 219 AO noch nicht vor, wird ggf. trotzdem ein Haftungsbescheid gegen den Erwerber erlassen werden, allerdings ohne Leistungsgebot, wenn der Ablauf der Festsetzungsfrist droht (§ 191 Abs. 3 AO). Bei einem Haftungsbescheid ohne Zahlungsaufforderung beginnt die Zahlungsverjährung mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Haftungsbescheid wirksam geworden ist (§ 229 Abs. 2 AO).
4. Rechtsbehelfe
a) Rechtsbehelfe gegen den Haftungsbescheid
Gegen den erlassenen Haftungsbescheid kann in den Flächenstaaten Widerspruch (§ 40 VwGO) eingelegt werden, während in den Stadtstaaten (Berlin, Hamburg, Bremen) Einspruch (§§ 347 ff. AO) einzulegen ist. Teilweise bestehen landesrechtliche Regelungen (z. B. in Niedersachsen), wonach sofort Klage zu erheben ist. Gegen eine ablehnende außergerichtliche Rechtsbehelfsentscheidung ist in den Flächenstaaten vor dem Verwaltungsgericht zu klagen, während in den Stadtstaaten das Finanzgericht zuständig ist.
Angriffspunkte gegen einen Haftungsbescheid können sein:
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Ist für die Steuer, für die gehaftet werden soll, vor Erlass des Haftungsbescheids Festsetzungs- oder Zahlungsverjährung eingetreten?
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Sofern mehrere Haftungsschuldner bestehen: ist das Ermessen für die Auswahl des oder der Haftungsschuldner begründet worden und ist es ermessensfehlerfrei ausgeübt?
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Ist nachgewiesen, dass die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein wird?S. 2825
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Kann gegen die dem Haftungsbescheid zugrunde liegende Feststellung des Grundsteuerwerts bzw. den Grundsteuermessbescheid (Erstbescheid) mit Aussicht auf Erfolg vorgegangen werden?
b) Rechtsbehelfe gegen die Primärbescheide
Grundsätzlich kann der Haftungsschuldner auch Einwendungen gegen die Erstschuld geltend machen, für die er als Haftender in Anspruch genommen wird, selbst wenn die Steuerfestsetzung des Erstbescheids unanfechtbar geworden ist ( BStBl 1997 II S. 415).
Der Haftungsschuldner hat den Primärbescheid über die Feststellung des Grundsteuerwerts in einem gesonderten Einspruchsverfahren gegenüber dem Finanzamt anzufechten, nicht jedoch im Verfahren gegen den Haftungsbescheid. Die Gemeinde ist nach § 182 Abs. 1 i. V. mit § 184 Abs. 1 AO an die Feststellungen in den Grundlagenbescheiden gebunden, weil diese Bescheide gem. §§ 122, 124 AO auch gegenüber der Gemeinde Bindungswirkung entfalten – selbst wenn diese Grundlagenbescheide für den Kläger noch anfechtbar sind. Dies ergibt sich auch aus § 182 Abs. 1 Satz 1 AO, wonach solche Feststellungsbescheide, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar sind, u. a. für andere Feststellungsbescheide und für Steuerbescheide bindend sind, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind. Die Gemeinde und auch das Verwaltungsgericht sind nicht befugt, die insoweit verbindlichen Festsetzungen zu missachten oder mögliche Einwendungen gegen die Festsetzung des Grundsteuerwerts im laufenden Verfahren zu berücksichtigen (, NJW 1993 S. 2453).
II. Dingliche Haftung des Grundstücks (§ 12 GrStG)
1. Grundsteuerforderung als öffentliche Last
Grundsteuerforderungen sind öffentliche Lasten, die auf dem Grundstück lasten. Eine öffentliche Last ist eine Abgabenverpflichtung, die auf öffentlichem Recht beruht, durch wiederkehrende oder einmalige Geldleistung zu erfüllen ist und nicht nur die persönliche Haftung des Schuldners, sondern auch die dingliche Haftung des Grundstücks voraussetzt. Die Grundsteuer ist die einzige Steuer, die eine solche öffentliche Last begründet. Diese öffentlichen Lasten beruhen zwar auf öffentlichem Recht, sind aber dingliche Verwertungsrechte, da der Eigentümer nach § 77 AO die Zwangsvollstreckung in das Grundstück dulden muss. Entsprechend wird die dingliche Haftung durch Erlass eines Duldungsbescheids (§ 191 Abs. 1 AO) herbeigeführt. Die öffentliche Last wirkt damit wie ein Grundpfandrecht, ohne dass diese öffentliche Last in das Grundbuch eingetragen ist (§ 54 GBO). Wie eine Hypothek ist die öffentliche Last aus § 12 GrStG akzessorisch, weil sie von dem Bestehen einer Abgabenschuld abhängt. Da die öffentliche Last auf dem Grundbesitz ruht, bleibt sie auch bestehen, wenn das Grundstück veräußert wird, sofern die damit zusammenhängende Grundsteuerforderung der Gemeinde fällig und vollstreckbar ist. Nach § 77 AO muss der neue Eigentümer die Vollstreckung in das Grundstück dulden. Die öffentliche Last begründet also neben der persönlichen Haftung des Erwerbers nach § 11 GrStG eine zusätzliche Sachhaftung. Für einen Immobilienerwerber besteht damit das Risiko, dass auf dem erworbenen Grundstück eine solche öffentliche Last ruht, ohne dass dies für ihn aus dem Grundbuch ersichtlich ist.
Aufgrund der öffentlichen Last kann die Gemeinde in das Grundstück vollstrecken, also die Zwangsversteigerung betreiben, eine Zwangshypothek eintragen lassen oder bei vermieteten Grundstücken eine Zwangsverwaltung beantragen. Der Grundstückseigentümer kann durch Zahlung der Steuerschuld die Vollstreckung abwenden. Anspruchsgegner ist derjenige, der im Grundbuch als zivilrechtlicher Eigentümer S. 2826eingetragen ist, nicht der wirtschaftliche Eigentümer. Haftungsobjekt ist das im Grundbuch eingetragene Grundstück.
2. Subsidiarität
Die Inanspruchnahme des dinglich Haftenden ist eine subsidiäre Maßnahme; sie kommt erst in Betracht, wenn erkennbar ist, dass der ursprüngliche Steuerschuldner nach § 10 GrStG oder ein Haftungsschuldner nach § 11 AO zur Erfüllung seiner Schuld nicht willens oder nicht in der Lage ist. Damit dient die Vorschrift der Sicherung des Steueraufkommens. Der Steuerschuldner nach § 10 GrStG und der persönlich Haftende nach § 11 GrStG werden durch das Bestehen der dinglichen Haftung nicht von ihrer persönlichen Haftung befreit. Die persönliche Haftung geht der dinglichen Haftung vor, weil es sich bei § 12 GrStG nur um eine zusätzliche Sachhaftung handelt. Dies ergibt sich auch daraus, dass zur Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheids (vgl. unten II, 4) die vorherige Steuerfestsetzung erforderlich ist, während ein Haftungsbescheid ergehen kann, ohne dass zuvor ein Steuerbescheid gegenüber dem persönlichen Steuerschuldner erlassen worden ist.
3. Haftungsumfang
[i]Die dingliche Haftung ist auf das Grundstück begrenzt, vom zeitlichen Umfang her aber unbegrenzt, d. h. das Grundstück kann für alle aufgelaufenen Grundsteuerschulden, die mit ihm zusammenhängen, in Anspruch genommen werden. Dagegen umfasst die persönliche Haftung nach § 11 GrStG zwar das gesamte Vermögen des Haftungsschuldners, wobei hier die Haftung aber auf zwei Grundsteuerjahre begrenzt ist.
4. Geltendmachung der dinglichen Haftung
Zur Durchführung der Vollstreckung in das Grundstück erlässt die Gemeinde einen Duldungsbescheid (§ 77 Abs. 2 Satz 1 AO i. V. mit § 191 Abs. 1 Satz 1 AO) gegen denjenigen, der die Vollstreckung dulden muss; also den zivilrechtlichen Eigentümer des Grundstücks. Nach der Fiktion des § 77 Abs. 2 Satz 2 AO gilt als Eigentümer, wer als solcher im Grundbuch eingetragen ist. Der Duldungsbescheid darf erst erlassen werden, wenn der zugrunde liegende Steueranspruch festgesetzt (§ 218 Abs. 1 AO), fällig und vollstreckbar ist. Darüber hinaus darf bei Erlass des Duldungsbescheids der Steueranspruch nicht erloschen sein (z. B. durch Erlass oder Verjährung). Schließlich darf die Inanspruchnahme des Grundstücks auch nicht ermessensfehlerhaft sein, weil z. B. noch Haftungsschuldner nach § 11 GrStG oder Einzelgesetzen vorhanden sind.
Die Vollstreckbarkeit von Grundsteuerbescheiden richtet sich nicht nach der AO, sondern nach Landesrecht, weil § 3 Abs. 2 i. V. mit § 1 Abs. 2 AO nicht auf die Vorschriften des Sechsten Teils der AO verweist, in dem die Vollstreckung geregelt ist. Dies begründet sich daraus, dass die Grundsteuer eine Realsteuer ist, die von der Gemeinde festgesetzt und verwaltet wird. Damit können die Gemeinden die Vollstreckung nach den ihnen bekannten landesrechtlichen Vorschriften durchführen. Eine Vollstreckung ist deshalb nur zulässig, wenn diese nach den landesrechtlichen Bestimmungen möglich ist. Häufig darf nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder die Vollstreckung erst dann beginnen, nachdem der Erstschuldner mit einer Zahlungsfrist von einer Woche angemahnt worden ist. Diese Mahnung an den Erstschuldner ist erst nach Ablauf einer Woche nach Fälligkeit der Leistung zulässig. Wird über das Vermögen des Erstschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, bevor er angemahnt wurde, ist die Mahnung unzulässig, weil nach § 89 InsO Zwangsvollstreckungsmaßnahmen für einzelne Insolvenzgläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens unzulässig sind. Hierunter fällt auch die Mahnung, da sie dem Vollstreckungsverfahren zuzurechnen ist, wenngleich sie diesem als Tatbestandsmerkmal für den Beginn der Vollstreckung vorgelagert ist. Sofern S. 2827nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz eine Mahnung nicht entbehrlich ist, ist dann mangels Mahnung an den Erstschuldner die Voraussetzung der Vollstreckbarkeit gegenüber dem Erstschuldner nicht erfüllt. Der Duldungsbescheid gegen den Haftungsschuldner ist dann rechtswidrig ().
Beim Erlass des Duldungsbescheids hat die Gemeinde ihr Auswahlermessen auszuüben, dabei sind alle Möglichkeiten einer Befriedigung der offenen Abgabenforderung zumindest gegeneinander abzuwägen. Soweit keine oder eine fehlerhafte Ermessensausübung vorliegt, ist der Duldungsbescheid rechtswidrig. In die Ermessensausübung ist auch einzubeziehen, ob weitere Haftungsschuldner (z. B. aus den §§ 10, 11 GrStG oder aus Einzelgesetzen) bestehen, die vorrangig in Anspruch zu nehmen wären, bevor in das Grundstück vollstreckt wird.
5. Rechtsbehelfe
a) Mögliche Einwendungen gegen einen Duldungsbescheid
Ansatzpunkte gegen einen Duldungsbescheid können sein:
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Sind die dem Duldungsbescheid zugrunde liegenden Bescheide über die Feststellung des Grundsteuerwerts bzw. des Grundsteuermessbetrags noch nicht bestandskräftig und kann mit Aussicht auf Erfolg dagegen vorgegangen werden?
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Ist für die Steuer, für die gehaftet werden soll, vor Erlass des Duldungsbescheids Zahlungsverjährung eingetreten?
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Sofern auch Haftungsschuldner aus § 11 GrStG oder Einzelgesetzen bestehen: ist das Ermessen für die Auswahl des Grundstücks als Haftungsschuldner begründet worden und ist das ausgeübte Ermessen fehlerfrei?
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Ist nach den landesrechtlichen Vorschriften die Vollstreckung überhaupt möglich?
b) Rechtsbehelfe gegen die zugrunde liegenden Primärbescheide
Der Haftungsschuldner aufgrund eines Duldungsbescheids ist von Einwendungen gegen den bestandskräftigen Erstbescheid ausgeschlossen. Noch nicht bestandskräftige Erstbescheide können von ihm allerdings angefochten werden.
6. Auswirkungen der dinglichen Haftung
Durch die dingliche Haftung ist der Eingang der Grundsteuer auch dann gewährleistet, wenn die Forderung bei dem persönlichen Schuldner uneinbringlich ist und eine persönliche Haftung Dritter nicht greift. Die Vorschrift führt aber auch zur Verwaltungsvereinfachung, weil bei einer Stundung oder Aussetzung der Vollziehung der Grundsteuerschuld die Behörde nicht prüfen muss, ob der Anspruch gefährdet ist. Wären Grundsteuerforderungen nicht durch die öffentliche Last gesichert, müsste die Gemeinde in solchen Fällen die Bestellung von Sicherheiten verlangen.
Regelmäßig versichern die Verkäufer in den Grundstückskaufverträgen, dass keine Grundsteuerschulden bestehen. Für einen Käufer, der beim Erwerb des Grundstücks keine Kenntnis von den bestehenden Grundsteuerschulden hatte, kann es eine erhebliche wirtschaftliche Belastung bedeuten, wenn die Gemeinde in das Grundstück vollstrecken will, insbesondere wenn die Grundsteuer für mehrere Jahre gefordert wird. Der Erwerber kann dann zwar zivilrechtlich gegen den früheren Eigentümer vorgehen, was aber bei diesen Konstellationen mangels Vermögens des früheren Eigentümers häufig nicht von Erfolg gekrönt sein wird.
In der Regel kommt es nicht zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück, da der Eigentümer, um sein Grundstück nicht zu verlieren und um sich die erheblichen Kosten zu ersparen, die die Zwangsvollstreckung mit sich bringt, die Steuerschuld bezahlen wird. S. 2828Insofern ist § 12 GrStG ein starkes Druckmittel der Gemeinde, um ihre Steueransprüche durchzusetzen.
III. Absicherung des Erwerbers
Da die öffentliche Last nicht in das Grundbuch eingetragen wird, sollte sich der Erwerber dadurch absichern, dass er sich vom Verkäufer zusichern lässt, dass keine Grundsteuerrückstände bestehen. Zwar kann der Erwerber zivilrechtlich gegen den Verkäufer vorgehen, wenn die im Kaufvertrag gemachte Zusicherung nicht zutrifft. Hat der Verkäufer, was bei diesen Konstellationen die Regel sein dürfte, mangels Vermögens keine finanziellen Mittel zur Begleichung seiner Schuld, werden die Ansprüche des Käufers dennoch nicht befriedigt werden.
Eine wirksame Absicherung des Erwerbers erscheint nur möglich, wenn er von der Gemeinde darüber informiert wird, ob Grundsteuerrückstände bestehen. Die Gemeinde trifft keine Verpflichtung, den potenziellen Erwerber über die Möglichkeit der Inanspruchnahme nach § 12 GrStG zu unterrichten. Es gibt auch keine Vorschrift des Bundesrechts, die den Steuergläubiger dazu verpflichtet, den dinglich Haftenden ohne dessen Ersuchen über die Sachlage zu unterrichten ( 8 C 25.85, BStBl 1987 II S. 475). Damit ist Grundstückserwerbern zu empfehlen, sich bei der Gemeinde zu erkundigen, ob für das Grundstück Rückstände bei der Grundsteuer bestehen. Aufgrund der Regelungen zum Steuergeheimnis wird der Veräußerer regelmäßig den Erwerber bevollmächtigen müssen, eine solche Auskunft einzuholen.
Besondere Vorsicht ist in Fällen angebracht, in denen der wirtschaftliche Eigentümer, weil er mangels vollständiger Kaufpreiszahlung nie zivilrechtlicher Eigentümer wurde, bei der Veräußerung eines Grundstücks mitwirkt. Weitere Indizien für Rückstände können sein, wenn der Grundstückserwerb im Rahmen einer Zwangsversteigerung oder zur Vermeidung einer solchen erfolgt, eine Zwangsverwaltung besteht oder bestand oder eine Sicherungshypothek eingetragen ist. In solchen Fällen besteht dann der begründete Verdacht, dass auch die Grundsteuer nicht bezahlt wurde.
Fazit
Häufig lassen Käufer bei Grundstückserwerben die persönliche und dingliche Haftung für die Grundsteuer unbeachtet. Erwerbern ist zu empfehlen, sich nicht nur auf die Zusicherungen des Verkäufers zu verlassen, dass Grundsteuerrückstände nicht bestehen. Vielmehr sollte man sich bei der Gemeinde nach ggf. bestehenden Grundsteuerrückständen erkundigen oder vom Verkäufer nachweisen lassen, dass die Grundsteuer bezahlt wurde.
Autor
Fritz Schmidt,
Steuerberater, Dipl.-Volkswirt, ist Geschäftsführer der WTS Wohnungswirtschaftliche Treuhand Stuttgart GmbH.