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Neue gesetzliche Regelungen zur Umsatzsteuer

Überblick über aktuelle Änderungen, insbesondere durch das Jahressteuergesetz 2024

Das Umsatzsteuergesetz wurde insbesondere mit dem Jahressteuergesetz 2024 in vielerlei Hinsicht geändert. Kernpunkt ist die Neuregelung der Kleinunternehmerbesteuerung ab 2025.

Das Umsatzsteuergesetz wurde mit dem Jahressteuergesetz 2024 in vielerlei Hinsicht geändert. Kernpunkt ist die Neuregelung der Kleinunternehmerbesteuerung ab 2025 aufgrund einer EU-Richtlinie zur Änderung der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL).

Weitere Änderungen betreffen die Absenkung und den Berechnungsmodus der Durchschnittssätze für die Land- und Forstwirtschaft, die erneute Verlängerung der Übergangsfrist für die Besteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie den Vorsteuerabzug für Leistungen eines Unternehmers, der der Ist-Besteuerung unterliegt. Darüber hinaus wurden Vorschriften an die Rechtsprechung des EuGH und des BFH angepasst.

Neufassung der Besteuerung von Kleinunternehmern

Die Neufassung des § 19 UStG beruht auf einer zum 1.1.2025 umzusetzenden EU-Richtlinie zur einheitlichen Besteuerung von Kleinunternehmern im Unionsgebiet mit dem vorwiegenden Ziel, Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt zu vermeiden. Bislang konnten nur im Inland ansässige Unternehmer die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG in Anspruch nehmen. Die Neuregelung ermöglicht es, auch im übrigen Unionsgebiet ansässigen Unternehmern, die Kleinunternehmerregelung in Deutschland anzuwenden.

Damit im Inland ansässige Unternehmer die Steuerbefreiung in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch nehmen können, wurde ein besonderes Meldeverfahren eingeführt. Schließlich wurde im Zuge der Umsetzung der vorgenannten EU-Richtlinie die Vorschrift neu konzipiert.

Inländische Umsätze von inländischen Kleinunternehmern sind nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG künftig umsatzsteuerfrei (mit Vorsteuerausschluss). Bislang galt die Regelung, dass die Steuer nicht erhoben wird. Die Umsatzgrenzen von 22.000 € (Gesamtumsatz des Vorjahres) und 50.000 € (Gesamtumsatz des laufenden Jahres) wurden auf 25.000 € und 100.000 € erhöht. Da sich die Umsatzgrenze auf den Vorjahresumsatz bezieht, ist er auch für den Besteuerungszeitraum 2024 zu beachten.  

Inkrafttreten ab dem 1.1.2025

Praxishinweis:

Es ist zu beachten, dass es sich bei der Umsatzgrenze von 100.000 € im laufenden Kalenderjahr nicht mehr um eine Prognoseentscheidung, sondern um eine feste Umsatzgrenze handelt. Wird diese Grenze im laufenden Jahr überschritten, kann ab diesem Zeitpunkt die Kleinunternehmerregelung nicht mehr in Anspruch genommen werden.

Die Grenze von 25.000 € gilt auch im Jahr der Gründung. Sie ist ebenfalls eine feste Grenze. Eine Umrechnung in einen Gesamtjahresumsatz entfällt. Wird die Grenze von 25.000 € im Erstjahr überschritten, entfällt ab diesem Zeitpunkt die Kleinunternehmerregelung. Dies gilt bereits für den Umsatz, mit dem die Grenze überschritten wird.

Rechnungspflichtangaben und Entstehung des Vorsteueranspruchs in Fällen der Ist-Besteuerung

Der EuGH hat in einer grundlegenden Entscheidung die Auffassung vertreten, dass der Vorsteuerabzug nach Art. 167 MwStSystRL dann nicht zum Zeitpunkt des Empfangs der Leistung entsteht, wenn der leistende Unternehmer der Ist-Besteuerung nach § 20 UStG unterliegt. Der Vorsteuerabzug ist erst zum Zeitpunkt der Bezahlung der Rechnung zulässig. Diese EuGH-Entscheidung wurde durch das BFH-Urteil vom 12.7.2023 bestätigt.

Der Gesetzgeber hat dementsprechend reagiert und in § 14 Abs. 4 UStG und § 15 Abs. 1 UStG folgende Änderungen vorgenommen: Unterliegt der leistende Unternehmer der Ist-Besteuerung nach § 20 UStG, hat er dies nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6a UStG in der Rechnung anzugeben: „Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten“.

Ist diese Angabe in der Rechnung angegeben, besteht das Recht auf Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG erst dann, wenn das Entgelt für die bezogene Leistung entrichtet wurde. Bei Entrichtung nur eines Teilentgelts besteht der Vorsteuerabzug entsprechend des gezahlten Teilbetrags. Inkrafttreten ab dem 1.1.2028.

Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege

Die zehnjährige Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege im Steuer- und Handelsrecht wurde nach § 147 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 1 AO sowie in § 257 Abs. 4 HGB auf acht Jahre verkürzt. In § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG wurde eine entsprechende Regelung für ausgestellte und empfangene Rechnungen aufgenommen. Als Folgeänderung wurde die Bußgeldvorschrift in § 26a Abs. 2 Nr. 2 UStG ebenfalls auf acht Jahre angepasst. Die Neuregelung gilt nach § 27 Abs. 40 UStG für alle Rechnungen, deren Aufbewahrungsfrist am 31.12.2024 noch nicht abgelaufen ist.

Eine Ausnahme gilt für Personen oder Gesellschaften, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegen. Hier gilt § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG für alle Rechnungen, deren Aufbewahrungsfrist am 31.12.2025 noch nicht abgelaufen ist. Die Einschränkung dient dem Zweck, laufende Cum-Ex-Ermittlungsverfahren nicht zu beeinträchtigen oder zu erschweren.

Ab dem 1.1.2025 gelten neue Schwellenwerte für die Abgabe von Umsatzsteuer- Voranmeldungen. Nach § 18 Abs. 2 und 2a UStG wurde der Schwellenwert für die monatliche Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 7.500 € auf 9.000 € erhöht. Wird der Schwellenwert nicht überschritten, besteht grundsätzlich nur noch eine vierteljährliche Abgabepflicht. Die Bagatellgrenze bei der Anwendung der Differenzbesteuerung wurde ab dem 1.1.2025 von 500 € auf 750 € erhöht. Bei Gegenständen, deren Einkaufspreis den Betrag von 750 € nicht übersteigt, kann ab dem Kalenderjahr 2025 die Bemessungsgrundlage nach § 25a Abs. 4 UStG anstatt nach der Einzeldifferenz anhand der Gesamtdifferenz aus allen innerhalb eines Kalenderjahres getätigten Ein- und Verkäufen ermittelt werden.

Einführung der Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.)

Die Bundesregierung hat aufgrund der Ermächtigungsgrundlage in § 139d AO am 30.9.2024 die Verordnung zur Vergabe steuerlicher Wirtschafts-Identifikationsnummern (Wirtschafts-Identifikationsnummerverordnung –WIdV) erlassen. Hiernach erhält jede wirtschaftlich tätige Person – also auch Unternehmer – zur eindeutigen Identifizierung in Besteuerungs- und Verwaltungsverfahren eine W-IdNr. nach §§ 139a und 139c AO, die durch das Bundeszentralamt für Steuern vergeben wird.

Die W-IdNr. dient als einheitliches und dauerhaftes Identifizierungsmerkmal, gilt zugleich als bundeseinheitliche Wirtschaftsnummer nach dem Unternehmensbasisdatenregister und soll für die eindeutige Identifizierung im Wirtschaftsverkehr und für steuerliche Zwecke verwendet werden. Die W-IdNr. entspricht in ihrem Aufbau der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.). Zusätzlich wird die W-IdNr. um ein fünfstelliges Unterscheidungsmerkmal ergänzt.

Die USt-IdNr. ist wie gewohnt für Unternehmen, die innergemeinschaftlich grenzüberschreitend tätig sind, weiterzuverwenden. Für Unternehmer ohne USt-IdNr., die umsatzsteuerlich erfasst oder Kleinunternehmer sind, erfolgt die elektronische Mitteilung der W-IdNr. seit November 2024. Eine Verlautbarung zum Vergabeverfahren hat das BZSt mit Schreiben vom 2.10.2024 bekannt gegeben. Darüber hinaus sind auf der Homepage des BZSt weitere Informationen veröffentlicht worden.

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