Verkauf abgeschriebenen Anlagevermögens als Teil einer Gruppenbewertung
Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .
I. Erfassung von Anlagevermögen in der Buchhaltung
Das Anlagevermögen eines Unternehmens lässt sich für die Abbildung in der Buchführung grundsätzlich in drei Phasen einteilen: Die erste Phase ist geprägt durch die Anschaffung oder Herstellung. In dieser Phase ist sowohl für den Anschaffungsprozess als auch bei der Herstellung ein stetiger Informationsfluss in die Buchhaltung entscheidend. Im Falle einer Anschaffung ist dies wichtig, um die Erfassung sämtlicher Anschaffungsnebenkosten1 zu sichern sowie den Beginn der Betriebsbereitschaft bekannt zu geben, da zu diesem Zeitpunkt auch die Abschreibung beginnt.2 Im Falle der Herstellung kommt ergänzend hinzu, dass ein steter Abgleich des Budgets sowie der Plankosten mit den Istkosten erfolgt, damit eine sachgerechte Zuordnung von direkt zurechenbaren Gemeinkosten gewährleistet ist.3
Die zweite Phase ist i. d. R. geprägt von der planmäßigen und ggf. außerplanmäßigen Abschreibung. In der heutigen IT-Umgebung werden ratierliche AfA-Beträge typischerweise automatisch berechnet und ggf. auch gebucht, selbst wenn der Anstoß dafür manuell erfolgt. In dieser Phase müssen lediglich Sondersachverhalte in die Buchführung kommuniziert werden, die ggf. einen erhöhten Abschreibungsbedarf auslösen.
Beschädigungen, temporäre Außerbetriebnahmen oder ggf. auch Sonderschichtbetriebe, welche für eine erhöhte Abnutzung sorgen.4
In der dritten und letzten Phase ist der Abgang des Anlagevermögens zu erfassen. Dieser kann durch eine Veräußerung, Verschrottung oder Zerstörung gegeben sein.5 In dieser Phase ist die Finanzabteilung regelmäßig ohnehin einbezogen, zumal derartige Vorgänge meist Vertragsprüfungen oder andere Sonderaufgaben beinhalten, die häufig ein Hinzuziehen der Finanzbuchhaltung oder der Steuerabteilung erfordern. Im Folgenden wird auf die erforderlichen Buchungen in der dritten Phase eingegangen.
II. Buchungen beim Abgang von Sachanlagen
Der Abgang des Anlagevermögens erfordert eine besondere buchhalterische Erfassung, da dieser gem. § 284 Abs. 3 HGB im Anlagengitter des Anhangs gesondert auszuweisen ist. Selbst wenn keine Aufstellungsverpflichtung eines Anlagenspiegels besteht, wird dieser oftmals freiwillig erstellt, da die Aussagekraft auch für Zwecke des internen Rechnungswesens entsprechendes Gewicht besitzt.6
Zur korrekten Erfassung der Abschreibungen im Anlagenspiegel ist es notwendig, die zeitanteilige Abschreibung bis zum Abgangszeitpunkt zu erfassen, damit diese noch vollständig in der Buchführung abgebildet werden kann.
Während bei einer Verschrottung und einem Abgang aufgrund einer Zerstörung das Anlagegut aufwandswirksam auszubuchen ist, hat im Falle eines Verkaufs auch die Erfassung des Veräußerungsgewinns oder Veräußerungsverlustes als Differenz zwischen dem Erlös aus dem Verkauf und dem Buchwert zu erfolgen. In der Praxis kann dies auf zwei unterschiedliche Arten erfolgen:7
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Zum einen kann das Sachanlagevermögen direkt ausgebucht und lediglich die Differenz als Ertrag bzw. Aufwand erfasst werden (Netto-Methode).
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Zum anderen kann aber auch eine vollständig aufwandswirksame Ausbuchung des betreffenden Vermögensgegenstands bzw. Wirtschaftsguts auf der einen sowie die Erfassung des kompletten Veräußerungserlöses als Ertrag auf der anderen Seite erfolgen (Brutto-Methode). Im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses werden die beiden Konten dann entsprechend saldiert.
Die Erfassung und Versteuerung eines Veräußerungserlöses hat selbst dann zu erfolgen, wenn die AfA des Wirtschaftsguts zuvor vom Abzug aufgrund der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 EStG ausgeschlossen war. Insoweit gilt keine Symmetriethese. War das Wirtschaftsgut zuvor dem Betriebsvermögen zuzuordnen, ist ein etwaiger Veräußerungserlös auch entsprechend zu versteuern.8
Eine Besonderheit ergibt sich lediglich, wenn der Vermögensgegenstand bzw. das Wirtschaftsgut bereits vollständig abgeschrieben wurde, weil dann üblicherweise lediglich der Erinnerungswert noch auf dem Konto steht, insbesondere wenn dieser eine Gruppe von Vermögensgegenständen betrifft. Im folgenden Beispielsfall soll ein solcher Fall thematisiert werden.
III. Ausgangssachverhalt
Die X-GmbH mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Herne produziert und vertreibt Dichtungen für verschiedene Industriemaschinen und Anwendungen. Vor einigen Jahren wurde ein Wettbewerber übernommen. In der Übernahme war ein Mehrpreis im Vergleich zu den Zeitwerten der übernommenen Vermögensgegenstände abzüglich Schulden enthalten, der als Geschäfts- oder Firmenwert aktiviert wurde und neben dem erworbenen Markennamen und Know-how auch die Rechte einer Internetdomain enthielt, der kein konkreter Wert zugeordnet werden konnte.
Der Betrag ist bereits vollständig abgeschrieben; in der Bilanz steht noch ein Erinnerungswert i. H. von 1 €. Der Markenname und das Know-how werden nach wie vor verwendet. Im Januar 2021 wird die Domain an einen fremden Dritten veräußert, der hierunter eine Internetpräsenz einer anderen Branche aufbauen möchte. Der Kaufpreis beträgt netto 24.000 €.
IV. Erfassung und Verbuchung der Veräußerung
1. Exkurs zur Übertragung von Domains
In Deutschland werden Domains mit der Endung „.de“ zentral von der DENIC eG betrieben und verwaltet. Die Registrierung erfolgt durch einen Provider, bei dem dann auch die Homepage verwaltet wird, unter der die Domain erreichbar ist. Die Übertragung einer Domain hat unabhängig von der zivilrechtlichen Abrede zwischen Veräußerer und Erwerber ebenfalls über die DENIC eG zu erfolgen. Sofern der Erwerber denselben Provider wie der Veräußerer wählt, ist eine gemeinsame Beauftragung des Wechsels von Veräußerer und Erwerber ausreichend. Sofern der Erwerber hingegen einen anderen Provider verwendet, erfolgt die Abwicklung über die Vergabe eines hierfür kreierten Passworts, das vom aktuellen Provider dem Erwerber mitgeteilt wird, der damit dann den Wechsel bei einem neuen Provider veranlassen kann.9
Obgleich der Betrieb und die Verwaltung der Top-Level-Domains über die DENIC eG erfolgt, sind sämtliche Namensrechte oder ähnliche Rechtsbelastungen nicht umfasst. Diese sind unabhängig von der Verwaltung zu prüfen.
2. Ausbuchung der Domain
Im vorliegenden Fall ist die Domain aufgrund des Erwerbs im Rahmen der Unternehmensübernahme nicht als Einzelposten verkörpert, sondern wurde in dem Residualposten Geschäfts- oder Firmenwert erfasst.10 In der Praxis ist eine Zuordnung zu diesem Posten nur dann üblich, sofern der Domain kein eigenständiger Wert zuordenbar ist und diese keinen eigenen Wertbeitrag zum Unternehmen leistet. In diesem Fall stellt die Domain keine eigene Gewinnchance dar, die getrennt von dem erworbenen Unternehmen Verwendung finden könnte. Eine solche Beurteilung mag sich im Zeitablauf ändern, wenn der Domainname eine neue Bedeutung erfährt.
Überdies besteht häufig die Auffassung, dass die Domain keiner planmäßigen Abschreibung zugänglich sei, sondern lediglich außerplanmäßig abgeschrieben werden könne.11 M. E. dürfte eine planmäßige Abschreibung aber dann möglich, wenn nicht sogar geboten sein, sofern die Domain-Adresse untrennbar mit einer Marke verbunden ist und von den Nutzern lediglich aufgrund der Marke aufgerufen wird. In diesem Fall dürfte sich der Wert der Domain eng an dem Lebenszyklus der Marke selbst bewegen und sollte dann auch analog zur Marke in der Buchführung und Bilanz ausgewiesen werden.
Die Subsumtion der Domain unter den Geschäfts- oder Firmenwert dürfte in der Praxis eher eine Ausnahme darstellen und ist im vorliegenden Fall nur aufgrund der mangelnden Wertbeimessung im Erwerbszeitpunkt zulässig. Bei Veräußerung der Domain stellt diese beim Erwerber i. d. R. ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut dar.12
Trotzdem sollte der Erinnerungswert auf dem Konto verbleiben, [13] da die anderen Vermögensgegenstände bzw. Wirtschaftsgüter, die von diesem repräsentiert werden, noch weiterhin im Unternehmen genutzt werden und entsprechend weiterhin auszuweisen sind. Gleichwohl ist der Ertrag als solcher aus dem Abgang von Anlagevermögen zu zeigen. Buchungsvorschlag (SKR 04):
1300
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Sonstige Vermögensgegenstände
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28.560 €
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an
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4900
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Erträge aus dem Abgang von Gegenständen des AV
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24.000 €
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an
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3800
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Umsatzsteuer
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4.560 €
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Die Erfassung der Forderung aus dem Verkauf als sonstiger Vermögensgegenstand erfolgt, da im vorliegenden Fall keine Qualifizierung des Verkaufserlöses als Umsatz erfolgen dürfte. Grund hierfür ist, dass mit der Domain kein Produkt der X-GmbH veräußert wurde.14 Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass Veräußerungserlöse aus dem Anlagevermögen in Ausnahmefällen als Umsatzerlöse zu qualifizieren sein können und infolgedessen eine Forderung auch als solche aus Lieferungen und Leistungen auszuweisen wäre.15 Letztlich ist in jedem Einzelfall anhand des Unternehmensgegenstands gem. Satzung zu entscheiden.
Fazit
Bei der Veräußerung von Anlagevermögen sind verschiedene Besonderheiten bei der buchhalterischen Erfassung zu beachten. Neben der Buchungssystematik ist auf die zutreffende Erfassung der Abschreibung zu achten. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob ein sonstiger betrieblicher Ertrag (Regelfall) oder ein Umsatzerlös (Ausnahmefall) auszuweisen ist. Abschließend ist zu entscheiden, ob ein ggf. bestehender Erinnerungswert verbleibt oder auszubuchen ist.
Autor
Fundstelle(n):
BBK 2021 Seite 180 - 183
NWB YAAAH-70734
1Vgl. Schubert/Gadeck in Grottel et al. (Hrsg.), Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 Rz. 70 ff.
2Zum Abschreibungsbeginn reicht grundsätzlich die Nutzungsmöglichkeit aus, vgl. , BStBl 2012 II S. 407 NWB CAAAE-08097, gleicher Ansicht IDW RS IFA 2: Bewertung von Immobilien des Anlagevermögens in der Handelsbilanz, FN-IDW 7/2015 S. 381, Tz. 22.
3Zur Abgrenzung von Pflichtbestandteilen zu Wahlrechten bei der Zuordnung der Gemeinkosten im Herstellungsprozess vgl. Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 12. Aufl. 2020, § 255 Rz. 126 ff.
4Vgl. Schubert/Andrejewski in Grottel et al. (Hrsg.), Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 253 Rz. 232.
5Vgl. Broemel/Endert, Verbuchung von Ersatzbeschaffungen in Handels- und Steuerbilanz, BBK 13/2013 S. 604 NWB DAAAE-39374.
6Hierzu jüngst Wolf, Unternehmensinterne Auswertung des Jahresabschlusses, BBK 10/2020 S. 476 NWB AAAAH-48156; Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 5. Aufl. 2015, Kap. F Rz. 321.
7Vgl. hierzu auch Falterbaum et al., Buchführung und Bilanz, 23. Aufl. 2020, S. 321 f.
8Vgl. , BStBl 1974 II S. 207 NWB FAAAA-90923.
9Weiterführende Informationen unter www.denic.de.
10Zur Abgrenzung einzeln bewertbarer Wirtschaftsgüter vgl. , BStBl 2010 II S. 609 NWB LAAAD-37695; v. - IV R 43/79, BStBl 1982 II S. 652 NWB TAAAB-02500.
11Vgl. Zwirner/Zieglmair/Heyd, Bilanzierung und Besteuerung digitaler Leistungen, Beilage zu StuB 9/2019 S. 1, S. 10 NWB HAAAH-13110.
12Vgl. , BStBl 2007 II S. 301 NWB WAAAC-37745
13Generell kritisch zur Führung von Erinnerungswerten Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 12. Aufl. 2020, § 284 Rz. 103; a. A. hingegen Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 5. Aufl. 2015, Kap. B Rz. 201, der die Führung von Erinnerungswerten als Ausprägung der GoB auffasst.
14Zur Deckungsgleichheit der Begriffe vgl. Schubert/Berberich in Grottel et al. (Hrsg.), Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 247 Rz. 75.
15Vgl. Richter, DB 2015 S. 385.