Steuern sind das pure Leben!

Im NWB Karriereführer berichtet Steuerberaterin LL.M. Raphaela Schmaltz von ihrem Weg in Steuerbranche. Welche Möglichkeiten und Herausforderungen lagen auf ihrem Weg, wie bewertet sie die Zukunft der Branche? Lesen Sie, welche Ideen und Impulse Raphaela setzen möchte.

Steuern sind das pure Leben! – Hinter dieser Aussage stehe ich voll und ganz, beschreibt sie meiner Meinung nach doch die Steuerwelt sehr gut.

Der Weg zum Steuerberater bzw. zur Steuerberaterin kann ein ganz unterschiedlicher sein. Jeder Karriereweg ist anders, und das ist gut so. Dieser Beruf ist schließlich kreativ, abwechslungsreich und zukunftsträchtig! Er entspricht damit so gar nicht dem immer noch weit verbreiteten Klischee des „Erbsenzählers“. Zudem steht über allem das Thema „New Work“. Eine spannende Reise steht dieser Branche bevor, und wir können Teil dessen sein. Im folgenden Beitrag erläutere ich meine persönliche Reise, Impulse und Ideen.

Karriereweg – Mein Weg zur Steuerberaterin

Als ich mit 13 Jahren in ein sogenanntes Freundschaftsbuch schrieb, dass ich Steuerberaterin werden will, lag mein Ziel noch in weiter Ferne. Mittlerweile bin ich 31 Jahre alt und tatsächlich Steuerberaterin.

Meine Reise begann 2012 direkt nach dem Abitur. Nachdem mein Praktikum beim lokalen Finanzamt für mich persönlich nicht zufriedenstellend war, begann ich eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten. Im Finanzamt war mir der Alltag schlicht und einfach zu trocken. Ich wollte in die Welt hinaus, zu den Mandanten. In der Ausbildung eignete ich mir umfangreiches Basiswissen an. Außerdem lernte ich sowohl die Teamarbeit als auch die individuellen Tätigkeiten im Büro kennen. Damit war die Ausbildung mein persönlicher Ausgangspunkt für meinen Weg.

Nachdem ich 2015 meine Ausbildung erfolgreich beendet hatte, begann ich ein duales Bachelor- und anschließend ein Masterstudium neben dem Beruf. Meine Unterrichtseinheiten fanden oftmals am Abend und Wochenende statt, sodass mir wenig Spielraum für freie Zeiten blieb. Dennoch war das für mich die perfekte Ergänzung zu meinem Kanzleialltag. Da mir familiär bedingt klar war, dass dies für mich nicht das Ende der Reise war, legte ich im Jahr 2022/2023 das Steuerberaterexamen ab und darf mich seitdem „Steuerberaterin“ nennen. Bereits seit der Ausbildung arbeite ich im Familienunternehmen in zweiter Generation. Aus unserem Familienleben ist das Thema Steuern nicht mehr wegzudenken. Daher lernte ich bereits früh mit Verantwortung, Organisation und Mandantenkontakt umzugehen.

Auf meinem Weg zur Steuerberaterin habe ich viele unterschiedliche Menschen kennengelernt und muss daher klarstellen, dass mein Weg sicherlich eher ungewöhnlich ist. Auch als Quereinsteiger ist die Steuerberaterprüfung zu schaffen. Oftmals hat man dann sogar einen größeren Weitblick für alles. Daher ist es nicht von Bedeutung, ob man erst zwei oder zehn Jahre im Steuerrecht unterwegs ist, das Examen ist mit Ehrgeiz, Mut und Disziplin zu schaffen. Auch das Alter spielt keine besondere Rolle. Mein Vater hat beispielsweise den Berufsweg deutlich später als ich eingeschlagen. Den Mutigen gehört die Welt!

Steuerberaterin oder Influencerin?

Der Beruf des Steuerberaters bzw. der Steuerberaterin klingt erst einmal nach einem klassischen, langweiligen, zahlenintensiven Berufsbild. Das sind die gängigen Erwartungen unserer Gesellschaft. Und genau das ist das Problem der Steuerbranche. Diese Vorurteile stehen uns leider immer im Weg und sorgen für Glaubenssätze, die schlicht und einfach falsch sind. Jeder, der im Steuerbereich arbeitet, kennt vermutlich genau diese Problematik und jeder, der schon einmal seine Steuererklärung selbst erstellt hat, kennt das Problem genauso. Daher eröffnete ich in der Coronazeit im März 2020 den Instagram-Kanal „steuer_ ela“.

Im Vordergrund steht hier die Welt der Steuern in seiner bunten Vielfalt. Meine Vision ist es, zu zeigen, dass die Steuerwelt innovativ, abwechslungsreich und damit so ganz und gar nicht trocken ist. Steuern sind unser aller Alltag. Die Steuerwelt ist in vielen Alltagssituationen zu finden. Das beginnt schon bei jedem Einkauf im Supermarkt. Wir als Steuerberater und Steuerberaterinnen haben meines Erachtens auch die Aufgabe, das Thema „gesellschaftsfähig“ zu gestalten. Selbstverständlich sind zahlreiche Sachverhalte im Steuerrecht kompliziert, jedoch sind auch zahlreiche Sachverhalte auf ein Grund- bzw. Basisverständnis herunterzubrechen und werden damit für jedermann interessant.

Genau dies versuche ich mittlerweile auch über andere Kanäle, wie LinkedIn und Facebook, darzustellen. Mir liegt vor allem die Aufklärungsarbeit am Herzen; Steuern sind nichts, vor dem man Angst haben sollte. Zudem möchte ich junge Menschen motivieren, einen steuerlichen Berufsweg einzuschlagen und ihre Begeisterung hierfür nach außen zutragen. Allen anderen möchte ich gerne steuerliches Grundwissen vermitteln, was in Schulen & Co leider nur begrenzt beigebracht wird. Meines Erachtens haben wir als Steuerberaterinnen und Steuerberater die Aufgabe der Nachwuchsförderung und Basiswissensbeschaffung. Wenn wir dies nicht als unsere Verantwortung begreifen, kann auch kein Wandel in der Steuerberaterszene stattfinden.

Auf Social Media kann ich insbesondere meine kreative Ader ausleben, die im Alltag manchmal zu kurz kommt. Schon als Abiturfach belegte ich Kunst. Ein kreativer Mensch zu sein, verbinden viele nicht automatisch mit ihrem Bild vom Steuerprofi. Die Social-Media-Plattformen bieten mir daher das nötige Potenzial, den Job der Steuerberaterin in einem anderen Umfeld kreativ auszuüben. Durch die Bearbeitung von Videos, Bildern und Beiträgen steht mir die kreative Welt offen, und ich kann beide Welten miteinander vereinen. In meinen Augen passt Steuerberatung und Kreativität ganz hervorragend zusammen.

Mittelweile trägt das Netzwerk enorme Früchte, denn neben der Aufklärungsarbeit, die für mich nach wie vor im Vordergrund steht, sorgt die Social-Media-Präsenz auch für kollegialen Austausch und Netzwerke. Hier finde ich viele Gleichgesinnte, was einen enormen Wissensaustausch fördert. Zudem gelten die Plattformen als Ideen- und Impulsgeber. Auch ist eine Medienpräsenz für die Neukunden- und Mitarbeitergewinnung mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Gerade unsere erhöhte Anzahl an Bewerbungen für offene Stellen in der Kanzlei ist zweifelsohne auf die Social-Media-Präsenz von „steuer_ ela“ und „schmaltz_steuerberatung“ zurückzuführen.

Die Lüge vom Alltag als Steuerberaterin

Die 13-jährige Ela mit dem Freundschaftsbuch dachte noch, eine Steuerberaterin bzw. ein Steuerberater sitzt den ganzen Tag am Schreibtisch und rechnet. Falsch gedacht! Da wären mir meine mittelmäßigen Mathe-Skills auch in die Quere gekommen. Dies entspricht daher ganz und gar nicht dem Berufsbild. Die jeweilige Mandanten- und Kanzleistruktur bestimmt die Arbeitsweise, sodass diese ganz unterschiedlich sein kann. Ein „Alltag“ existiert nicht. Vielmehr ist es ein Balanceakt zwischen Mandantenterminen, Telefonaten und internen Besprechungen.

Neben den Mandantenterminen bei uns in der Kanzlei finden auch eine Vielzahl von Terminen bei unseren Mandanten vor Ort statt. Diese Präsenztermine sind elementarer Bestandteil einer Steuerberater-Mandanten-Beziehung. Denn beispielsweise auch i. R. der Buchhaltung, des Abschlusses und der Lohnabrechnungen ist die Beschauung von Maschinen, Betriebsgelände und Fuhrpark von steuerlicher Bedeutung. Darüber hinaus ergattert man meist noch ein paar steuerlich relevante Infos, die der Mandant bisher nicht als solche eingeordnet hatte. Erst wenn ich den Mandanten und von ihm erstellte Produkte oder Unternehmen verstehe und gesehen habe, kann eine allumfassende Beratung angeboten werden.

So kann es vorkommen, dass man sich als Steuerberater z. B. auch in Werkstätten oder Bäckereien wiederfindet. Diese Termine ermöglichen unglaublich viele Einblicke in unterschiedliche Berufe und Unternehmen. Das Netzwerk eines Steuerberaters ist daher nicht zu unterschätzen und bietet unglaubliche (persönliche) Entfaltungspotenziale. Neben diesen Tätigkeiten stehen selbstverständlich auch Mitarbeitergewinnung bzw. Einstellung von Personal sowie Digitalisierung auf dem Tagesprogramm. Täglich sind interne wie externe Prozesse zu optimieren, um so einen fehlerfreien, schnellen bzw. digitalen Ablauf zu gewährleisten. Unternehmerisches Handeln und die Berufsausübung als Steuerberaterin ergänzen sich. Eine Vielzahl von Impulsen und Ratgebern hierfür bieten LinkedIn & Co. Dort findet ein informativer Austausch statt, der auch im Alltagsgeschäft für die Kanzlei Früchte trägt.

New Work – Geht das auch in der Steuerberatung?

Diese Frage kann ich für mich ganz klar beantworten: „Die Steuerberatung und New Work“ passen meines Erachtens zusammen wie „Steuer und Erklärung“. Beides zusammen ergänzt sich und stellt, Digitalisierung sei Dank, kein Problem mehr dar. Für mich persönlich bedeutet New Work: flexible Arbeitszeiten, flexibler Arbeitsplatz, Freiheit sowie Kreativität. Selbstverständlich funktioniert das nur mit einem verlässlichen Team und gut ausgebildeten Mitarbeitern. Daher bin ich eine große Befürtworterin von konstanter Fort- und Weiterbildung.

Egal ob eine Vier-Tage- oder Fünf-Tage-Woche, ob 30 oder 40 Wochenstunden, alles ist möglich! Das macht es auch so spannend! Hierbei kann jeder Kanzleiinhaber mit seinen Mitarbeitern zusammen entscheiden, was individuell passt. Die Festlegung von klaren Rahmenbedingungen mit jedem einzelnen Mitarbeiter geben Orientierung. Daher ist es meiner Meinung nach falsch, die eine New-Work-Lösung finden zu wollen. Vielmehr ist diese im Einzelfall das Ergebnis einer Vielzahl von Ideen und eigenen Wertschöpfungen. Über meinen Instagram-Account hatte ich kürzlich die Meinung meiner Community hierzu abgefragt.

Das Spannende bei der Auswertung war: Es gibt keine einheitliche Meinung dazu, sondern individuelle Lebenssituationen und Vorstellungen vom Arbeiten. Im Bereich New Work ist der inspirierende Austausch über Social Media für mich nicht mehr wegzudenken. Gerade im Bereich solcher Themen ist der Austausch auf den Plattformen inspirierend.

Für unsere Kanzlei haben wir zusammen mit allen Mitarbeitern die Wahl zwischen der Vier-Tage- und der Fünf-Tage-Woche geschaffen. Jeder kann dabei individuell zwischen den Modellen wählen und so seine Berufstätigkeit seiner privaten Situation anpassen. Dabei war uns gleichermaßen wichtig, die Arbeitszeit auf max. 38 Stunden pro Woche zu reduzieren, um einer zu hohen Arbeitsbelastung entgegenzuwirken.

Das Thema Digitalisierung ist aus der Steuerbranche nicht mehr wegzudenken. Wer nicht mitzieht, hat keine Chance. Voll digitalisierte Mandanten sind zudem Treiber der flexiblen Arbeitsweise. Ob Homeoffice oder in der Kanzlei, kann jeder Mitarbeiter selbst entscheiden. Daher ist das Homeoffice meines Erachtens einer der größten Pluspunkte im Bereich des New Work. Unsere Kanzlei wurde nicht auf der „grünen Wiese“ im Bereich Digitalisierung gegründet. Vielmehr stellen wir uns den Herausforderungen einer generationsübergreifenden 20-jährigen Familienkanzlei. Hier gilt es, strikte Digitalisierungsschritte einzuhalten. Die Digitalisierung unserer Mandanten ist dabei an der Tagesordnung.

New Work ist damit auch eine generationsübergreifende Herausforderung. Unsere Familienkanzlei, neben mir arbeiten noch zwei meiner Brüder und mein Vater in der Kanzlei, stellt ein gutes Beispiel für diese Veränderung in der Branche dar. Denn die Steuerberaterbranche steht aufgrund zahlreicher, fehlender Nachfolger auf dem Prüfstand. Wichtig ist somit, Ideen einzubringen, ein offenes Ohr für Veränderungen zu haben und Herausforderungen anzunehmen. Wir alle können helfen und das Berufsbild gestalten und verändern. New Work beschreibt daher u. a. die Entwicklung der Steuerbranche und zeigt auf, dass eine der wichtigsten Berufspflichten der Steuerberater die Kollegialität ist. Nur zusammen können wir die Branche verändern. Offene Kommunikation, ob über Social Media oder im echten Leben, Teamarbeit und Kooperationen statt Konkurrenz, das sind für mich die Schlüssel zum Erfolg!


Raphaela Schmaltz ist in einer familiären Kanzlei in Hagen beschäftigt. Nach der Ausbildung zur Steuerfachangestellten und dem erfolgreichen Abschluss des Bachelors im Steuerrecht schloss sie 2022 das duale Masterstudium an der FOM als Master of Laws (LL.M.) ab. 2022/2023 legte sie das Steuerberaterexamen ab und ist nun als Steuerberaterin tätig. Nebenbei führt sie den Instagram-Kanal „steuer_ela“ und ist auf Facebook und LinkedIn vertreten.

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