Schriftliche Steuerberaterprüfung 2024: Änderungen durch das MoPeG – Teil II
Das mit Wirkung vom 1.1.2024 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) hat das Gesellschaftsrecht grundlegend geändert und modernisiert. Durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz wurde die AO mit Wirkung zum 1.1.2024 an die Änderungen durch das MoPeG entsprechend angepasst.
Nachdem wir Ihnen in Teil I dieser Kurzübersicht einen Überblick über verschiedene steuerrechtliche Änderungen und hier u. a. über die allgemeinen Änderungen im Verfahrensrecht gegeben haben, widmen wir uns im Folgenden den umfassenden Anpassungen im Feststellungsverfahren.
Beachten Sie: Da in der schriftlichen StB Prüfung 2024 im Verfahrensrecht voraussichtlich die Rechtslage des Jahres 2024 geprüft werden wird, sind diese Änderungen aufgrund Ihrer Examensrelevanz besonders bedeutsam. |
Allgemeines zum Feststellungsverfahren
Nach dem sog. Transparenzprinzip unterliegen die auf Ebene einer Personenvereinigung erzielten einkommensteuer- oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte nicht auf Ebene der Personenvereinigung der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer, sondern bei ihren Gesellschaftern oder Gemeinschaftern. Diese Einkünfte und die mit diesen in Zusammenhang stehenden andere Besteuerungsgrundlagen werden durch Feststellungsbescheid (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO) gesondert und einheitlich festgestellt.
Inhaltsadressaten des Feststellungsbescheids sind die an den Einkünften bzw. Besteuerungsgrundlagen Beteiligten. Die Vorschriften über die Steuerfestsetzung gelten für das Feststellungsverfahren sinngemäß (§ 181 Abs. 1 Satz1 AO). Für die Feststellungsfrist modifiziert § 181 Abs. 5 AO die allgemeinen Vorschriften der §§ 169 ff. AO. § 351 Abs. 2 AO. § 352 AO und § 353 AO enthalten Besonderheiten für das Einspruchsverfahren, für das i. Ü. die Vorschriften der §§ 347 ff. AO gelten.
Neuerungen im Feststellungsverfahren durch das MoPeG
Die Rechte und Pflichten im Feststellungsverfahren unterlagen bislang grundsätzlich den Gesellschaftern, Gemeinschaftern oder Mitgliedern der Personenvereinigung. Zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens wurden jedoch die Geschäftsführer oder der von den Feststellungsbeteiligten bestellte Empfangsbevollmächtigte in die Verantwortung genommen. Die Personenvereinigung wurde nur im Bereich der Betriebssteuern (insbesondere Umsatz- und Gewerbesteuer) als Besteuerungssubjekt behandelt.
Aufgrund der durch das MoPeG begründeten zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit der am Rechtsverkehr teilnehmenden Personengesellschaften werden nunmehr rechtsfähige Personenvereinigungen im gesonderten und einheitlichen Feststellungsverfahren stärker eingebunden.
§ 181 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO: Erklärungspflicht
Bisher war im gesonderten und einheitlichen Feststellungsverfahren in den Fällen des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gem. § 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AO a. F. jeder Feststellungsbeteiligte erklärungspflichtig, dem ein Anteil an den einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünften zuzurechnen ist. Ergänzend regelte § 181 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO a. F. die Erklärungspflicht auch der in § 34 AO bezeichneten Personen.
Nach neuer Rechtslage obliegt die Erklärungspflicht bei rechtsfähigen Personenvereinigungen im Interesse der Verfahrensvereinfachung vorrangig der Personenvereinigung und nur nachrangig jedem Feststellungsbeteiligten. Im Ergebnis ergibt sich bei der Erklärungspflicht und der daran anknüpfenden Festsetzung von Verspätungszuschlägen (§ 152 AO) im Fall rechtsfähiger Personenvereinigungen eine Gleichbehandlung zwischen den Steuern, die die Personenvereinigung selbst schuldet (z. B. Umsatzsteuer und Gewerbesteuer), und den gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünften sowie damit zusammenhängenden Besteuerungsgrundlagen. Die gesetzlichen Vertreter von rechtsfähigen Personenvereinigungen haben deren steuerliche Pflichten, also auch die Feststellungserklärungspflicht, zu erfüllen.
Bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen i.S. des § 14a Abs. 3 AO n. F. und in sonstigen Feststellungsfällen ergeben sich keine Änderungen zur bisherigen Rechtslage. Der Anwendungsbereich von § 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 AO n. F. wurde infolge der Anpassungen auf nicht rechtsfähige Personenvereinigungen begrenzt.
Die gesetzlichen Neuregelungen zur Deklarationspflicht nach § 181 AO und zum Verspätungszuschlag nach § 152 AO (s. u.) sind gem. Art. 97 § 39 Abs. 1 EGAO erstmals auf Feststellungserklärungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2023 einzureichen sind. Aufgrund der Übergangsregelung des Art. 97 § 39 Abs. 2 EGAO wird eine rechtsfähige Personenvereinigung, deren Feststellungserklärung nach dem 31.12.2023 und vor dem 1.1.2026 entsprechend der alten Rechtslage durch eine Person i. S. des § 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder 4 AO a. F. abgegeben wurde, dennoch von ihrer Erklärungspflicht nach § 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AO befreit.
§ 152 Abs. 4 Satz 3 AO: Verspätungszuschlag
Für das Feststellungsverfahren gelten gem. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß. Erfolgt die Feststellungserklärung nicht oder nicht fristgemäß, kann bzw. muss daher gem. § 152 Abs. 1–3 AO ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. § 152 Abs. 4 Satz 3 AO n. F. wurde hinsichtlich der Erklärungspflicht dahingehend geändert, dass in den Fällen einer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Verspätungszuschlag nun wie folgt festzusetzen ist:
- bei rechtsfähigen Personenvereinigungen vorrangig gegen die Personenvereinigung und
- bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen vorrangig gegen die nach § 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 AO erklärungspflichtigen Personen.
§ 183 und § 183a AO: Empfangsbevollmächtigte
Verwaltungsakte und Mitteilungen, die nach der AO oder den Steuergesetzen mit der einheitlichen Feststellung zusammenhängen, sollen zur Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwands grundsätzlich nicht allen Feststellungsbeteiligten, sondern regelmäßig nur einem Empfangsbevollmächtigten – aber mit Wirkung für und gegen die Feststellungsbeteiligten – bekannt gegeben werden. §§ 183 und 183a AO n. F. lösen § 183 AO a. F. ab und ermöglichen weiterhin Vereinfachungen durch die Bekanntgabe an einen Empfangsbevollmächtigten.
Nach § 183 AO n. F. sind rechtsfähigen Personenvereinigungen Verwaltungsakte nunmehr in Vertretung der Feststellungsbeteiligten bekannt zu geben. Der Bestimmung eines gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bedarf es nicht mehr. Bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen soll gem. § 183a AO n. F. wie bisher ein gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter bestellt werden; ansonsten erfolgt die Aufforderung durch die Finanzverwaltung.
Übergangsweise können Verwaltungsakte bei rechtsfähigen Personenvereinigungen bis zum 1.1.2026 auch noch nach alter Rechtslage bekannt gegeben werden (Art. 97 § 39 Abs. 3 EGAO).
§ 352 AO: Einspruchsbefugnis
In Abhängigkeit von der Rechtsfähigkeit der Personenvereinigung wurde die Einspruchsbefugnis wie folgt neu geregelt:
- Rechtsfähige Personenvereinigungen: Grundsätzlich ist nur die rechtsfähige Personenvereinigung selbst einspruchsbefugt und nicht mehr wie bisher der zur Vertretung berufene Geschäftsführer (§ 352 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AO n. F.). Ausnahmen bestehen, wenn die Personenvereinigung nicht mehr besteht (§ 352 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b AO n. F.) oder soweit nach § 183 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO n. F. eine Einzelbekanntgabe erfolgt ist oder zu erfolgen hätte, weil ein Feststellungsbeteiligter aus der Personenvereinigung ausgeschieden ist oder weil zwischen den Feststellungsbeteiligten ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen (§ 352 Abs. 1 Nr. 3 AO n. F.).
- Nicht rechtsfähige Personenvereinigungen und sonstige Fälle: In diesen Fällen wurde die bisherige Rechtslage grundsätzlich beibehalten. Wie bisher ist damit grundsätzlich allein der Einspruchsbevollmächtigte einspruchsbefugt (§ 352 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO n. F.). Die bisherigen Regelungen des § 352 Abs. 1 Nr. 1–3 AO a. F. finden sich nunmehr für die nicht rechtsfähige Personenvereinigung in § 352 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a–c AO n. F.
Für rechtsfähige und nicht rechtsfähige Personenvereinigungen gleichermaßen gilt § 352 Abs. 1 Nr. 4 und 5 AO n. F.; inhaltlich ändert sich hier jedoch nichts.
Wegen der Übergangsregelung des Art. 97 § 39 Abs. 4 EGAO gilt für Einsprüche gegen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, die vor dem 1.1.2024 wirksam wurden, weiterhin § 352 AO a. F. Das Gleiche gilt, wenn der betreffende Feststellungsbescheid nach dem 31.12.2023 und vor dem 1.1.2026 nach der Ausnahmeregelung dem Empfangsbevollmächtigten gem. § 183 AO a. F. bekannt gegeben worden ist.
AUTOREN
Alexandra Exner,
Dipl.-Finanzwirtin (FH) und Steuerberaterin, ist Mitarbeiterin bei Klomp Exner und Partner in Mönchengladbach.
Tobias Exner,
Dipl.-Kaufmann (FH) und Steuerberater, ist Partner bei Klomp Exner und Partner in Mönchengladbach.
Weitere Themen in der aktuellen Schwerpunkt-Ausgabe von NWB Steuer und Studium:
- Keine Angst vor dem Verfahrensrecht: Sieben Mini-Klausuren zu Prüfungsschwerpunkten der letzten Jahre
- Besonderen Besteuerungsformen in der Umsatzsteuer
- Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG
- Bilanzsteuerrechtliche Behandlung von Grundstücken und Grundstücksteilen
Zusätzlich jederzeit digital für Sie verfügbar: PrüfungsCoach schriftliche StB-Prüfung